
Warum das Steuersystem einfacher werden sollte
Damit sich Arbeit wieder lohnt
- Damit sich Arbeit wieder lohnt
- Zusammenfassung
- Steuern senken, Hürden abbauen
- Wie eine Steuerreform mit Elan aussehen würde
- Was passiert im Maschinenraum des Steuersystems?
- Einen Schritt näher zum Bierdeckel
- » Warum das Steuersystem einfacher werden sollte
- Die kalte Progression, die heimliche Geliebte des Finanzministers
- Die Tarife
- Die Sozialversicherung, der Elefant im Raum
- Wie sich mit dem Steuersystem Wachstum ankurbeln lässt
- Mitarbeiter am Gewinn beteiligen als Standortvorteil
- Handlungsempfehlungen
- Literatur
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Weniger ist mehr. In Österreichs Steuersystem wird allerlei Verhalten gefördert, subventioniert und begünstigt. Das Einkommensteuergesetz 1988 wurde in den vergangenen 30 Jahren mehr als 160 Mal novelliert.
In den meisten Fällen wurde das Gesetz damit nicht vereinfacht, sondern es wurden neue Ausnahmen und Sonderregelungen eingeführt. Gerne heißt es ja: Die Unkenntnis der Steuergesetze befreit nicht von der Pflicht des Steuerzahlens. Die Kenntnis aber häufig. Diesem Leitmotiv folgend ist das österreichische Steuersystem äußerst komplex. Es kennt hunderte Sonderregelungen und Ausnahmen, Frei- und Absetzbeträge. Die Steuerreformkommission hat 2014 errechnet, dass die Ausnahmetatbestände ein Volumen in der Höhe von insgesamt 15 Milliarden Euro ausmachen.
Seit Jahren kritisiert der Rechnungshof[1], dass die Wirkung und das Aufkommen aller Steuerbegünstigungen und Ausnahmen nicht ausreichend untersucht werden, geschweige denn, in der Vergangenheit erfasst wurden. An dieser Feststellung hat sich wenig geändert. Die mehr als 700 Ausnahmen wirken zum Teil gegeneinander oder fördern dasselbe. Doppel- und Mehrfachförderungen sind die Regel, nicht die Ausnahme.
Beispiel Pendlerförderung: Mittlerweile gibt es eine große Anzahl an Fördermaßnahmen für das Pendeln. Neben der Pendlerpauschale, die rund 780 Millionen Euro kostet, gibt es noch den Verkehrsabsetzbetrag, der jedem Arbeitnehmer zugutekommt, mit einem Aufkommen von mehr als 800 Millionen Euro. Dazu kommt noch der 2013 eingeführte Pendlereuro, der sich anhand der zurückgelegten Wegstrecke berechnet und rund 60 Millionen Euro kostet.
Das Jobticket fördert Arbeitgeber, die ihren Arbeitnehmern ein Ticket für den öffentlichen Verkehr an die Arbeitsstätte bezahlen, mit Gesamtkosten von 50 Millionen Euro. Für Geringverdiener gibt es noch den erhöhten Verkehrsabsetzbetrag.
Und daneben haben auch noch die Bundesländer eigene Förderprogramme aufgelegt, die auch noch einmal mehrere hundert Euro pro Pendler ausschütten können.
Summa summarum wird die Fahrt der Arbeitnehmer und Arbeiter zu ihren jeweiligen Arbeitsstätten intensiv finanziell unterstützt. Die Wirkungen dieser Förderungen und das gesamte Aufkommen werden nicht systematisch erfasst. Vorschläge zur Vereinfachung der Förderinstrumente verhallten bis dato ungehört – im Gegenteil: In der jüngeren Vergangenheit wurden noch weitere Förderinstrumente geschaffen. Das Beispiel der Pendlerförderung zeigt, dass die Ausnahmen im österreichischen Steuerrecht zwar mannigfaltig sind, aber nicht zielgerichtet und schon gar nicht aufeinander abgestimmt. Wenn die Regierung es ernst meint, das „Einkommensteuergesetz in den Mistkübel zu werfen“,[2] dann sollte es nach Analyse der Agenda Austria möglich sein, rund zehn der insgesamt 15 Milliarden Euro an Ausnahmen abzuschaffen und in den allgemeinen Tarif zu integrieren. Der größte Brocken wäre freilich das steuerbegünstigte Jahressechstel.
- Autor: Dénes Kucsera, Lukas Sustala
- Themen: Arbeit, Arbeitsmarkt, Steuern
- Datum: 04. April 2019