Beschäftigung

Arbeitsmarkt: Die Sünden der Vergangenheit

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Die Corona-Pandemie hat der Wirtschaft und damit auch dem Arbeitsmarkt in einem historischen Ausmaß zugesetzt. Binnen kürzester Zeit stieg die Zahl der Menschen ohne Arbeit in Österreich auf ein neues Rekordniveau. Dasselbe gilt mittlerweile für die Zahl der Langzeitarbeitslosen. Nie zuvor gab es mehr Menschen in Österreich, die bereits seit mehr als zwölf Monaten auf Jobsuche sind. Alle hoffen auf ein Ende der Pandemie. Aber verschwindet die Langzeitarbeitslosigkeit, sobald das Virus besiegt ist?

Noch zu Beginn des 21. Jahrhunderts zählte Österreich zu den europäischen Musterschülern im Bereich der Arbeitslosigkeit. Aber bereits vor der Pandemie ist Österreich in das Mittelfeld abgerutscht. Besonders problematisch dabei ist der Anstieg der Langzeitarbeitslosigkeit.

Warum ist Langzeitarbeitslosigkeit ein besonderes Problem?

Die Sünden der Vergangenheit werden uns nach der Pandemie einholen. Denn bereits davor stiegen sowohl die Arbeitslosigkeit als auch die Langzeitarbeitslosigkeit deutlich an.

Ist eine Person länger als zwölf Monate auf Arbeitssuche, gilt sie als langzeitarbeitslos.[1] Das große Problem ist: Personen, die lange keinen Job haben, finden schwerer zurück ins Berufsleben.[2] Das liegt zum einen daran, dass die Betroffenen aktuelle Entwicklungen aus dem Arbeitsleben weniger mitbekommen. Zudem gehen mit der Zeit auch Fähigkeiten verloren. Hinzu kommt eine mögliche Stigmatisierung: Die erfolglose Jobsuche wird von Arbeitgeberseite als oft negatives Signal wahrgenommen. Dahinter steht die Vermutung, dass eine lange Arbeitslosigkeit den Defiziten des Bewerbers geschuldet ist. Viele Unternehmen schauen sich Bewerbungen von Langzeitarbeitslosen erst gar nicht an.

Aufgrund der guten konjunkturellen Entwicklung ist es Österreich bisher gelungen, die „coronabedingte Arbeitslosigkeit“ wieder abzubauen. So waren Ende August nur noch rund 7.000 Menschen mehr auf Arbeitssuche als vor dem Ausbruch der Krise. Doch selbst wenn wir wieder auf das Niveau von 2019 zurückkehren sollten, bleibt die Lage auf dem Arbeitsmarkt angespannt. Die Sünden der Vergangenheit werden uns nach der Pandemie einholen. Denn bereits in den Jahren vor Corona war der Trend ein unerfreulicher. Sowohl die Arbeitslosigkeit als auch die Langzeitarbeitslosigkeit stiegen deutlich an.

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Abbildung 1: Zunehmende Probleme am Arbeitsmarkt

Das ist einerseits darauf zurückzuführen, dass die Wirtschaft zwischen 2012 und 2015 kaum wuchs,[3] gleichzeitig aber viele neue Menschen auf den Arbeitsmarkt strömten.[4] Auf der anderen Seite kam es zu einer Verfestigung der Arbeitslosigkeit: Immer mehr Menschen fanden keine Anstellung, obwohl die Anzahl der offenen Stellen zunahm. Zu beobachten ist eine Diskrepanz zwischen Arbeitssuchenden und offenen Stellen: Das bedeutet, dass entweder die Qualifikation von Arbeitssuchenden nicht zu den Anforderungen der offenen Stellen passt oder die räumliche Distanz zwischen Arbeitssuchenden und offenen Stellen nicht überwunden werden kann. Mit anderen Worten: Arbeitskräftesuchende Unternehmen und Arbeitssuchende finden nicht zusammen, Experten sprechen in diesem Zusammenhang von einem „Mismatch“. Ein konkretes Beispiel: Gasthäuser in Westösterreich finden keine Köche, während Köche in Wien keine Arbeit finden (regionaler Mismatch). Unternehmen suchen vergeblich nach hoch qualifizierten Mitarbeitern, während niedrig Qualifizierte vergeblich nach Arbeit suchen (Qualifikations-Mismatch).[5] Mit der schweren Vermittelbarkeit von Arbeitslosen ist die Basis für eine erhöhte Langzeitarbeitslosigkeit gelegt.


Fußnoten

  1. Die Arbeitslosigkeit wird oft beispielsweise für Schulungen oder auch zeitlich begrenzte Beschäftigungen unterbrochen. Je nach Ausmaß der Unterbrechung der Arbeitssuche unterscheidet das Arbeitsmarktservice (AMS) zwischen Langzeitbeschäftigungslosen (Dauer der Unterbrechung der Arbeitssuche bis zu maximal 62 Tage) und Langzeitarbeitslosen (Dauer der Unterbrechung bis zu 28 Tage). Da diese Arbeit die strukturellen Probleme und Lösungsansätze behandelt, wird im Nachfolgenden für die Definition eines Langzeitarbeitslosen die Zahl der langzeitbeschäftigungslosen Arbeitslosen verwendet.
  2. Vgl. Kroft et al. (2013) oder Eppel et al. (2018).
  3. Die Steigerung der gesamten realen Wirtschaftsleistung lag jeweils unter einem Prozent pro Jahr.
  4. Laut Zahlen des Bundesministeriums für Arbeit stieg das Arbeitskräftepotenzial (Erwerbstätige und Arbeitslose) von Nichtösterreichern im Inland zwischen 2010 und 2016 um 50 Prozent: 2010 belief sich die Zahl auf unter 500.000 Personen, während es 2016 schon über 750.000 Personen waren. Gleichzeitig blieb das Arbeitskräftepotenzial von Österreichern im gleichen Zeitraum nahezu konstant und erhöhte sich nur um zwei Prozent.
  5. Eine umfangreiche Vermessung und einen Überblick über die Veränderung der Arbeitslosigkeit bis 2017 liefern Eppel et al. (2018).
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