Österreichs politisches System zeichnet sich durch hohe Kosten, aber wenig Transparenz aus. Das muss sich ändern.
„Die Parteien- und Politikerfinanzierung in Österreich ist von Intransparenz und hohen staatlichen Zuwendungen gekennzeichnet“, schreibt Hubert Sickinger.[1]Der Politologe gilt als der Experte der österreichischen Parteienfinanzierung. Österreichs Parteien erhalten pro Jahr staatliche Zuwendungen von über 230 Millionen Euro. Über eine Legislaturperiode von fünf Jahren hinweg bekommen die Parteien also mehr als eine Milliarde Euro vom Staat, respektive den Steuerzahlern – für Wahlkämpfe, ihre Parteiakademien oder ihre politische Arbeit im Parlament.
Das österreichische Parteiensystem kommt im internationalen Vergleich den Steuerzahlern sehr teuer. Denn in Relation zu den Wahlberechtigten erhalten die Parteien hierzulande oft ein Vielfaches an Förderung.[2]
Neben der hohen öffentlichen Förderung gibt es aber noch die privaten Kanäle über scheinbar gemeinnützige Vereine, deren einziger Zweck das Weiterleiten von Spenden an politische Parteien ist. Das wird auch durch die von SPÖ und FPÖ beschlossene Reform des Parteienfinanzierungsgesetzes vor der Wahl 2019 nicht verhindert.
Denn dafür fehlt es an Transparenz und Sanktionsmöglichkeiten. Das zentrale Problem bleibt, dass Zuwendungen über Spenden nicht gänzlich erfasst werden. Werden nämlich Vereine zwischengeschaltet, dann gibt es kaum Transparenz, auch parteinahe Verbände scheinen dann nicht auf. In einer Stellungnahme kritisiert der Rechnungshof als zentrales Prüforgan der Republik: „Die Regelungen zum Parteiengesetz sind reformbedürftig, weil sie dem Rechnungshof Österreich derzeit nur Aufgaben ohne echte Kontrollbefugnisse zuweisen. Der Rechnungshof Österreich fordert daher echte Prüfrechte für die Finanzen der Parteien.“[3]Man tappt quasi im Dunkeln.
Während der Staat von Bürgern, Steuerzahlern und Unternehmen maximale Transparenz einfordert, gibt er sich selbst bedeckt. Die Transparenzdatenbank ist eine Farce, Amtsträger berufen sich schnell auf das „Amtsgeheimnis“, um ihr Handeln nicht erklären zu müssen, und die Verstöße gegen Transparenzvorgaben werden sanktionslos zur Kenntnis genommen. Obwohl die Transparenzdatenbank Aufschluss über die Effizienz und Höhe öffentlicher Förderungen geben soll, findet der Bürger auf dem Transparenzportal (www.transparenzportal.gv.at) nur wenige Informationen vor. Zumal insbesondere die Gemeinden die Transparenzdatenbank weitgehend boykottieren.[4]Und ob die Mittel zielgerichtet eingesetzt werden, wird auch nicht untersucht. Die Bürger sollen sowieso nicht mit zu viel Einsicht behelligt werden. Dabei ist klar: Höhere Transparenz ist die Grundvoraussetzung dafür, dass der Staat effizienter mit den Mitteln umgeht.[5]Denn nur dann lassen sich die Maßnahmen messen, vergleichen und evaluieren. Es ist keine Überraschung, dass Österreich im viel beachteten Korruptionsindex von Transparency International nicht auf den Top-Plätzen rangiert, sondern im europäischen Mittelfeld.
Ein wesentlicher Teil des österreichischen Politiksystems sind zudem die großen Pflichtvertretungen in Form der Arbeiter- und Wirtschaftskammern. Alleine die beiden größten Kammern haben 2017 zusammen Kammerbeiträge von nicht weniger als 1,5 Milliarden Euro von ihren Mitgliedern erhalten. Im Gegensatz zu Interessenvertretungen anderer Länder äußern und positionieren sie sich auch dezidiert politisch: Sie stellen ihre Forderungen etwa in Einklang mit wahlwerbenden Parteien, mischen somit in Wahlkämpfen mit und schreiben nicht selten Gesetzestexte. Dass von der Arbeiter- und der Wirtschaftskammer oft als „Schattenregierung“ gesprochen wird, kommt also nicht von ungefähr. Mit ihren 7.800 Mitarbeitern kommt ihnen in der österreichischen Realverfassung eine große politische Bedeutung zu, formal und informell. Regierungen haben in der Vergangenheit immer wieder wichtige Entscheidungen an die Sozialpartner ausgelagert. Funktionäre sind oft im Parlament oder in Regierungsfunktionen vertreten. Gesetze werden begutachtet und auch geschrieben.
Die beiden größten Kammern sind zentrale Machtbasen der beiden Parteien ÖVP und SPÖ. In diesen Interessenvertretungen haben die jeweiligen Parteifamilien überproportionales Gewicht. Und umgekehrt sind die Vertreter der Kammern auch oft mit politischer Macht ausgestattet, wie beispielsweise die Regierungsbank zeigt, auf der ihnen in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder ein wichtiger Platz eingeräumt wurde.[6]Doch die Kammern sind auch längst in größerem Umfang als Interessenvertreter aktiv. Aber nur selten geht es transparent dabei zu. So kritisierte der Rechnungshof 2015, dass Kammer- Unternehmen nicht offenlegten, ob sie Geschäfte mit den Parteien machten. Beispielsweise wurde auch über die Fraktionsförderung der Kammern politische Wahlwerbung betrieben. Die rund 230 Millionen Euro Parteienförderung wurden damit 2018 nochmals um 27,4 Millionen Euro aufgebessert, mit Geldern aus den Pflichtbeiträgen. Profitiert haben davon vor allem ÖVP (14,3 Millionen Euro) und SPÖ (6,8 Millionen Euro).[7]
Intransparent ist man auch bei der Verwendung der Zwangsbeiträge der Mitglieder. So sind die Kammern vor allem für die eigenen Funktionäre ein Gewinn, insbesondere die Pensionsregelungen sind im Vergleich großzügig: Aktuelle Rechnungshofberichte zeigen, dass Kammermitarbeiter sich über höhere Pensionen freuen dürfen als Bundesbeamte.[8]
Sanktionen und Offenlegung:
Die bisherige Reform der Parteienfinanzierung ist nicht weitreichend genug.
Die Deckelung der Spendenhöhe ohne gleichzeitige Kontrollmöglichkeit durch den Rechnungshof wird weitgehend wirkungslos bleiben. Eine wirkliche Reform sähe wie folgt aus: Die Parteien müssen ihre Einnahmen ausnahmslos offenlegen. Auch Zuwendungen von Vereinen und Interessenvertretungen müssen allesamt veröffentlicht werden. Dem Rechnungshof obliegt die Prüfaufsicht. Für die Sanktionierung soll ein strafrechtlicher Tatbestand der illegalen Parteienfinanzierung eingeführt werden.
Schluss mit dem Amtsgeheimnis: In Österreich ist es der unangemessene Normalfall, dass Behörden und ihre Amtsträger gerne den Mantel der Verschwiegenheit über ihr Tun stülpen. Das Informationsfreiheitsgesetz ist im EU-Vergleich zahnlos. Ein umfassendes Recht auf Information und Einsicht in die Akten der Verwaltung sollten Usus sein. Doch Österreich leistet sich immer noch die europaweite Einzigartigkeit, dass öffentliche Auf- und Verträge standardmäßig unter Verschluss bleiben.[9]Damit muss Schluss sein: Wenn Steuergeld ausgegeben wird, sollten alle damit in Verbindung stehenden Verträge für die Öffentlichkeit einzusehen sein, ob das Geld nun von der Bundes-, der Landesverwaltung oder einem staatseigenen Betrieb ausgegeben wurde. Verschwiegenheit sollte die Ausnahme und nicht die Regel sein, etwa aus Gründen der öffentlichen Sicherheit.
Föderalismus durchleuchten: Will man mehr Steuerverantwortung und höhere Effizienz im Spiel zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, dann braucht es auch radikale Offenheit. Es muss uneingeschränkte Transparenz und Kontrollmöglichkeiten in den Haushalten der Bundesländer und Gemeinden geben. Alle Ausgaben und Förderungen sollen offengelegt werden. Auch die Verträge, die die öffentliche Hand eingeht, sollen einsehbar sein. Ansonsten bleiben Maßnahmen wie eine Schuldenbremse ineffektiv. Bundesländer sollen zudem mit finanziellen Sanktionen belegt werden, wenn sie ihre Förderungen nicht in die Transparenzdatenbank übertragen. Der Bund soll im Rahmen des Finanzausgleichs Ertragsanteile der Gebietskörperschaften in der Summe zurückhalten, in der das Fördervolumen nicht vollständig in die Transparenzdatenbank eingetragen wurde. Erst wenn die Förderungen offengelegt sind, können sie aufeinander abgestimmt, Mehrfachförderungen verhindert und die Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit überprüft werden. Und auch der Finanzausgleich selbst muss als zentrale Umverteilungsmaschine zwischen Bund und Ländern transparenter werden.[10]
Licht in die Schattenregierung: Die Selbstverwaltung ist in vielen Bereichen zu eng mit der Politik und der staatlichen Verwaltung verwoben. Kammerfunktionäre mischen sich in Gesetzgebung und -werdung ein. Dabei sollten sie sich weniger um die Unterstützung politischer Parteien als um einen kostengünstigen Service für ihre Mitglieder kümmern. Unabhängigkeit ist keine Einbahnstraße: Wollen die Kammern eine Selbstverwaltung ohne politische Einmischung, sollten sie sich auch nicht auf der Regierungsbank oder im Parlament wiederfinden. So wie es auch in anderen Bereichen mittlerweile üblich ist, könnte das über eine „Drehtür“-Regulierung gesteuert werden, die verhindert, dass Interessenvertreter politische Funktionen übernehmen und nahtlos wieder in ihre Interessenvertretungen gehen. Statt einer Pflichtmitgliedschaft braucht es in einem Rechtsstaat eine unbürokratische Möglichkeit des Ausstiegs. Wer die Leistungen der Arbeiter- bzw. Wirtschaftskammer nicht in Anspruch nehmen möchte, sollte auch nicht dafür bezahlen müssen. Allerdings wurde den Kammern das Vertretungsmonopol bereits zugesichert. Im Gegenzug dürfen sich die Pflichtmitglieder aber mehr Transparenz und geringere Beiträge erwarten. Die Kammerumlagen müssten deutlicher als bis dato angekündigt gesenkt werden. Dass sich Pflichtmitglieder der Kammern durch parlamentarische Anfragen arbeiten müssen, um zu erfahren, wofür ihre Beiträge verwendet werden, ist nicht akzeptabel. Wie mit den Beiträgen aus gesetzlichen Pflichtvertretungen umgegangen wird, muss transparent sein, auch wenn es etwa um die Zusatzpensionskosten oder die Marketing- und PR-Aktivitäten geht. Der Rechnungshof sollte umfassend prüfen und die Berichte auch veröffentlichen müssen. Wer Zwangseinnahmen verwaltet und ausgibt, muss genau und zeitnah aufschlüsseln, wofür die Mittel eingesetzt werden.
Fußnoten
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