Das Ende des Sparbuchs
- 23.07.2021
- Lesezeit ca. 3 min
Risiko ist leider Pflicht
Auf der Suche nach Alternativen zum Sparbuch landet man bei Anlageklassen, die eine Sache gemeinsam haben: Man geht ein Risiko ein, das höher ist als null.
Dies wird notwendig, weil der sogenannte „risikolose Zins“, den man für sichere Staatsanleihen oder eben beim Sparbuch erhält, inzwischen unterhalb der Inflationsrate liegt. Eigentlich ist die Welt, in der wir jetzt leben, sogar ehrlicher als jene davor. Geld ganz ohne Risiko zu veranlagen ist nie möglich. Die Rendite ist immer die Belohnung für Risiko. Auch negative Realzinsen hat es schon vor der Finanzkrise phasenweise gegeben. Der „risikolose Zins“ ist eine angenehme Lüge, die wir uns so lange selbst erzählt haben, wie es ging. Aber das ist jetzt vorbei.
Grundsätzlich ist Rendite immer mit Risiko verbunden. Heute mehr denn je. Jetzt müssen Anleger immer mehr Risiko eingehen, um Rendite einzufahren. Das drängt sie zu Veranlagungen in Wertpapiere, Edelmetalle, Rohstoffe, risikoreichere Anleihen und sogar Kunst, Antiquitäten oder Kryptowährungen. Dazu kommen Immobilien, die aufgrund ihrer schlechten Liquidität aber keine direkte Alternative zum Sparbuch darstellen und nicht Gegenstand dieser Arbeit sind.
Sucht man aus Privatanleger-Sicht nach einer Alternative zum Sparbuch, ist auf drei Faktoren zu achten:
- Diversifikation verringert das Risiko. Wer weltweit anlegt, kann kurzfristige Schocks besser verdauen.[1]
- Die Kosten müssen niedrig bleiben. Gebühren sind ein Faktor, den der Anleger selbst steuern kann. Dank Wettbewerb und technischem Fortschritt sinken die Kosten für Kleinanleger seit Jahren.
- Klassische Anlegerfehler sind zu vermeiden. Wer seine Finanzen selbst verwaltet, kann im Extremfall zu seinem eigenen Feind werden und Fehler begehen, die Vermögen kosten.
Der erste Schritt ist eine Einsicht: Das Sparbuch hat als langfristiges Vorsorgevehikel ausgedient, solange die Zinsen nicht über die Inflationsrate steigen. Und auch dann sind andere Anlageklassen, wie etwa Aktien, in der historischen Betrachtung zu bevorzugen, weil sie „produktives“ Kapital darstellen und über einen langen Zeitraum bessere Renditen versprechen.
Aber: Jeder Mensch sollte einen Teil seiner Ersparnisse in möglichst risikoarmen Assets parken. Dazu gehört weiterhin das Sparbuch, außerdem Staatsanleihen von bestbewerteten Schuldnern in Landeswährung – also etwa von Deutschland oder Österreich. Da diese aktuell oft sogar negativ verzinst sind, bleiben viele Anleger für den risikoarmen Teil ihres Portfolios beim Sparbuch oder Tagesgeld (in Deutschland). Das ist nachvollziehbar.
Das Sparbuch wird so auch weiterhin eine Rolle spielen, aber eine kleinere als bisher. Was stirbt, ist nicht das Produkt selbst – sondern der Mythos, dass das Sparbuch als alleiniges Sparvehikel ausreichen kann.
Wie hoch der Anteil des risikoarmen Kapitals am Gesamtvermögen sein sollte, muss jeder Anleger selbst entscheiden. Eine Faustregel aus Amerika lautet: 60 Prozent Aktien, 40 Prozent Anleihen – wobei die Anleihen den „risikolosen“ Teil abdecken Für den 60-Prozent-Teil rücken Aktien in den Mittelpunkt. Für die meisten Anleger heißt es einfach: TINA. „There is no alternative.“
An den Aktienmärkten ist am ehesten eine Strategie zu finden, die das Sparbuch, den Bausparvertrag und die Lebensversicherung langfristig ersetzen kann.
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