Wer braucht schon Freihandel?

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Kritik und Mythen

Seit es die Globalisierung gibt, existieren auch ihre Gegner. Die neueste Hoffnung dieser Protektionisten liegt nun auf dem Coronavirus. Durch die in den Ländern verhängten Lockdowns kam es zum Stillstand der Produktionsstätten und zum Erliegen vieler Produktionsketten. So würde die Globalisierung die wirtschaftlichen Auswirkungen der Krise noch einmal verstärken, behaupten ihre Gegner. Um aus der Krise herauszuwachsen und auf zukünftige Pandemien besser vorbereitet zu sein, müssten daher Lieferketten verkürzt werden und ein Umstieg auf lokalere Produktion erfolgen. Doch was ist dran an diesen und anderen Aussagen?

Machen uns internationale Lieferketten krisenanfälliger?

Österreichs Unternehmen exportieren mehr als 50 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung.

Inklusive Dienstleistungen exportieren Österreichs Unternehmen mehr als 50 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung. Knapp 30 Prozent aller Warenexporte Österreichs gehen nach Deutschland und sogar 35 Prozent aller Importe kommen von unserem großen Nachbarn. Durch die internationalen Verflechtungen spürt Österreich auch Schocks, die in anderen Ländern auftreten und nichts mit der hiesigen Situation zu tun haben. Bricht die Nachfrage aus dem Ausland weg, dann bremst das auch den heimischen Markt merklich ein. Auch als Zulieferer bringt das Ausland Volatilität mit ins Land. Wäre es also besser, die Abhängigkeit vom Ausland zu reduzieren?

Die Antwort ist ein klares Nein. Denn die beste Absicherung gegen Schocks ist die Diversifikation. Eine Verkürzung der Lieferketten oder eine „Glokalisierung“ würde die Anfälligkeit sogar noch erhöhen.[1] Berechnungen für Deutschland ­zeigen, dass die Renationalisierung der Produktion nicht dabei hilft, Volkswirtschaften von den Folgen der Pandemie abzuschirmen, sondern vielmehr zu einem Rückgang des Realeinkommens führt.[2]

Die beste Absicherung gegen Schocks ist die Diversifikation.

Auch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) kommt zum Schluss, dass eine Abschottung die nationalen Wirtschaften weder effizienter noch krisensicherer macht und mit enormen Wohlstandsverlusten verbunden ist.[3] Ein stärkerer Fokus auf lokale Produktion bedeutet eine stärkere Abhängigkeit von weniger – und oft teureren – Vorleistungen. Wenn es bei diesem System irgendwo in der Lieferkette zu einer Unterbrechung kommt, ist es schwieriger und kostspieliger, Ersatzprodukte zu finden, was zu einem größeren Risiko der Versorgungssicherheit führt. Ähnlich wie in der Finanzplanung sollte man nie alles auf eine Karte setzen. Das heißt aber auch, dass man nicht versuchen sollte, lokal zu produzieren.

Schadet die Globalisierung dem Klima?

Es ist klar, dass durch die wachsende Weltwirtschaft, den fortschreitenden Handel und den steigenden Konsum ein immer größerer Bedarf an Energie und Gütern entsteht. Dieser Bedarf kann derzeit auch (noch) nicht durch erhöhte Effizienz in der Ressourcennutzung verhindert werden. Heutzutage wird weltweit der Großteil der Energie durch die Verbrennung von Erdöl und Erdgas gewonnen. In diesem Zusammenhang wurde von Wissenschaftlern eine direkte Korrelation zwischen Globalisierungsgrad, Wirtschaftswachs­tum und CO₂-Ausstoß festgestellt.[4]

Durch die Globalisierung und die internationale Zusammenarbeit gelingt es, neue, saubere und effizientere Technologien in aller Welt einzusetzen, die wiederum CO₂ sparen.

Aber das ist nur die eine Seite der Medaille. Durch die Globalisierung und die internationale Zusammenarbeit gelingt es, neue, saubere und effizientere Technologien in aller Welt einzusetzen, die wiederum CO₂ sparen. Teilweise ist der internationale Handel und damit die kostengünstige Produktion von erneuerbaren Energien sogar Voraussetzung für deren Etablierung.

Die oft von Globalisierungsgegnern geäußerte Behauptung, dass die Handelsliberalisierung aufgrund niedrigerer Standards von multinationalen Unternehmen negative Auswirkungen auf die Umwelt haben könnte, scheint durch die vorhandenen Daten nicht gestützt zu werden. So finden sich Belege dafür, dass Werke internationaler Konzerne im Vergleich zu ihren einheimischen Konkurrenten sowohl effizienter als auch sauberer in Bezug auf den Energieverbrauch sind.[5]

Die Länder, die tief in globale Wertschöpfungsketten eingebunden sind, wirtschaften auch am nachhaltigsten.

Zudem steht ja fest, dass zur Bekämpfung des Klimawandels eine globale Zusammenarbeit notwendig ist, da das Klima nicht an Staatsgrenzen haltmacht. Aus diesem Grund haben sich zahlreiche Nationen in multilateralen Verträgen wie dem Kyoto-Protokoll oder dem Pariser Klimaabkommen dazu verpflichtet, nachhaltiger zu wirtschaften. Ganz essenziell wird es sein, ein Wirtschaftswachstum mit geringerem Ressourceneinsatz zu erreichen. Interessant in diesem Zusammenhang ist auch, dass ein positiver Zusammenhang zwischen der Offenheit der Volkswirtschaft und der Umweltqualität besteht. So wirtschaften speziell jene Länder am nachhaltigsten, die tief in globale Wertschöpfungsketten eingebunden sind. Eine der Ursachen dafür liegt darin, dass nicht nur Waren entlang der Wertschöpfungsketten verschifft werden, sondern auch Technologien. So entsteht insbesondere innerhalb global agierender Konzerne ein Technologietransfer, der zu einer erhöhten Effizienz und auch zu saubereren Produktionsprozessen führt. Eine Rückabwicklung der Globalisierung könnte im Gegenzug den Konkurrenzdruck und damit eine effiziente Ressourcennutzung reduzieren. Länder, die beispielsweise Wirtschaftssanktionen erleiden, emittieren zumeist mehr Abgase bei der Produktion von Gütern, die zuvor importiert wurden.

 


Fußnoten

  1. Caselli et al. (2020).
  2. Flach & Steininger (2020).
  3. OECD (2020).
  4. Badinger et al. (2018).
  5. Eskeland & Harrison (2003).
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