
Warum das gesetzliche Pensionsantrittsalter steigen muss
Warum das gesetzliche Pensionsantrittsalter steigen muss
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- Einleitung
- Zum Pensionsantrittsalter und österreichischen Pensionssystem
- Die demografische Herausforderung
- Ist das österreichische Pensionssystem fit für diese Herausforderungen?
- Möglichkeiten, in Frühpension zu gehen
- Das schwedische Pensionssystem
- Handlungsempfehlungen
- Literatur
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Damit das österreichische Pensionssystem auch in Zukunft finanzierbar bleibt, sollte das gesetzliche Antrittsalter mit der Lebenserwartung Schritt halten.
Überblick
Fangen wir mit den guten Nachrichten an: Der Anteil der Lebenszeit, die im Ruhestand verbracht wird, ist in den letzten Jahrzehnten glücklicherweise kräftig angestiegen. Der Grund dafür ist die Kombination aus der steigenden Lebenserwartung und des sich in Österreich kaum verändernden effektiven Pensionsantrittsalters. Zwar gehen die Österreicher im Schnitt immer noch vor dem gesetzlichen Antrittsalter in Pension, es wird aber oft betont, dass sich das tatsächliche Antrittsalter bereits erhöht habe. Doch hier kommen wir zu den schlechten Nachrichten: Denn die positive Entwicklung stimmt nur im Hinblick auf die letzten Jahre. Eine Analyse über einen längeren Zeitraum hinweg zeigt, dass das tatsächliche Antrittsalter seit 1970 fast unverändert geblieben ist. Inzwischen ist aber die Lebenserwartung bei Pensionsantritt für Männer und Frauen um rund sieben Jahre gestiegen. Internationale Organisationen wie die EU-Kommission empfehlen deshalb eine Erhöhung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters. Diese Empfehlung wurde in Österreich politisch bis dato ignoriert.
Wenn wir um sieben Jahre länger leben, aber noch gleich früh in Pension gehen wie in den 1970er-Jahren, dann hat das spürbare finanzielle Folgen: Es muss immer mehr Geld aus dem Staatshaushalt in das Pensionssystem zugeschossen werden. Im Jahr 2018 mussten neben den allgemeinen Pensionsbeiträgen insgesamt rund 20 Milliarden Euro an Steuermitteln aufgewendet werden, um alle Pensionen (inklusive Beamtenpensionen) auszahlen zu können.
Neben der längeren Bezugsdauer verschärft auch die steigende Anzahl der Pensionisten das Defizit zwischen Ein- und Auszahlungen im österreichischen Pensionssystem.
Handlungsempfehlungen
Das Pensionsantrittsalter sollte ab sofort jedes Jahr um zwei Monate angehoben werden, bis ein Antrittsalter von 67 Jahren erreicht ist. Andere Länder wie die Niederlande gehen noch schneller vor, aber die Steigerung um zwei Monate pro Jahr ist zumindest notwendig, um die erhöhte Belastung durch die Babyboomer-Generation abzufangen. Anschließend sollte sich das gesetzliche Pensionsantrittsalter automatisch an die steigende Lebenserwartung anpassen. Das Frauenpensionsalter sollte rascher von derzeit 60 auf 65 Jahre angehoben werden.
Um die Beschäftigungschancen von Älteren zu erhöhen, sollte das Senioritätsprinzip abgeschwächt werden. In Österreich steigen die monatlichen Einkommen und Gehälter immer noch sehr stark mit dem Alter an. Eine Bezahlung gemäß der Produktivität ist nur fair und erhöht die Jobchancen von Älteren
Um die finanzielle Unabhängigkeit des Pensionssystems zu gewährleisten, bedarf es automatischer Regelungen, die alle Generationen beteiligen. Schweden ist hier ein gutes Vorbild.
Die zweite und dritte Säule der Alterssicherung (betriebliche und private Pensionsvorsorge) müssen ausgebaut werden. Durch einen Mix aus Umlage- und Kapitaldeckungssystem erfolgt eine Risikodifferenzierung.
Pensionsprivilegien müssen rascher abgeschafft und das System muss vereinheitlicht werden. Aus jedem eingezahlten Euro soll auch der gleiche Pensionsanspruch entstehen.
- Autor: Dénes Kucsera, Wolfgang Nagl
- Themen: Alterssicherung, Frühpension, Pensionen, Pensionsantrittsalter, Pensionsloch, Pensionsvorsorge
- Datum: 02. April 2019