Handlungsempfehlungen
- 02.04.2019
- Lesezeit ca. 3 min
- Die Europäische Kommission kritisiert immer wieder die mangelnde Umsetzung ihrer länderspezifischen Empfehlungen im Pensionsbereich. Tatsächlich wur- den seit Jahrzehnten keine Fortschritte in Österreich erzielt, das gesetzliche Antrittsalter der Alterspension an die steigende Lebenserwartung zu koppeln. Um den EU-Empfehlungen Rechnung zu tragen, sollte das Pensionsantrittsalter ab sofort jedes Jahr zumindest um zwei Monate angehoben werden, bis ein Antrittsalter von 67 Jahren erreicht ist. Ambitionierter wäre es, eine Reform wie in den Niederlanden umzusetzen. Dort steigt aktuell das gesetzliche Pensionsantrittsalter um vier Monate pro Jahr bis auf 67 Jahre im Jahr 2021 und wird dann an die Lebenserwartung gekoppelt.
- Eine Übergangsperiode mit stetig steigendem Antrittsalter ist notwendig, um die erhöhte Belastung durch die Babyboomer-Generation abzufangen.[1] Anschließend sollte sich das gesetzliche Pensionsantrittsalter automatisch an die zunehmende Lebenserwartung anpassen. Idealerweise sollte dies dynamisch und ohne weiteren Eingriff der Politik erfolgen. Das System sollte so ausgestaltet sein, dass die in der Pension verbrachte Zeit weiter steigt, aber das Verhältnis zwischen Arbeitszeit und Pension gleich bleibt.
- Das Frauenpensionsalter sollte rascher von derzeit 60 auf 65 Jahre angehoben werden. Momentan geschieht dies nach einem Beschluss im Jahr 1992 erst ab dem Jahr 2024. Auch dann beginnt erst eine sukzessive Erhöhung bis zum Jahr 2033.
- Um die Beschäftigungschancen von Älteren zu erhöhen, sollte das Senioritätsprinzip abgeschwächt werden. In Österreich steigen die monatlichen Einkommen und Gehälter immer noch stark mit dem Alter an. Eine Bezahlung gemäß der Produktivität ist fairer und erhöht die Jobchancen von Älteren. Über das gesamte Erwerbsleben muss deshalb aber nicht weniger verdient werden.
- Um die finanzielle Unabhängigkeit des Pensionssystems zu gewährleisten, bedarf es automatischer Regelungen, die alle Generationen beteiligen. Schweden mit seinem traditionell gut ausgebauten Sozialstaat macht dies vor. Tritt eine finanzielle Schieflage ein, reguliert sich das System selbst. Das schwedische System gibt den Menschen die Freiheit, den Pensionsantritt relativ frei zu wählen, wobei die Pensionshöhe dann entsprechend höher oder niedriger ausfällt, je nachdem, wann der Übergang in die Pension erfolgt und wie hoch die durchschnittliche Lebenserwartung des jeweiligen Geburtenjahrgangs ist.
- Die zweite und dritte Säule der Alterssicherung (betriebliche und private Pensionsvorsorge) müssen reformiert und ausgebaut werden. Ein Mix aus Umlage- und Kapitaldeckungssystem reduziert das Systemrisiko und eröffnet auch gewisse Renditechancen, wie insbesondere die skandinavischen Modelle zeigen. Eine gewisse Kapitaldeckung nimmt die Pensionsversicherung auch aus der politischen Diskussion, weil es sich nicht um Forderungen gegen ein Pensionssystem, sondern um wirkliches Vermögen handelt.
- Innerhalb der Pensionsversicherung sollte keine Umverteilung erfolgen. Eine Umverteilung bedeutet, dass Personen Leistungen erhalten, die an keine eingezahlten Beiträge gekoppelt sind. Die Abschaffung der Regelung, dass die Pension ausschließlich an den besten 15 Jahren bemessen wurde, hat dazu beigetragen. Die Sicherung im Alter für Menschen mit zu wenigen Beitragsjahren oder zu wenig Guthaben auf dem Pensionskonto soll durch explizite Transfers außerhalb der Versicherung stattfinden.
- Pensionsprivilegien müssen abgeschafft und das System vereinheitlicht werden. Aus jedem eingezahlten Euro soll auch der gleiche Pensionsanspruch entstehen.
Mehr interessante Themen
Sozialer Wohnbau: Das Vermögen der (gar nicht so) kleinen Leute
Auch wenn es niemand glauben mag: Wohnen in Österreich ist vergleichsweise günstig. Die Wohnkostenbelastung der Haushalte beträgt im Schnitt rund 19 Prozent des verfügbaren Einkommens. Damit liegen wir im EU-Vergleich im Mittelfeld. Mieterhaushalte zahlen natürlich mehr als Eigentümer, aber mehr als drei Viertel von ihnen profitieren hierzula
Bildungskarenz: Ich bin dann mal weg!
Die Bildungskarenz war eine gute Idee, erfüllt aber nicht die von der Politik gesetzten Ziele – und wird immer teurer. An einer grundlegenden Reform führt kein Weg vorbei.
Die Schuldenbombe tickt: Wird Österreich das neue Italien?
Mehr als ein Jahrzehnt lang konnten sich Staaten kostenlos verschulden, die Zinsen lagen praktisch bei null. Damit sollten den Staaten Zeit erkauft werden, sich nach der Finanzkrise zu modernisieren. Statt diese Zeit aber für Reformen zu nutzen, wurde das vermeintliche Gratisgeld mit beiden Händen ausgegeben. Österreich muss seinen Ausgabenrausc
Was die Preise in Österreich so aufbläht
Die Inflation in Österreich hält sich hartnäckig. Fast acht Prozent waren es im Jahr 2023. Für das Jahr 2024 werden vier Prozent vorhergesagt. Während viele andere Länder schon aufatmen können, ist die Inflationskrise für uns also noch nicht vorbei. Warum tut sich gerade Österreich so schwer? Wir prüfen drei Thesen.
Balken, Torten, Kurven Zweitausenddreiundzwanzig
Die Zeit der Lockdowns und Ausgangssperren war vorbei, die Wirtschaft zeigte sich nach den verheerenden Corona-Jahren in bester Laune, nur die hohe Teuerung hat uns die gute Stimmung verdorben (vom Finanzminister einmal abgesehen – der freute sich).
E-Government: „Hobn’S kan Ausweis?“
Die öffentliche Verwaltung soll digitalisiert werden. Das verspricht die Politik seit Jahren. Diverse Angebote gibt es bereits, doch der große Durchbruch wollte bisher nicht gelingen. Das liegt nicht nur an der Regierung. Auch die Bürger müssten, im eigenen Interesse, etwas mehr Bereitschaft zur Veränderung aufbringen.