Steuern sind die wichtigste Einnahmequelle unseres Staates. Ohne die Steuerzahlungen der Bürger können wir die Leistungen, die wir von unserem Gemeinwesen erwarten, nicht finanzieren. Steuern sind aber auch ein politisches Instrument, mit dem Anreize für noch mehr Wohlstand und noch bessere Bedingungen im Land gesetzt werden könnten. Ein gutes und modernes Steuersystem sollte deshalb mehr leisten als eine bloße Umverteilung von oben nach unten.
Wie in dieser Arbeit dargestellt, war die Änderung der Tarifstufen durch die Steuerreform 2016 sinnvoll. Das wirkt sich grundsätzlich positiv auf die Bereitschaft aus, überhaupt (wieder) erwerbstätig zu sein. Jeder zusätzlich verdiente Euro wird nun geringer belastet als früher – allerdings fast ausschließlich für steuerpflichtige Jahreseinkommen von mehr als 17.500 Euro brutto. Das bedeutet: Lediglich diejenigen, die bereits in größerem Umfang erwerbstätig sind, werden eher geneigt sein, zusätzliche Arbeit aufzunehmen, weil es sich für sie lohnt.
Die umstrittene Erhöhung der Negativsteuer motiviert Erwerbstätige nicht dazu, mehr Stunden zu arbeiten. Sie fördert im Gegenteil höchstens Teilzeitarbeit – und die nutzt der Staatskasse nur wenig: 26,2 Prozent der Steuerpflichtigen in Österreich bezahlen – größtenteils teilzeitbedingt – keine Lohnsteuer. Dieser Anteil sollte nicht noch weiter steigen, wenn unser umfangreiches Sozialsystem finanzierbar sein soll.
Die Gründe für die Aufnahme einer geringfügigen Beschäftigung oder einer Teilzeitarbeit sind vielfältig. Auch fehlende oder unzureichende Kinderbetreuungsmöglichkeiten spielen hierzulande eine wichtige Rolle für die Entscheidung gegen einen Vollzeitarbeitsplatz. Hier besteht also ebenfalls Handlungsbedarf, was die Bedeutung der steuerlichen Aspekte
jedoch nicht schmälert.
Die Anhebung der Negativsteuer von 110 auf 400 Euro wird unseren Berechnungen zufolge etwa 370 Millionen Euro kosten – viel Geld für eine Maßnahme, deren positive Effekte umstritten sind. Weil die Negativsteuer über die Arbeitnehmerveranlagung erst im Nachhinein beantragt werden kann, verzichten viele darauf. Zur Verbesserung der monatlichen Finanzsituation taugt sie kaum, weil sie nur einmal jährlich ausbezahlt wird. Das wird sich 2017 zwar ändern, trotzdem fördert die Negativsteuer damit genau jene Beschäftigungsverhältnisse, von denen es eher weniger als mehr geben sollte: nämlich vor allem Teilzeitbeschäftigte, Praktikanten und geringfügig Beschäftigte. Der Anreiz, mehr zu arbeiten, ist durch die Erhöhung der Negativsteuer de facto unverändert geblieben. Und Vollzeitbeschäftigten mit niedrigem, aber gerade eben steuerpflichtigen Einkommen hilft sie auch nicht.
Die Agenda Austria empfiehlt daher erneut, die hohen Sozialversicherungsbeiträge in Österreich abzusenken. Jeder Steuerpflichtige würde unmittelbar davon profitieren. Eine Reduktion, zum Beispiel für alle Einkommen unter 50.000 Euro brutto, um nur einen Prozentpunkt wäre sinnvoll.
Diese Minderung sollte am besten gleichmäßig über alle Sozialversicherungsträger erfolgen. Die Sozialversicherungen würden dadurch um (maximal) knapp 800 Millionen Euro weniger einnehmen, durch die Abschaffung der Negativsteuer würde sich der Staat aber knapp 370 Millionen Euro ersparen. Es bleiben also etwas mehr als 400 Millionen Euro an Finanzierungsbedarf. Das muss aber nicht bedeuten, dass die Leistungen gekürzt werden: Eine Reform der Sozialversicherungsträger ist überfällig. Die Zusammenlegung der derzeit 22 Sozialversicherungsträger auf einige wenige könnte mittel- bis langfristig Einsparungspotenziale von rund einer Milliarde jährlich bringen.
Niedrigere Einkommen könnten so weiter entlastet werden. Mehr Arbeit würde sich noch stärker lohnen. Die staatliche Subventionierung der Teilzeit wäre vorbei. Und auch die Motivation, mehr zu arbeiten, würde deutlich wachsen. Denn selbst bei einem niedrig bezahlten Vollzeitjob bliebe dank geringerer Abzüge mehr Netto zum Leben – und das monatlich.
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