
Welche Auswirkungen hätte konkret die von der SPÖ angedachte Wertschöpfungsabgabe?
Die Wertschöpfungsabgabe
- Highlights
- Worum geht es in der Debatte?
- Was ist der Unterschied zwischen einer Wertschöpfungsabgabe und einer Maschinensteuer?
- Wie sieht der Vorschlag der SPÖ im Detail aus?
- Die Methodik
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- Welche Modelle für eine solche Abgabe gibt es in anderen Ländern?
- Literatur
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Der für Unternehmen entscheidende neue Aspekt einer solchen Abgabe ist, dass damit auch Investitionskapital besteuert wird. Ergo sind kapitalintensive Branchen stärker betroffen.
Die Wertschöpfungsabgabe würde das Beschäftigungsniveau auf mehrfache Art und Weise beeinflussen:
- Das geänderte Kostenverhältnis zwischen Arbeit und Kapital (Arbeit billiger, Kapital teurer), könnte die Beschäftigung erhöhen.
- Gehen aufgrund des teureren Kapitals die Investitionen zurück, sinkt längerfristig auch die Beschäftigung. Denn geringere Investitionen können nicht eins zu eins durch mehr Arbeitskräfte ersetzt werden.
- Wenn eine Firma Waren bei einer anderen kauft, die nun aufgrund der Wertschöpfungsabgabe höhere Preise verlangt, könnte diese Firma die Waren z.B. im Ausland kaufen (Wirkung auf die relativen Produktpreise). Das könnte die Gesamtnachfrage dämpfen und Arbeitsplätze kosten.
- Gleichzeitig könnten Waren einer Firma, die durch die Wertschöpfungsabgabe entlastet wird, günstiger werden. Dann würde die Nachfrage nach diesen Waren steigen und die Beschäftigung könnte wachsen.
Der Gesamteffekt bleibt theoretisch ambivalent. Auch empirische Studien (aus den 1980er- Jahren, als das Thema sehr aktuell war) geben kein eindeutiges Bild ab. So wurden positive Beschäftigungseffekte für Frankreich, keine bzw. negative Effekte für die Niederlande und Deutschland gefunden (vgl. die Studien von Ripert, 1977, Maurice und Villa 1980, Stroeken 1983, van Löffelholz 1983, Elixmann et al. 1985).
Wir haben nun ausgerechnet, welche Branchen in den Sektoren Dienstleistung bzw. Industrie nach dem SPÖ-Modell mehr bzw. weniger Steuer zahlen würden. Die Berechnung basiert auf den besten bzw. aktuellsten Daten, die öffentlich verfügbar sind, und zeigt die Größenordnungen an, in denen sich eine solche Wertschöpfungsabgabe auswirken bzw. auf wen sie sich besonders auswirken würde.
Bei der Berechnung der hier vorgestellten Zahlen sind wir folgendermaßen vorgegangen: Auf Basis der Statistik Austria-Daten der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (aggregierte Unternehmensdaten 2013) wurden für die einzelnen Branchen nach einer international üblichen Klassifikation (NACE) folgende Parameter berechnet, die für unsere Kalkulation notwendig sind:
- die Lohnsumme der jeweiligen Branche (=Bruttolöhne plus Bruttogehälter);
- der Beitrag zum Familienlastenausgleichsfonds (FLAF; Lohnsumme mal 4,5%);
- die Bemessungsgrundlage für die Wertschöpfungsabgabe (Umsatz minus Aufwendungen plus Lohnsumme);
- die Wertschöpfungsabgabe errechnet sich schlussendlich als 3%-ige Steuer auf die Bemessungsgrundlage.
Die in den Abbildungen angegebenen Prozentzahlen ergeben sich als Veränderung zwischen den Aufwendungen für den FLAF, die infolge der Wertschöpfungsabgabe wegfallen sollen, und der Einführung der Wertschöpfungsabgabe: Zahlt ein Unternehmen nach Einführung der Wertschöpfungsabgabe mehr oder weniger als es jetzt für den FLAF ausgeben muss? Werte über Null bedeuten, dass die Belastung infolge einer Einführung der Wertschöpfungsabgabe für die jeweilige Branche steigen würde; Werte unter Null bedeuten eine geringere Belastung.
Laut Abbildung 2 wären klare ”Verlierer” aufgrund einer deutlich höheren Belastung die Freiberufler (Anwälte, Unternehmensberatung…), die Immobilienbranche (Grundstücks- und Wohnungswesen) sowie die Banken und Versicherungen (Finanzdienstleister). Dies zeigt, dass die Wertschöpfungsabgabe weniger mit Maschinen zu tun hat, als das in der kollektiven Vorstellung der Fall ist.
Dienstleistungsbranchen nach NACE-Klassifikation: Effekte durch die Einführung einer Wertschöpfungsabgabe (positive Werte = höhere Belastung, negative Werte = Entlastung)

Abbildung 2. Quelle: Eigene Berechnungen.
Es ist klar ersichtlich, dass die Auswirkungen der Wertschöpfungsabgabe nichts mit dem Ausmaß an Automatisierung bzw. nichts mit Maschinen zu tun haben: Führung von Unternehmen (v.a. Unternehmensberatung), Tierärzte, Dolmetscher, Anwälte müssten ein Vielfaches der jetzigen Belastung tragen.
Abbildung 3 zeigt, dass in fast allen Dienstleistungsbranchen (ausgenommen die Freiberufler) es die Kleinunternehmen mit maximal neun Beschäftigten sind, die am stärksten belastet werden. Kleine Immobilienfirmen oder kleine Versicherungsunternehmen würden mehr als doppelt so viel bezahlen müssen als jetzt ihr FLAF-Beitrag ausmacht.
Dienstleistungsbranchen nach Betriebsgröße: Effekte durch die Einführung einer Wertschöpfungsabgabe (positive Werte = höhere Belastung, negative Werte = Entlastung)

Abbildung 3. Quelle: Eigene Berechnungen.
*Anmerkung: Keine öffentlichen Daten vorhanden.
In der Industrie würden vor allem der Bergbau und die Energieversorger deutlich mehr zahlen müssen als bisher (Abbildung 4), während die Hersteller von Waren sowie der Bausektor sogar etwas entlastet würden. Produktionsbetriebe, an die im Zusammenhang mit der Maschinensteuer am meisten gedacht wird, würden also sogar entlastet!
Industriebranchen nach NACE-Klassifikation: Effekte durch die Einführung einer Wertschöpfungsabgabe (positive Werte = höhere Belastung, negative Werte = Entlastung)

Abbildung 4. Quelle: Eigene Berechnungen.
Abbildung 5 zeigt, dass kleine Energieversorger (z.B. Vertriebsfirmen) bzw. große Bergbauunternehmen im SPÖ-Modell die größten Verlierer sind. Gewinner wären viele Bau- und Produktionsunternehmen.
Industriebranchen nach Betriebsgröße: Effekte durch die Einführung einer Wertschöpfungsabgabe (positive Werte = höhere Belastung, negative Werte = Entlastung)

Abbildung 5. Quelle: Eigene Berechnungen.
*Anmerkung: Effekt bei 10 bis 19 Mitarbeitern beträgt 1,16 Prozent, bei 20 bis 49 Mitarbeitern 1,33 Prozent.
Fazit: Eine Wertschöpfungsabgabe nach dem SPÖ-Modell hätte mit einer ”Maschinensteuer” kaum etwas zu tun. Denn sie würde den Dienstleistungssektor, vor allem Freiberufler, stärker belasten als die Industrie.
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- Autor: Monika Köppl-Turyna
- Datum: 11. November 2016