Die Mietpreisbremse

Wohnungsmarktpolitik, frisch aus dem Museum

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Handlungsempfehlungen, damit Wohnen nicht zum Luxus wird

Österreich hat einen starken Sozialstaat, der dafür Sorge tragen muss, dass auch bedürftige Menschen in Österreich zu Wohnraum kommen. In Zeiten wie diesen ist der Sozialstaat besonders gefordert. Wie schon bei den Corona- oder Antiteuerungshilfen geht es um die richtige Dosis und die Treffsicherheit. Die Eingriffe sollen sehr schnell helfen, langfristig aber möglichst wenig schaden. Eine Mietpreisbremse wäre dabei der falsche Weg. Sie ist nicht treffsicher und würde gleichzeitig die Wohnungsmarktsituation in der Zukunft deutlich verschlechtern. Stattdessen gibt es viel sinnvollere Maßnahmen.

  • Zielgerichtet unterstützen: Es existiert bereits eine Reihe von Hilfsmaßnahmen im Wohnbereich. Die Wohnbeihilfe soll Menschen entlasten, deren Wohnkosten einen zumutbaren Betrag übersteigen. Die Hilfe muss beantragt werden und es wird auf Bedürftigkeit geprüft. Für Pensionisten, die für die Wohnbeihilfe nicht infrage kommen, gibt es die Mietbeihilfe. Die genaue Ausgestaltung unterscheidet sich zwischen den Bundesländern. Aufgrund der aktuellen Entwicklung wurde darüber hinaus ein Wohnschirm aufgespannt, der zahlungsunfähige Mieter vor der Delogierung bewahren soll. Alle diese Vehikel sind gut und richtig und müssen bei Bedarf ausgebaut, besser verschränkt und vor allem auch kommuniziert werden. Bei weiter hohen Inflationsraten sollten Sozialleistungen außerdem mehrfach unterjährig angepasst werden.
  • Sozialer Wohnbau für Bedürftige: Wien galt lange vor allem im Ausland als Paradebeispiel für den sozialen Wohnungsbau. Warum unsere Hauptstadt ihrem guten Ruf scheinbar nicht mehr gerecht wird, muss kritisch hinterfragt werden. Günstigere Wohnungen sollten jenen vorbehalten bleiben, die sich keine Wohnung am freien Markt leisten können. Doch eine Nettoeinkommensgrenze für einen Single von derzeit 3.810 Euro pro Monat (14-mal) ist deutlich zu hoch, um treffsichere Förderpolitik zu betreiben. Sie muss wesentlich gesenkt werden und die Bedürftigkeit auch während der Miete regelmäßig geprüft werden. Haushalte, die die Förderbedürftigkeit verlieren, sollen die Wohnung natürlich behalten dürfen, dafür aber angemessene Marktpreise (zum Beispiel nach einem Vergleichsmietensystem) zahlen, um das System zu stützen, das ihnen zuvor geholfen hat.
  • Statt den Markt in ein reguliertes und ein unreguliertes Segment zu spalten, könnte das System allgemein auf ein Vergleichsmietensystem umgestellt werden.

    Vergleichsmieten statt Kategorie und Richtwert: Statt den Markt in ein reguliertes und ein unreguliertes Segment zu spalten, könnte das System allgemein auf ein Vergleichsmietensystem umgestellt werden. Dabei kann eine Mischung aus Mietpreisregulierung der zweiten und dritten Generation zum Einsatz kommen: Bei Neu- und Wiedervermietungen darf die Miete auf die ortsübliche Vergleichsmiete angehoben werden. Das ist ein sehr milder Markteingriff, der die qualitative Weiterentwicklung des Bestands nicht behindert. Der Staat sorgt hier über einen Mietenspiegel nur für die nötige Transparenz, mit der der Markt dann arbeiten kann. Während eines laufenden Mietvertrages soll die Miete weiterhin an den Verbraucherpreisindex gekoppelt werden, da er weiterhin der sinnvollste und fairste Wertsicherungsmechanismus ist, der auch bei Lohnverhandlungen zum Einsatz kommt. Vorschläge, die besonders starke Preissteigerungen über mehrere Jahre hinweg aufteilen wollen, sind durchaus zu überlegen. Bei Lohnverhandlungen ist das ja auch so, da man stets die rollierende Inflation zur Grundlage macht.

  • Maßvoll deregulieren: Die vielfältigen Regulierungen haben dazu geführt, dass sich Mieter und Vermieter inzwischen nicht mehr wie Partner, sondern wie erbitterte Feinde begegnen. Viele Vermieter bewegen sich am Rande der Legalität; umgekehrt tricksen sich die Mieter die günstigen Mietverträge zu. Würde man den Regulierungsdschungel lichten, könnte man hier Erleichterung schaffen. Zum Beispiel würden Befristungen vielfach entfallen, wenn es nicht mehr möglich wäre, auf rückwirkende Neuinterpretation von Lagezuschlägen und Ähnlichem zu klagen.
    Nur mehr einmalige Mieterhöhung pro Jahr: Die meisten Einkommen werden einmal pro Jahr an die Inflation angepasst. Warum sollte es bei Einkommen aus Vermietung anders sein? Mietanpassungen sollten im Frühjahr stattfinden, nachdem Löhne und Pensionen erhöht wurden.
  • Wohnraum schaffen: Selbst wenn die Mietpreisbremse so funktionieren würde, wie es ihre Befürworter gerne hätten, wäre sie zahnlos gegenüber dem steigenden Bedarf an Wohnraum, dem Ballungszentren wie Wien entgegensehen. Da mit Corona das Homeoffice auch in Österreich Einzug gehalten hat und viele Unternehmen längst nicht mehr mit der vollständigen Belegschaft im Büro planen, können gewerbliche Nutzflächen verstärkt in Wohnflächen umgewidmet werden, um den Mietmarkt gerade in Ballungszentren zu entlasten. Es muss außerdem neu und günstig gebaut werden. Dafür gehören die bestehenden regulatorischen Kostentreiber (z. B. die Stellplatzverordnung, die klimapolitisch völlig aus der Zeit gefallen ist) auf den Prüfstand.
  • Eigentum schaffen: Der beste Schutz gegen steigende Mieten sind die eigenen vier Wände. Hier hat Österreich entscheidenden Nachholbedarf. Im EU-weiten Vergleich landen wir mit einer Eigentümerquote von rund 54 Prozent auf dem vorletzten Platz.[1] Um mehr Haushalten zu Wohneigentum zu verhelfen, muss die Abgabenquote deutlich gesenkt werden. Auch die steuerliche Erleichterung des Erwerbs der ersten selbstgenutzten Immobilie könnte ein Schritt in die richtige Richtung sein. Zudem sollten sich Grundbucheintragungsgebühren am Aufwand und nicht am Immobilienpreis orientieren. Und warum nicht auch einmal unkonventionelle Wege beschreiten? Über Mietkaufprogramme könnten die Städte ihre Gemeindewohnungen an langjährige Mieter verkaufen und ihnen dabei die bereits gezahlte Miete anrechnen. Ein solches Programm gab es zum Beispiel in Wales. Die frei werdenden Mittel könnten die Gemeinden wieder in den sozialen Wohnungsbau investieren oder
    für Subjektförderung verwenden.

Fußnoten

  1. Eurostat (2023).
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