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Kapitel 10: Zwischenbilanz – Wie sind die österreichischen Corona-Hilfen zu beurteilen?

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Budget und Steuern

In der ökonomischen Literatur wird eine temporäre Mehrwertsteuersenkung als hilfreich zur Verhinderung von Rezessionen angesehen, weil Konsumausgaben dadurch vorgezogen werden. Vorausgesetzt natürlich, die niedrigeren Steuersätze werden auch an die Verbraucher weitergegeben.[1] Noch besser sind Senkungen der Abgaben auf Arbeit, insbesondere für niedrigere Einkommen. Am besten wirken solche Steuersenkungen dann, wenn die Steuern monatlich und nicht jährlich abgerechnet werden, auf diese Weise kann sich der stimulierende Effekt sofort und nicht erst verzögert entfalten. In diesem Sinne hat die Regierung alles richtig gemacht, wobei ein paar Schönheitsfehler nicht zu übersehen sind:

Noch besser als Mehrwertsteuersenkungen sind Senkungen der Abgaben auf Arbeit, insbesondere für niedrigere Einkommen.

Abschreibungen: Eine degressive Abschreibung in der Höhe von 30 Prozent bringt am Beginn der Investition Steuervorteile. Mit anderen Worten: Investitionen werden in den ersten Jahren steuerlich deutlich bessergestellt. Eine derartige Maßnahme ist besonders in einer Krise wichtig, weil sie Investitionen anregt, wodurch die Produktivität und in weiterer Folge auch das Wachstum steigt. Die empirische Evidenz zeigt ebenfalls überwiegend, dass eine degressive Abschreibung eine Reihe an positiven Effekten hat, insbesondere bei höheren Anlageinvestitionen.[2] Kosten: 900 Millionen Euro insgesamt für 2020 und 2021 laut Finanzministerium.

Bonuszahlungen: Die steuer- und sozialversicherungsfreien Bonuszahlungen für besondere Leistungen in der Corona-Krise sind aus Sicht der Agenda Austria zu begrüßen. Mehrleistung sollte belohnt werden. Bis zu 3.000 Euro können brutto für netto an die Beschäftigten ausgezahlt werden. Um abgabenrechtlich motivierte Gestaltungen zu verhindern, weisen die parlamentarischen Erläuterungen insbesondere darauf hin, dass solche Zulagen und Bonuszahlungen üblicherweise im Unternehmen bisher nicht gewährt worden sein dürfen und ausschließlich zum Zweck der Belohnung im Zusammenhang mit COVID-19 stehen. Diese Einschränkung sollte aufgehoben und die Maßnahme für alle Arbeitnehmer eingeführt werden, aber auch nach der Krise weiter gelten. Eine Alternative, basierend auf einem weiteren Vorschlag der Agenda Austria, wäre eine abgabenfreie Gewinnbeteiligung der Mitarbeiter in der Höhe von 3.000 Euro.

Mit Verlustrücktrag stärkt man insbesondere gesunde Unternehmen, die durch die Corona-Krise in Mitleidenschaft gezogen wurden.

Verlustrücktrag: Der Verlustrücktrag sieht die Möglichkeit einer Gegenrechnung der Verluste des Jahres 2020 gegen bereits versteuerte Gewinne der Jahre 2019 und 2018 vor, was Steuerrückzahlungen an Unternehmen zur Folge hätte. Der Verlustrücktrag bis 2018 ist eine der besten Maßnahmen, die von der Regierung getroffen wurden. Er fällt auch großzügiger als in Deutschland aus. Damit stärkt man insbesondere gesunde Unternehmen, die durch die Corona-Krise ohne Verschulden in Mitleidenschaft gezogen wurden und deren Eigenkapital im Zuge der anfallenden Verluste abschmilzt. Eigenkapital ist allerdings die Voraussetzung dafür, dass in Zukunft wieder investiert werden kann. Kosten: zwei Milliarden Euro laut Finanzministerium.

Investitionsprämie: Die Investitionsprämie soll Unternehmen einen Anreiz zum Vorziehen von Investitionen bieten. Gefördert werden Wirtschaftsgüter, die zwischen dem 01.09.2020 und dem 08.02.2021 angeschafft werden, sofern sie nicht als klimaschädlich gelten. Die Prämie beläuft sich auf sieben Prozent des Investitionsvolumens, wobei Investitionen im Zusammenhang mit Digitalisierung, Ökologisierung oder Gesundheit mit 14 Prozent besonders gefördert werden. Der Grundgedanke ist richtig und wichtig. Allerdings wird es ein hohes Maß an Mitnahmeeffekten von jenen Unternehmen geben, die ohnedies investiert hätten. Wie viele zusätzliche Investitionen wirklich umgesetzt werden, ist noch unklar. Darüber hinaus hilft die Maßnahme auch jenen Unternehmen wenig, die über keine Liquidität und zu wenig Eigenkapital verfügen. Kosten: eine Milliarde Euro laut Finanzministerium.

Abb. 3: Die Geringverdiener werden am stärksten entlastet.

Eine Lohnsteuersenkung wird nur dann nachhaltig, wenn im Zuge dessen auch die kalte Progression ab‑
geschafft wird. 

Lohn- und Einkommensteuer: Der Eingangssteuersatz der Lohn- und Einkommensteuer wurde vorzeitig von 25 auf 20 Prozent reduziert (rückwirkend ab Jänner 2020). Darüber hinaus wurde die Negativsteuer um 100 Euro erhöht. Eine Lohnsteuersenkung ist in höchstem Maße begrüßenswert, weil das allgemeine Steuerniveau auch nach der Reduzierung noch immer zu hoch ist. Nachhaltig wäre eine solche Senkung aber nur, wenn im Zuge dessen auch die kalte Progression abgeschafft würde. So reicht die Herabsetzung des Eingangssteuersatzes nicht einmal aus, um die seit der letzten Steuerreform angefallene Mehrbelastung durch die kalte Progression zu kompensieren.[3] Wichtig wäre zudem, die kommenden Etappen der bereits geplanten Steuerreform vorzuziehen. Eine Verschiebung oder gar Streichung der weiteren Etappen im Hinblick auf die steigenden Staatsschulden wäre hingegen fatal. Kosten: 1,6 Milliarden Euro + 180 Millionen Euro Negativsteuer laut Finanzministerium.

Abb. 4: Kann sich der Staat eine Mehrwertsteuersenkung leisten?

Mehrwertsteuer: Die Regierung hat eine zeitlich befristete Senkung der Mehrwertsteuer auf fünf Prozent beschlossen. Allerdings nur für ausgewählte Branchen wie Gastronomie, Beherbergung, Kultur und Publikationen und befristet bis Ende 2020. Deutschland hat einen anderen Weg gewählt und den Steuersatz generell von 19 auf 16 Prozent gesenkt, ebenfalls zeitlich befristet. Aus Sicht der Agenda Austria ist der deutsche auch der bessere Weg, weil die Verbraucher sofort wissen, wie hoch die Mehrwertsteuer ist. Eine derart transparente Vorgangsweise erhöht die Chancen, dass die Steuersenkung auch an die Verbraucher weitergegeben wird, während in Österreich große Verwirrung herrscht und eine Art Lobbyismus-Wettlauf eingesetzt hat. Aber in jedem Fall ist selbst eine selektive Steuersenkung besser als gar keine. In sehr wettbewerbsintensiven Branchen werden die Verbraucher das über sinkende Preise spüren, in weniger umkämpften Branchen nicht. Dort wird die Steuerersparnis zur Stärkung der Ertragskraft im Betrieb bleiben. Auch das könnte man angesichts wegschmelzender Eigenkapitaldecken argumentieren. Man darf sich dann nur keinen konjunkturellen Impuls erwarten. Kosten der Senkung: 900 Millionen Euro laut Finanzministerium.


Fußnoten

  1. Das Paper von Arnold et al. (2011) gibt einen guten Überblick.
  2. Ohrn (2019); Maffini et al. (2019).
  3. Neben der Senkung des Eingangssteuersatzes wurden allerdings weitere Entlastungen, speziell für Haushalte mit Kindern (Familienbonus Plus), eingeführt. Kombiniert man diese zusätzlichen Entlastungsschritte mit der Steuersenkung, so übersteigt auch in einigen Fällen das Entlastungsvolumen die kalte Progression. Da diese schleichende Steuererhöhung allerdings nach wie vor nicht abgeschafft wurde, werden auch diese Haushalte früher oder später wieder zusätzlich belastet werden.
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