Neue Steuern wären ein Brandbeschleuniger
- 06.05.2020
- Lesezeit ca. 3 min
Entlastung der Arbeitnehmer und Konjunkturpaket für Neustart.
Folgendes Interview erschien am 06. Mai 2020 in den „Vorarlberger Nachrichten“:
Schwarzach, Wien. Franz Schellhorn ist Leiter der Denkfabrik Agenda Austria, die in den vergangenen Wochen die verschiedenen wirtschaftspolitischen Aspekte des Shutdowns aufgrund der Coronakrise sehr genau und in vielen Facetten beobachtet hat.
VN: Herr Schellhorn, wie ist Ihre Einschätzung der bisherigen Maßnahmen?
Franz Schellhorn: Der Shutdown hat aus virologischer Sicht nicht viel Spielraum gelassen. Aber ja, die Regierung hat gemacht, was ein Staat in einer solchen Situation machen soll. Mit der Kurzarbeitsregelung wurde zum Beispiel die Kaufkraft der Arbeitnehmer gestützt, ob das ausreicht, ist aber nicht gewiss. Auch die Hilfen für Unternehmer waren und sind richtig.
Es kommt immer wieder zu Klagen, was die Abwicklung der Hilfen betrifft …
Ich habe den Eindruck, dass die Regierung dabei immer wieder an der Bürokratie in Österreich scheitert. Das müsste schneller gehen. Die Schweiz ist ein gutes Beispiel, wie das geht. Die Unternehmer mussten dort einen einseitigen Antrag einreichen. Die Bearbeitungszeit war so kurz, dass dieser bereits zu Mittag genehmigt war und die Unterstützung noch am selben Nachmittag überwiesen wurde. Es gibt Branchen, die relativ wenig Luft haben, da zählt Geschwindigkeit.
Was muss man jetzt tun, was sind wichtige Aufgaben?
Entscheidend ist, dass die Menschen nach vorne blicken können. Der Staat muss Zuversicht ausstrahlen, zeigen, dass niemand ins Bodenlose fällt. Steuerlich ist eine Entlastung der Arbeitnehmer auf jeden Fall das beste. Auch ein Konjunkturpaket wird es brauchen. Damit meine ich nicht die Senkung der Körperschaftssteuer. Wichtiger sind schnelle Abschreibungen, keine Besteuerung von nicht ausgeschütteten Gewinnen, bis das Eigenkapital wieder auf Vorkrisenniveau ist. Das Allerwichtigste ist, eine Pleitewelle zu verhindern.
Die Regierung versucht, Wirtschaft und Arbeitsmarkt zu stabilisieren. Kann das beim Wiederhochfahren ein Wettbewerbsvorteil sein?
Wir dürfen nicht unsere wichtigsten Handelspartner vergessen, da haben acht der zehn wichtigsten gravierende wirtschaftliche Probleme. Wir sind aber abhängig von diesen Beziehungen, davon, dass dort die Wirtschaft auch wieder ins Laufen kommt.
Die Vorarlberger Landesregierung hat angekündigt, Projekte zu verschieben oder abzusagen. Ist das der richtige Weg?
Die öffentliche Hand sollte jetzt nicht auf der Investitionsbremse stehen, das ist nicht die beste Idee. Vielleicht im öffentlichen Konsum, aber nicht bei Infrastrukturmaßnahmen.
Wer soll das alles bezahlen?
Wir alle werden das bezahlen, auch künftige Generationen werden da noch abbezahlen. Entscheidend ist, dass wir wieder auf den Wachstumspfad kommen. Denn ohne Wachstum können wir das alles niemals finanzieren.
Es gibt den Vorschlag einer Vermögensbesteuerung.
Das wäre ein Brandbeschleuniger. Man darf nicht vergessen, dass wir in Österreich einen sehr hohen Anteil an eigentümergeführten Unternehmen haben. Das Kapital ist in den Firmen gebunden. Jetzt das Eigenkapital zu besteuern, würde die Betriebe weiter schwächen, sie könnten nicht mehr investieren. Das wäre fatal.
Das Interview erschien am 20. Mai 2020 in den „Vorarlberger Nachrichter“.
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