Preisdeckel, Rabatte und Geschenke sind der falsche Weg
- 05.08.2022
- Lesezeit ca. 4 min
Wie der Staat den Bürgern am besten hilft
Wie auch bei anderen Produkten richten sich die Energiepreise nach Angebot und Nachfrage. In wirtschaftlich guten Zeiten steigt die Nachfrage und damit der Preis. In Schwächephasen, wie beispielsweise im Corona-Jahr 2020, sinkt die Nachfrage; die Preise gehen runter.
Mit Beginn des Jahres 2021 fingen die Energiepreise wieder an zu steigen. Das ist in erster Linie auf die rasche Erholung der Wirtschaft zurückzuführen. Die Nachfrage erhöhte sich sehr schnell, während das Angebot nur langsam wieder hochgefahren werden konnte.
Der Angriff Russlands auf die Ukraine verschärft seit Ende Februar den Preisauftrieb noch einmal deutlich. Für viele Länder der EU ist Russland der wichtigste Erdgaslieferant. In Österreich ist die Abhängigkeit besonders stark; 80 Prozent der heimischen Gasimporte kamen bisher aus Russland.
Welche Folgen hätte ein Preisdeckel?
Markpreise reagieren auf Angebot und Nachfrage. Je knapper eine Ware, desto höher der Preis. Wenn die Politik den Preisen ein Limit setzt, gehen die knappen Güter dorthin, wo die höchste Zahlungsbereitschaft besteht – also in Länder ohne Begrenzungen. Das heißt: Ein Deckel führt zwar zu sinkenden Preisen. Allerdings gibt es weniger Anbieter, die das Produkt tatsächlich verkaufen. Das Problem wird noch verschärft, weil niedrigere Preise zu mehr Konsum motivieren. Der Deckel macht also aus einem Preisdruck ein Versorgungsproblem. Aus Knappheit wird Mangel.
Die Idee eines Gaspreisdeckels scheidet daher aus. Würden Lieferanten ihr Gas nur noch zu einem bestimmten Preis an österreichische Kunden verkaufen dürfen, dann würden sie sich andere Abnehmer suchen, die mehr zahlen. Österreich bekäme also sehr viel weniger Gas oder gar keines mehr geliefert. Auf diesen Umstand wies auch der deutsche Vizekanzler Robert Habeck während seines Besuchs in Wien hin: „Wenn zum Beispiel österreichische Versorger sagen würden, wir kaufen nur noch zur Hälfte des Preises, dann wäre die Folge, dass kaum jemand nach Österreich liefern würde, sondern dorthin, wo der höchste Preis bezahlt wird“. Allenfalls funktionieren könnte ein Gaspreisdeckel nur auf europäischer Ebene. Besser wäre aber eine Art Nachfragekartell, in dem die Mitgliedstaaten bei der Beschaffung kooperieren und dadurch den Preis drücken. Streng genommen ist das zwar ebenfalls eine Art von Marktmissbrauch. Doch in der aktuellen Situation wäre es dennoch eine mögliche Strategie, zumal ja auch die Anbieter als Monopol (oder Oligopol) auftreten und die Preise ebenfalls nicht nach marktwirtschaftlichen Kriterien festsetzen. Ein Kartell würde in dieser Situation also die Marktmacht besser verteilen.
Warum wird auch grüner Strom teurer?
Es ist nachvollziehbar, dass durch die gestiegenen Gaspreise die Heizkosten für Haushalte, die mit Gas heizen, nach oben gehen. Doch auch Strom wird teurer. Kostete eine Kilowattstunde im Juli 2019 noch rund 8 Cent, sind es im Juli 2022 schon knapp 12 Cent.[1] Aktuelle Strompreisprognosen gehen von noch höheren Preisen im kommenden Jahr aus.
Und das, obwohl der Strommix in Österreich fast ohne Gaskraftwerke auskommt. Viele Menschen empfinden das als besonders unfair, weshalb nun Rufe nach einem Strompreisdeckel laut werden. Hintergrund ist wohl auch, dass bei den großteils staatlichen Stromversorgern und den Betreibern von Windparks sehr hohe Gewinne entstehen, die als problematisch empfunden werden.
Die Strompreise steigen mit den Gaspreisen – und zwar auch dann, wenn der Strom vorwiegend aus erneuerbaren Quellen wie etwa Wasserkraft gewonnen wird. An der Strombörse werden in jeder Auktion die teilnehmenden Anbieter nach ihren Grenzkosten aufsteigend sortiert (die sogenannte „Merit Order“). Dadurch wird sichergestellt, dass nur die günstigsten Anbieter zum Zuge kommen und die teuersten ausscheiden. Der Endpreis wird aber durch das zuletzt zugeschaltete Kraftwerk bestimmt. Das erscheint zwar widersinnig, ist aber in vielen Märkten so. Indem die günstigsten Anbieter einen Preis oberhalb ihrer Grenzkosten bekommen, erwirtschaften sie eine sogenannte „Produzentenrente“, die sie benötigen, um ihre Fixkosten zu decken und um Gewinne zu erzielen. Da in Österreich das teuerste Kraftwerk derzeit meist ein Gaskraftwerk ist und die Gaspreise stark zugelegt haben, steigen auch die Preise für Strom derzeit an.
Fußnoten
- Durchschnittlicher Strompreis bei einem durchschnittlichen Jahresverbrauch (3.500 kWh pro Jahr). ↩
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