Wie man es richtig macht
- 16.03.2022
- Lesezeit ca. 4 min
Arbeitsminister Martin Kocher peilt Reformen am Arbeitsmarkt an. Wie könnte die entsprechende Roadmap aussehen? Im Folgenden fünf Lösungen, die eine Verbesserung der Lage versprechen.
Die Schweden verfügen über einen nicht minder guten Wohlfahrtsstaat als die Österreicher. Aber würden österreichische Arbeitnehmer so besteuert wie ihre schwedischen Kollegen, blieben Durchschnittsverdienern 182 Euro netto mehr – pro Monat. Oder 2.184 Euro im Jahr. Da sind bereits alle derzeit in Österreich geplanten Tarifsenkungen eingerechnet. Nicht nur das: Das schwedische Steuersystem kennt auch keine kalte Progression. Konkret werden die Steuerstufen jedes Jahr an die Lohnentwicklung angepasst. Die finanziellen Arbeitsanreize in Schweden sind deutlich höher als in Österreich.
1. Arbeit besteuern wie die Schweden
Die Schweden verfügen über einen nicht minder guten Wohlfahrtsstaat als die Österreicher. Aber würden österreichische Arbeitnehmer so besteuert wie ihre schwedischen Kollegen, blieben Durchschnittsverdienern 182 Euro netto mehr – pro Monat. Oder 2.184 Euro im Jahr. Da sind bereits alle derzeit in Österreich geplanten Tarifsenkungen eingerechnet. Nicht nur das: Das schwedische Steuersystem kennt auch keine kalte Progression. Konkret werden die Steuerstufen jedes Jahr an die Lohnentwicklung angepasst. Die finanziellen Arbeitsanreize in Schweden sind deutlich höher als in Österreich.
2. Fordern und fördern wie die Dänen
Ein häufig zitiertes Erfolgsmodell am Arbeitsmarkt ist das dänische “Flexicurity”-Modell. Dänemark setzt auf dieses Modell: Ein flexibler Arbeitsmarkt, wo Arbeitgeber je nach Nachfrage Arbeitskräfte aufnehmen und ebenso schnell wieder kündigen können. Das Jobcenter kümmert sich um eine schnelle Reintegration in den Arbeitsmarkt. Arbeitssuchende werden stark gefördert, lehnen sie allerdings mehrere Arbeitsangebote ab, wird die Unterstützung gekürzt. Um zu Beginn der Arbeitslosigkeit Einkommensverluste abzusichern, liegt die Nettoersatzrate beim Arbeitslosengeld für Geringverdiener bei 82 Prozent des Letztverdienstes (ohne Wohnbeihilfen). In Österreich sind es nur 55 Prozent. Dafür fällt die Ersatzleistung nach dem Auslaufen des Arbeitslosengeldes auf unter das österreichische Niveau.
3. Jobs für Ältere schaffen wie die Niederländer
So sollte die niederländische Idee des “Experience Ratings” auch für Österreich als Vorbild gelten. Dabei wird die gesundheitspolitische Verantwortung gleichermaßen auf Arbeitnehmer und Arbeitgeber verteilt. Dieses Anreizsystem führt dazu, dass Unternehmen und deren Beschäftigte präventive Maßnahmen ergreifen, um Krankheit und Invalidität zu vermeiden, und so den Sozialstaat entlasten. Das wird dadurch erreicht, dass die Beiträge für die Invaliditätspension in einen fixen und einen branchenspezifischen Anteil geteilt werden: So müssen Betriebe mit vielen Invaliditätsfällen höhere Beiträge bezahlen. Im Ergebnis investieren Arbeitnehmer und -geber mehr in die Gesundheit am Arbeitsplatz, was Grundvoraussetzung für längeres Arbeiten ist.
4. Bildungsdefizite korrigieren wie die Briten
Unter Premier Tony Blair wurde Anfang des Jahrtausends die “London Challenge” ins Leben gerufen. Dieses Modell könnte auch in Österreich im wahrsten Sinne des Wortes Schule machen. Schulen mit einem höheren Anteil an Kindern aus bildungsfernen Schichten sollten mehr finanzielle Möglichkeiten erhalten, um auf die Herausforderungen besser reagieren zu können. Die besten Lehrkräfte sollten dort tätig sein, wo die größten Herausforderungen warten. Die Gelder sollten autonom von den Schulen eingesetzt werden können, gleichzeitig sollten Fortschritte laufend begleitet und evaluiert werden, damit das Geld auch entsprechend sinnvoll eingesetzt wird.
5. Kinder betreuen wie die Dänen
40 Prozent der teilzeitbeschäftigten Frauen in Österreich geben Betreuungspflichten als Grund für ihr Beschäftigungsausmaß an, gegenüber knapp drei Prozent in Dänemark. Das liegt auch daran, dass es vielerorts am entsprechenden Ganztagsbetreuungsangebot fehlt. Doch auch die Kinder profitieren von der intensiven Betreuung. Die internationalen Bildungstests der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) der vergangenen Jahre zeigen, dass Schüler, die frühkindliche Bildungseinrichtungen besucht haben, signifikant bessere Ergebnisse erzielen als ihre Klassenkameraden ohne frühkindliche Betreuung. Auch in dieser Hinsicht eine positive Weichenstellung für unsere Zukunft. Wer also eine höhere Frauenbeteiligung am Arbeitsmarkt will, wird auch das Schulsystem sowie die Betreuung der Kinder an den Nachmittagen mitdiskutieren müssen.
Gastkommentar von Hanno Lorenz und Dénes Kucsera für die “Wiener Zeitung” (16.03.2022).
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