Es war immer klar, dass die Eurozone kein optimaler Währungsraum ist. Zwar wird unter Ökonomen trefflich darüber gestritten, wie ein solcher denn aussehen müsste und ob es in der Realität je einen Währungsraum gab, der auch nur annähernd „optimal“ war. Doch unstrittig ist wohl, dass die Zinsentscheidungen der Europäischen Zentralbank (EZBDie Europäische Zentralbank (EZB; englisch European Central Bank, ECB; französisch Banque centrale européenne, BCE) mit Sitz in Frankfurt am Main ist ein Organ der Europäischen Union. Sie ist die 1998 gegründete gemeinsame Währungsbehörde der Mitgliedstaaten der Europäischen Währungsunion und bildet mit den nationalen Zentralbanken (NZB) der EU-Staaten das Europäische System der Zentralbanken (ESZB).) in den seltensten Fällen für Finnland genauso richtig sein können wie für Zypern. Ausschlaggebend ist nämlich nicht der nominale, sondern der reale Zinssatz. Derselbe Satz kann in Ländern mit moderater Inflation dämpfend, in solchen mit hoher Inflation aber weiterhin expansiv wirken.
Nun zählte Österreich bekanntermaßen in den letzten Monaten zu den Ländern mit den höchsten Inflationsraten im Euroraum. Um zu analysieren, ob der aktuelle EZB-Zinssatz dazu beiträgt, braucht es ein adäquates Maß dafür, was denn der theoretisch „richtige“ Zinssatz für Österreich wäre. Die EZBDie Europäische Zentralbank (EZB; englisch European Central Bank, ECB; französisch Banque centrale européenne, BCE) mit Sitz in Frankfurt am Main ist ein Organ der Europäischen Union. Sie ist die 1998 gegründete gemeinsame Währungsbehörde der Mitgliedstaaten der Europäischen Währungsunion und bildet mit den nationalen Zentralbanken (NZB) der EU-Staaten das Europäische System der Zentralbanken (ESZB). selbst trifft ihre Zinsentscheidungen nämlich durch Abstimmung der teilnehmenden Gouverneure; sie folgt keiner deterministischen Regel.
Eine solche könnte zum Beispiel die sogenannte Taylor-Regel sein.[1] Sie kann als eine Art Fieberthermometer einer Volkswirtschaft beschrieben werden. Ist der Taylor-Zins höher als der tatsächliche Leitzinssatz, dann zeigt er Überhitzungstendenzen an und würde eine Erhöhung der Zinsen nahelegen. Passiert das nicht, dann zeigt die Fachliteratur recht einhellig, dass sich das in höherem Inflationsdruck, höheren außenwirtschaftlichen Ungleichgewichten oder Kreditblasen mit anschließenden Finanzkrisen niederschlägt.[2]
Die eine Formel für den Taylor-Zinssatz gibt es jedoch nicht. Man berechnet meist mehrere Varianten und arbeitet dann mit Bandbreiten. Der deutsche Sachverständigenrat sah den notwendigen Taylor-Zins für den Euroraum Ende 2023 zwischen vier und sagenhaften acht Prozent.[3] Es schwindelt einen, wenn man bedenkt, dass die österreichische Jahresinflation deutlich höher ist als jene im Euroraum und der Taylor-Zinssatz daher noch höher liegen müsste. Unsere Berechnungen würden ihn schon seit 2022 bei über zehn Prozent sehen (vgl. Abb. 5).
Für bare Münze nimmt diese Zahlen kein Ökonom. Auch wir nicht. Würde man Christine Lagarde sagen, der „korrekte“ Leitzins liege auch in der Eurozone nahe zehn Prozent, würde ihre Wertschätzung für unser Fach wohl noch weiter sinken. Doch in jedem Fall zeigen die Berechnungen, dass der EZB-Zinssatz für Österreich aktuell – und eigentlich schon seit vielen Jahren – in der Tat zu niedrig ist. Er wirkt hierzulande daher nicht preisdämpfend, sondern weiterhin expansiv. Die realen Kreditzinsen sind nach wie vor zu niedrig, die realen Sparzinsen auch. Es wird daher weiter zu viel investiert und zu viel konsumiert.
Fußnoten
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