Dass der österreichische Restaurant- und Hotelsektor sowohl zur Teuerung im Land (derzeit mit rund 1,5 Prozentpunkten) als auch zum Inflationsdifferential zur Eurozone (derzeit mit rund 0,9 Prozentpunkten) beiträgt, haben wir in Abbildung 2 schon gesehen. Doch was heißt „beiträgt“? Steigen die Preise in diesem Sektor von Natur aus stärker, sodass jedes Land mit einem starken Gastrosektor eine höhere Inflationsrate ausweisen würde? Oder steigen die Preise in der österreichischen Beherbergungsbranche stärker als andernorts?
Sorry, Gastwirte: Die Preiserhöhungen sind schon nicht ganz unbeteiligt. Würden die Preise nicht nach oben klettern, dann könnte auch die hohe Gewichtung nichts ausrichten. Die von der Politik oft vorgebrachte Beschwichtigung, dass ein starkes Tourismusland wie Österreich quasi von Natur aus höhere Teuerungsraten habe, reicht nicht aus. Zumindest nicht, soweit sie im harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) abgebildet sind. Abbildung 3 zeigt, wie (a) die Jahresinflationsrate 2023 ausgesehen hätte, wenn wir die Gewichtung anderer Länder gehabt hätten; umgekehrt verdeutlicht Abbildung 4, wie hoch (b) die Teuerung in anderen Ländern gewesen wäre, wenn wir ihnen unsere Gewichtung übergestülpt hätten.
Wie Sie sehen, sehen Sie nichts. Hätten wir die Gewichte der Slowaken oder Spanier gehabt, dann wäre die Inflation im letzten Jahr sogar noch höher ausgefallen. Eine Differenz zur Eurozone existiert praktisch nicht. Der Grund ist einfach: Der Hauptunterschied zwischen uns und der Eurozone besteht darin, dass wir ein um mehr als fünf Prozentpunkte höheres Gewicht bei Bewirtung und Hotellerie haben. Da auch Österreicher aber nur einen Magen haben, ist die Gewichtung bei Lebensmitteln entsprechend geringer. Da beide Sektoren bei uns in ähnlichem Umfang teurer geworden sind, ergibt sich am Ende keine große Differenz.
Umgekehrt hätte sich der HVPI auch in anderen Ländern nicht nennenswert anders entwickelt, wenn sie unsere Gewichte gehabt hätten; die Extreme sind Spanien, Griechenland und die Slowakei, wo die Inflation jeweils sogar um einen Prozentpunkt niedriger gewesen wäre. Belgien wäre dagegen schlechter weggekommen.
An der Gewichtung allein liegt es also nicht. Vielmehr ist es das Zusammenspiel aus Gewichtung und Preisentwicklung, die im Tourismus in kaum einem Land in Europa so ungünstig auf die Inflationsrate wirkt wie hierzulande. Dass die Gastropreise in Österreich stärker gestiegen sind als im Euroraum, hat natürlich seine Gründe: Wintertourismus ist energieintensiv, was inmitten einer Energiekrise nur mit höheren Preisen machbar ist. Der Arbeitskräftemangel in Österreich ist im Dienstleistungssektor besonders groß und verteuert die Arbeit. Hinzu kommen die gestiegenen Zinsen, die den kapitalintensiven Tourismus besonders treffen, und deutliche Preiszuwächse bei den verarbeiteten Vorprodukten. Zum Glück haben die großzügigen Hilfsprogramme in ganz Europa die Urlaubskassen der Touristen prall gefüllt. Und auch die Einheimischen wurden gut gepolstert und gehen traditionell gern ins Gasthaus. Alles das hilft bei der Durchsetzung höherer Preise.
Übrigens: Auch dass die Statistikbehörden die österreichische Gastronomiegewichtung seit 2022 wieder deutlich angehoben haben, nachdem sie während der Corona-Lockdowns abgesenkt worden war, trägt zur Erklärung nicht viel bei.
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