
Staatsausgaben
Warum Österreich die Notbremse ziehen muss
Wo Budgetregeln bereits gelten
Österreich
Bereits im Jahr 1999 wurde in Österreich im Rahmen des nationalen Stabilitätspakts eine Fiskalregel zur Beschränkung des gesamtstaatlichen Defizits geschaffen. Jedoch bot sie zu geringe Beschränkungen für den Staat, da er sich die Defizitgrenze beliebig setzen konnte. Im Zuge der Finanzkrise wurde hier nachgeschärft. Seit 2017 darf das um konjunkturelle Effekte bereinigte Defizit des Bundes maximal 0,35 Prozent relativ zum BIP betragen. Darüber hinaus gilt für die Summe aller Länder, Städte und Gemeinden eine Defizitgrenze von 0,1 Prozent. Insgesamt darf sich also der österreichische Staat maximal um 0,45 Prozent in Relation zum BIP verschulden. Abweichungen von diesen Grenzen werden auf einem sogenannten Kontrollkonto verbucht. Wenn der Stand des Kontrollkontos 1,25 Prozent relativ zum BIP für den Bund bzw. 0,367 Prozent für die Länder, Städte und Gemeinden überschreitet, muss gegengesteuert werden. Das heißt, es müssen Überschüsse erwirtschaftet werden, um das Defizit am Konto wieder zu senken.[1]
Schweden
Ende der 1970er-Jahre begannen die öffentlichen Finanzen in Schweden – nicht zuletzt aufgrund der massiven Kosten des Sozialstaates – aus dem Ruder zu laufen. Die Schulden in Relation zum BIP stiegen von 25 Prozent im Jahr 1976 auf 69 Prozent im Jahr 1996. Damit geriet der Staat immer stärker in die Abhängigkeit der Geldmärkte. 1993 lag die Neuverschuldung bei über zehn Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung. Um die Situation unter Kontrolle zu bringen, gab es einen breiten politischen Konsens zur Konsolidierung der Staatsfinanzen. Seit 1997 wird in Schweden für einen jeweils dreijährigen Zeitraum eine Obergrenze für die Ausgaben der Zentralregierung gezogen. Die Zinsausgaben werden bei dieser Grenze nicht berücksichtigt, dafür allerdings die Pensionsausgaben hinzugerechnet. Zudem musste der gesamte Staat von 2000 bis 2006 mit einem Überschuss von mindestens zwei Prozent in Relation zur Wirtschaftsleistung pro Jahr abschließen. Im Jahr 2007 wurde diese Regel auf ein Prozent gelockert. Mittlerweile liegt die Grenze aufgrund der niedrigen Schulden bei 0,33 Prozent (relativ zum BIP). Dieses Ziel gilt über den gesamten Konjunkturzyklus, also im Durchschnitt über Auf- und Abschwungphase hinweg.[2] Daher war die Regierung in Schweden auch in Krisenzeiten handlungsfähig.
Deutschland und Schweiz
In Deutschland galt für die Bundesregierung von 1969 bis 2010 die „goldene Regel“. Die Neuverschuldung durfte nicht höher ausfallen als die Ausgaben für öffentliche Investitionen. Nachdem die Schuldenquote 2010 einen neuen Höchststand erreicht hatte, führte Deutschland im Jahr 2011 die sogenannte Schuldenbremse ein, die ein maximales Budgetdefizit von durchschnittlich 0,35 Prozent relativ zum Bruttoinlandsprodukt für den Bund (null Prozent für die Länder) erlaubt. Das Budgetdefizit wird dabei um konjunkturelle Effekte bereinigt. Das bedeutet, dass in Krisenzeiten ein höheres Budgetdefizit gewährt wird. In wirtschaftlich guten Zeiten muss aber dafür ein geringeres Defizit oder sogar ein Überschuss erzielt werden.[3] Auch in der Schweiz gibt es seit 2003 für die Bundesebene eine Schuldenbremse im Verfassungsrang, nachdem die Verschuldung ab den 1990er-Jahren deutlich angestiegen war. Konkret sollen die Ausgaben auf die Höhe der Einnahmen begrenzt werden, sodass über den Konjunkturzyklus hinweg der Haushaltssaldo ausgeglichen ist. Gibt es Abweichungen von der Regel, werden diese auf einem Kontrollkonto verbucht. Ist der Betrag am Kontrollkonto zu groß, muss er mithilfe von Überschüssen abgebaut werden.[4]
- Autor: Hanno Lorenz, Marcell Göttert, Heike Lehner, Gerhard Reitschuler
- Themen: Budget, Schulden, Schuldenbremse, Staatsausgaben, Staatsausgaben: Warum Österreich die Notbremse ziehen muss
- Datum: 20. August 2021