Zweimüller (2012) zeigt, dass trotz der steigenden Beschäftigungsquote der 55- bis 64-Jährigen das Pensionsantrittsalter kaum angestiegen ist. Dies führt dazu, dass Österreich im EU-Vergleich ein sehr niedriges effektives Pensionsantrittsalter verzeichnet. Als einen Grund dafür nennt Zweimüller die vermehrte Anzahl an Invaliditätspensionen für unter 50-Jährige.
Dieser Befund zeigt, dass das Problem des frühzeitigen Ausstiegs aus dem Erwerbsleben bisher nur unzureichend gelöst wurde. Zudem sind die Rahmenbedingungen für ältere Arbeitnehmer am Arbeitsmarkt nicht zufriedenstellend. Daher wären sowohl Änderungen bezüglich der Anreize im Pensionssystem als auch arbeitsmarktpolitische Reformen zu empfehlen:
Das öffentliche Pensionssystem wird durch das gleichbleibende gesetzliche Pensionsantrittsalter und die steigende Lebenserwartung in Österreich zunehmend belastet. Zur langfristigen Sicherung des Pensionssystems ist die Berücksichtigung der steigenden Lebenserwartung stark zu empfehlen. Schweden hat dieses Problem in Form einer Koppelung der Pensionshöhe an die Lebenserwartung gelöst, d.h. jede Person zwischen 61 und 69 Jahren kann selber entscheiden, wann sie in Pension geht. Damit gehen automatisch angepasste Pensionsauszahlungen einher, die von den geleisteten Gesamteinzahlungen und der erwarteten Bezugsdauer abhängen.
Zusammenfassend ist zu konstatieren, dass ein transparenteres und generationenübergreifend faires Pensionssystem stärkere Anreize für einen längeren Verbleib im Arbeitsmarkt setzen würde. Darüber hinaus wäre die Einführung einer Teilpension (ähnlich wie in Schweden) anzudenken, die eine kontinuierliche Verringerung der Arbeitszeit am Ende des Erwerbslebens ermöglicht. Die Einfachheit des schwedischen Pensionskontos, das geleistete Einzahlungen erfasst, ermöglicht die Auszahlung einer Teilpension, welche in der Folge den Teilzeitlohn erhöht.
Hängt der Lohn lediglich vom Alter, nicht aber von der Produktivität einer Person ab, dann haben Firmen im Fall einer im höheren Alter abnehmenden Produktivität kaum Anreize, ältere Arbeitnehmer weiter zu beschäftigen oder sogar neu einzustellen. Die Probleme werden sich mit steigender Lebenserwartung und der damit einhergehenden zwangsläufigen Verlängerung des Arbeitslebens tendenziell noch verstärken. Es wäre daher zu empfehlen, die Entlohnung an der Produktivität des Arbeitnehmers zu orientieren.
Entscheidend für die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer sind die von einem Unternehmen zu bezahlenden Arbeitskosten. Der bezogene Nettolohn ist für den Arbeitnehmer ein Entscheidungsfaktor für die Dauer seines Verbleibs am Arbeitsmarkt. Sollen ältere Personen länger im Unternehmen bleiben bzw. auch leichter eine Beschäftigung finden, dann wäre die Senkung der Lohnnebenkosten für diesen Personenkreis eine Handlungsoption. De facto ist am österreichischen Arbeitsmarkt eine Anpassung des Lohns nach unten nur durch eine sogenannte Änderungskündigung möglich. Es ist empfehlenswert, Firmen im Falle älterer Arbeitnehmer die Möglichkeit zu geben, Löhne flexibler anzupassen und sie stärker am Leistungsprinzip zu orientieren.
Zusätzlich wäre eine Abschwächung des Senioritätsprinzips in den Kollektivverträgen anzudenken. Betrachtet man die Lohnkurven in anderen Ländern, so verlaufen diese durchwegs flacher als in Österreich (siehe OECD, 2006) – ein deutlicher Hinweis darauf, dass das Lebenseinkommen gleichmäßiger über die Arbeitszeit verteilt werden sollte. In einem modernen Arbeitsmarkt, in dem es nicht mehr üblich ist, über die gesamte Lebensarbeitszeit in demselben Beschäftigungsverhältnis zu bleiben, ist eine leistungsbezogene Bezahlung wünschenswert, da das Senioritätsprinzip vor allem beim Jobwechsel zu Problemen führt. Eine leistungsbezogene Bezahlung würde die Chancen älterer Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt erhöhen.
Oft sind Regelungen für ältere Arbeitnehmer so ausgestaltet, dass diese nur schwer kündbar sind. Die zugrundeliegende Idee ist, dass die Leistung von lange in einem Unternehmen arbeitenden Personen honoriert wird und diese im hohen Alter, trotz möglicherweise sinkender Leistung, weiterhin denselben Lohn erhalten. Diese Absicherung schadet jedoch anderen, die eine Beschäftigung suchen bzw. nützt in erster Linie den besserverdienenden Arbeitnehmern und verschlechtert die Vermittlungsmöglichkeiten älterer Arbeitnehmer signifikant.
Änderungskündigungen sind eines der wenigen Mittel, mit denen ein Arbeitgeber die Kosten für ältere Arbeitnehmer anpassen kann, ohne das Mittel einer Kündigung in Anspruch zu nehmen. Darunter versteht man eine Kündigung, an die ein Vertragsänderungsangebot geknüpft ist (Gruber 2009). Bei Ablehnung der geänderten Vertragsinhalte wird die Kündigung vollzogen. Unter gewissen Voraussetzungen (Einhaltung allgemeiner und kollektivvertraglicher Rahmenbedingungen, Gleichbehandlung[1], soziale Verträglichkeit und wirtschaftliche Zumutbarkeit[2]) kann hierbei der Lohn des Arbeitnehmers im Einvernehmen nach unten korrigiert werden. Generell wäre es zu überdenken, ob eine Lohnanpassung entsprechend der Leistungsentwicklung nicht im Interesse der Arbeitnehmer wäre. So könnten ältere Menschen, die an Erwerbsarbeit interessiert sind, entsprechend einfacher eine Beschäftigung finden.
Die niederländische Idee des Experience Ratings könnte als Vorbild gelten, um auch die gesundheitspolitische Verantwortung auf Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu verteilen. Dieses Anreizsystem führt dazu, dass sowohl Arbeitnehmer wie Arbeitgeber präventive Maßnahmen ergreifen, um Krankheit und Invalidität zu vermeiden und sie somit den Sozialstaat entlasten. Dies wird dadurch erreicht, dass die Beiträge für die Invaliditätspension in einen fixen Anteil und einen Anteil je nach Sektor geteilt werden: Betriebe in Sektoren mit vielen Invaliditätsfällen müssen höhere Beiträge bezahlen. Zusätzlich haben Unternehmen die Möglichkeit, diese Versicherung für ihre Arbeitnehmer nicht nur im staatlichen System zu erwerben, sondern können sich auch privat versichern.
Fußnoten
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