
Wie Homeschooling funktionieren kann
Wie Homeschooling funktionieren kann
Im Home-Office wurden Eltern zu Hilfspädagogen, mit erheblichen Folgen für die Wirtschaft. Der Sommer sollte genutzt werden, um zumindest einen Schul-Notbetrieb im Herbst zu ermöglichen.
Die Schließung der Schulen während der Corona-Pandemie hatte weitreichende Folgen – für die Eltern, die Kinder und die Wirtschaft. Fast zwölf Prozent aller in diesem Zeitraum normalerweise angefallenen Arbeitsstunden sind betroffen, weil Eltern im „Homeschooling“ mit dem Unterricht ihrer Kinder beschäftigt waren. In Zahlen ausgedrückt bedeutet das: Bis zu 121 Millionen produktiver Arbeitsstunden dürften den acht Wochen Schulschließung zum Opfer gefallen sein. Das entspricht rund 7,2 Milliarden Euro an Wertschöpfung oder knapp zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Von den Schulschließungen betroffen waren rund 1,3 Millionen Kinder unter 15 Jahren. Ein normaler Unterricht war für sie nicht möglich. Sie müssen wegen des verlorenen Lernfortschritts in der Zukunft mit Gehaltseinbußen rechnen. Die Nachwirkungen der Corona-Krise werden wir also auch Jahrzehnte später noch spüren.
Bedauerlich ist es, dass das österreichische Bildungssystem trotz oftmals angekündigten Masterplänen zur Digitalisierung völlig unvorbereitet getroffen wurde. Nun können die Defizite der vergangenen Jahre nicht in einem Sommer aufgeholt werden, dennoch gilt es für den Herbst einen Unterricht durchführen zu können, auch wenn es zu Schulschließungen kommt. Trotz erster Schritte, die mit dem „8-Punkte-Plan“ gesetzt wurden, ist es höchst fraglich, ob die Vorbereitungen einen Betrieb selbst mit vereinzelten Schulschließungen gewährleisten. Nun mag man hoffen, dass es zu keinen weiteren Einschränkungen im Unterricht kommen wird. Es ist allerdings auch die Aufgabe der Regierung, für ein negatives Szenario gewappnet zu sein. Der Sommer hätte intensiv genutzt werden müssen, um zumindest einen Notfallbetrieb zu garantieren, damit nicht wieder Schüler und Eltern die Leidtragenden sind. Die Regierung steht hier in der Pflicht.
Handlungsempfehlungen
Ausstattung: Alle Schüler müssen über die entsprechenden Geräte verfügen, um digitale Inhalte nutzen zu können. Dies sollte sofort und nicht erst Ende des kommenden Jahres erfolgen. Statt auf „Gratis-Geräte für alle“ zu setzen, sollte nach Bedarf gefördert werden.
Ausbildung: Alle Lehrer müssen über die entsprechenden Kompetenzen im Umgang mit den Endgeräten, Lernprogrammen und pädagogischen Aspekten der Digitalisierung verfügen. Dieses Problem gilt es jetzt im Sommer anzugehen.
Entwicklung der Lernsoftware: Digitale Lernsoftware umfasst weit mehr als nur das Bereitstellen eines PDFs des entsprechenden Lehrbuchs.
Virtuelle Klassenräume: Ein Fernunterricht kann nicht auf den Austausch von Schülern untereinander und mit den Lehrkräften verzichten. Die technischen Möglichkeiten dazu existieren. Von Eltern kann nicht verlangt werden, ohne pädagogische Ausbildung eine Lehrkraft zu ersetzen, mit den Kindern stundenlang die Aufgaben durchzuführen und gleichzeitig produktiv im Home-Office zu arbeiten. Das Bildungsministerium sollte rasch festlegen, welche Software bundesweit zum Einsatz kommt, damit im Falle neuerlicher Schulschließungen zumindest ein digitaler Unterricht im Notbetrieb erfolgen kann.
- Autor: Hanno Lorenz, Dénes Kucsera, Nikolaus Jilch
- Themen: Bildung, Corona, Homeschooling
- Datum: 13. August 2020