
Einleitung
Die Neue Mittelschule
- Der Inhalt auf einen Blick
- » Einleitung
- Wie es überhaupt zur Neuen Mittelschule gekommen ist
- Das pädagogisch-didaktische Konzept
- Zum Bericht des Rechnungshofs über die NMS
- Falsche Erwartungen durch das Auseinanderdriften von Propaganda und Realität
- Auswirkungen falscher Erwartungen auf die Evaluierung der Neuen Mittelschule
- Zur Evaluierung der Neuen Mittelschule
- Die Neue Mittelschule
- Empfehlungen der Agenda Austria
- Literatur
- Download PDF
Am 4. März 2015 wurde die lange erwartete Evaluierung der Neuen Mittelschule (NMS) in Form eines umfangreichen Forschungsberichtes der Öffentlichkeit präsentiert. Die mediale Debatte nach der Präsentation des Berichts war kurz und heftig.
In der Presse dominierten Schlagzeilen wie „Neue Mittelschule durchgefallen“ (Kurier), „Nicht besser als Hauptschule: NMS enttäuscht“ (Presse) oder „Schlechtes Zeugnis für Neue Mittelschule“ (orf.at) und genüsslich wurde ein fataler Satz aus dem Resümee der Ergebnisse aus dem Zusammenhang gerissen und zitiert: „Insgesamt gibt es keine belastbaren Hinweise, dass das Niveau der NMS im Durchschnitt über jenem vergleichbarer Hauptschulen liegt. Vielmehr bestehen Zweifel, ob dieses an allen Standorten tatsächlich erreicht wird.“
Die vielfältigen Aussagen und Ergebnisse, die sich sowohl aus der Zusammenfassung als auch der Langfassung der Evaluierung herauslesen lassen, wurden nur in wenigen Medien ausführlich dargestellt. Der Tenor der Berichterstattung bestand im Wesentlichen darin, dass nun eine lang- jährige, als SPÖ-Prestigeprojekt geführte Reform endgültig gescheitert sei. Das sehr klare mediale Urteil überrascht insofern, als das wissenschaftliche Konsortium unter der Leitung des Salzburger Erziehungswissenschaftlers Ferdinand Eder einen durchaus kritischen, aber differenzierten Evaluierungsbericht vorgelegt hat, aus dem eine Fülle von Informationen über die Neue Mittelschule zu ziehen sind. Diese Ergebnisse sind zwar durchwachsen, sie rechtfertigen aber nicht jene pauschalen Verurteilungen, die nach Veröffentlichung des Berichts die Medien dominierten.
Seither werden in unregelmäßigen Abständen Einschätzungen, Berichte oder Interviews veröffentlicht, die sich meist nur auf einzelne Aspekte beziehen. Von der Bildungsministerin wurde eine minimale Reform angekündigt und im Parlament beschlossen, der Koalitionspartner ist skeptisch, aber er gewährt eine „letzte Gnadenfrist“. Unlängst überraschte der Direktor der Statistik Austria mit einer sehr positiven Prognose zur Leistungsfähigkeit des neuen Schultyps. Im Unterschied zur großen Evaluierung von Anfang März zeige sich nun doch eine Qualitätsverbesserung, indem Schüler aus der Neuen Mittelschule häufiger in eine höhere Schule wechseln als Hauptschüler. Gemeinsam mit einer anschaulichen APA-Grafik sorgte die Aussage für positive Schlagzeilen in allen wichtigen Medien. Dass mit einer bloßen statistischen Gegenüberstellung der Übertrittsraten ohne tiefergehende Analyse (und vor allem ohne brauchbare empirische Daten über einen längeren Zeitraum) kaum eine valide Aussage getroffen werden kann, wurde nicht weiter diskutiert.
Seit dem Schuljahr 2008/2009 werden österreichische Hauptschulen etappenweise auf Neue Mittelschulen umgestellt. Der Prozess ist noch lange nicht abgeschlossen, derzeit ist gerade der Punkt erreicht, wo mehr Schüler die NMS besuchen als die Hauptschule. Mit dem Rechnungshofbericht von 2013 und den aktuellen Evaluierungsbericht liegen eine Reihe von Vorschlägen zur Weiterentwicklung des neuen Schultyps vor. Es ist an der Zeit, einmal die Frage zu stellen, was die Neue Mittelschule kann – und was sie nicht kann.
- Autor: Wolfgang Feller
- Datum: 15. Juni 2015