
5 Chancen: Eine Roadmap für den österreichischen Arbeitsmarkt
5 Chancen: Eine Roadmap für den österreichischen Arbeitsmarkt
Arbeitsminister Martin Kocher peilt Reformen am Arbeitsmarkt an. Anfang März findet dazu eine Enquete mit Parlamentariern, Sozialpartnern und Experten aus dem In- und Ausland statt. Die Agenda Austria hat den Arbeitsmarkt in anderen europäischen Ländern analysiert und fünf Lösungen herausgearbeitet, die eine Verbesserung der Lage versprechen.
Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie stellen Arbeitnehmer wie Arbeitgeber vor enorme Herausforderungen. Die Arbeitslosigkeit ist hoch, gleichzeitig suchen Unternehmen händeringend nach Mitarbeitern.
🇸🇪 Arbeit besteuern wie die Schweden
In der Europäischen Union wird Arbeit nur in Belgien und Deutschland steuerlich noch stärker belastet als in Österreich. Gemessen an den Arbeitskosten haben Österreichs Arbeitnehmer die drittniedrigsten Nettolöhne in der industrialisierten Welt. Damit ist der finanzielle Anreiz, Arbeit aufzunehmen, in kaum einem anderen Land geringer. Dafür sind die Arbeitskosten für die Arbeitgeber fast nirgendwo höher als in Österreich. Ein unhaltbarer Zustand.
Wie es anders geht, zeigen uns vergleichbare europäische Staaten mit gut ausgebauten Sozialsystemen. So verfügen beispielsweise die Dänen oder die Schweden über einen nicht minder guten Wohlfahrtsstaat als die Österreicher. Aber würden österreichische Arbeitnehmer so besteuert wie ihre schwedischen Kollegen, blieben Durchschnittsverdienern 182 Euro netto mehr – pro Monat.[1] Oder 2.184 Euro im Jahr. Da sind bereits alle derzeit in Österreich geplanten Tarifsenkungen eingerechnet.[2] Nicht nur das: Das schwedische Steuersystem kennt auch keine kalte Progression. Konkret werden die Steuerstufen jedes Jahr an die Lohnentwicklung angepasst. Die Arbeitsanreize in Schweden sind also deutlich höher als in Österreich.
Damit sich das Arbeiten auch hierzulande wieder lohnt, ist die Regierung in der Pflicht. Arbeitnehmern muss netto mehr von ihrer Arbeitsleistung bleiben. Um auf eine Arbeitsbelastung in der Nähe des EU-Durchschnitts zu kommen, bräuchte es eine Entlastung von rund zehn Milliarden Euro. Neben den von der Regierung schon angekündigten Maßnahmen für private Haushalte, die sich 2024 auf etwa 4,1 Milliarden Euro (ohne CO2-Bepreisung und Klimabonus) belaufen, müssen weitere Entlastungsschritte mindestens im gleichen Ausmaß umgesetzt werden.

Abbildung 1: Die Arbeit wird in Österreich sehr hoch besteuert
Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten zu gleichen Teilen davon profitieren. Die Arbeitskosten könnten für Unternehmen durch eine Halbierung der Abgaben zum Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) reduziert werden. Damit würde eine Entlastung von 2,5 Milliarden Euro einhergehen. Profitieren sollten außerdem vorrangig mittlere Einkommensbezieher. Sie sind im derzeitigen System überdurchschnittlich stark belastet. Damit der Effekt der Steuersenkung nicht wie in der Vergangenheit nach wenigen Jahren verpufft, muss auch die kalte Progression, wie von allen Parteien versprochen, endlich abgeschafft werden.
- Autor: Hanno Lorenz, Dénes Kucsera
- Themen: 5 Chancen: Eine Roadmap für den österreichischen Arbeitsmarkt, Arbeitsmarkt
- Datum: 25. Februar 2022