Höhere Staatsausgaben werden in Österreich bejubelt, sinkende Steuern als Anschlag auf den Sozialstaat inszeniert.
In Österreich ist vermutlich keine politische Aussage so unumstritten wie jene, dass Arbeitseinkommen zu stark belastet sind. Wer durchschnittlich gut verdient und beim nächsten Mitarbeitergespräch 100 Euro mehr netto im Monat rausholt, wird sich deshalb nur mäßig freuen. Nicht nur, weil ein Hunderter heutzutage schnell unter die Leute gebracht ist. Sondern weil man in Österreich vor allem für den Staat lohnverhandeln geht: 100 Euro netto mehr für einen hart arbeitenden Beschäftigten bedeuten nämlich 115 Euro zusätzlich für den Staat und folglich 215 Euro Mehrkosten für den Arbeitgeber. Das zeigt, dass der Sheriff von Nottingham ein zurückhaltender Mann war, und es erklärt, warum die Bereitschaft, mehr zu arbeiten für immer weniger Menschen eine echte Option ist.
Was läge also näher, als das endlich zu ändern? Wer das versucht, muss mit jeder Menge Gegenwind rechnen, wie sich an den aktuellen Steuerplänen von ÖVP-Kanzler Karl Nehammer zeigt. Geht es nach der ÖVP, wird der Eingangssteuersatz nach der Wahl sinken, die fünfte Steuerstufe gleich ganz gestrichen, während die Lohnnebenkosten schrittweise reduziert werden. Obwohl die Senkung der hohen Arbeitskosten in keinem Parteiprogramm fehlt (auch nicht in jenem der SPÖ), hagelt es von allen politischen Mitbewerbern heftige Kritik. Während die einen den Sozialstaat in Gefahr sehen, monieren andere die fehlende Gegenfinanzierung.
Solide Staatsfinanzen sind sicher kein Fehler. Es zählt aber zu den großen Phänomenen dieses Landes, dass nach der Gegenfinanzierung nur bei Steuersenkungen gefragt wird, explodierende Staatsausgaben aber stets schulterzuckend hingenommen werden. Obwohl die Wirtschaftskraft Österreichs stagniert und der Bundeshaushalt gemessen an den Einnahmen mit 20 Prozent ins Minus rutschen wird, sind zehn Prozent höhere Pensionen und Beamtengehälter offensichtlich locker zu finanzieren. Steigende Staatsausgaben gelten in Österreich grundsätzlich als wohlstandsstiftende Investition in die Zukunft, während niedrigere Steuern als Anschlag auf den Sozialstaat inszeniert werden. Höhere Einkommen werden eben nicht durch mehr Leistung oder mehr „Netto vom Brutto“ sichergestellt, sondern durch ein höheres Taschengeld von Papa Staat.
Vergleichbare Länder zeigen, wie die Arbeitskosten zu senken wären, ohne den Sozialstaat gleich auf Diät zu setzen. Würde ein österreichischer Durchschnittsverdiener besteuert werden wie sein schwedischer Kollege, blieben dem heimischen Arbeitnehmer monatlich 220 Euro mehr netto auf dem Konto. Als Gegenleistung bekommt der schwedische Arbeitnehmer einen fürsorglichen Sozialstaat, einen sanierten Bundeshaushalt und ein ausfinanziertes Pensionssystem, wovon in Österreich nicht wirklich die Rede sein kann. In schwedischen Schulen fällt der Putz nicht von der Decke, die Straßen sind sauber asphaltiert, und die Grundversorgung in den Spitälern steht dem Angebot in Österreich um nichts nach. Das alles schafft Schweden übrigens ganz ohne Vermögens- und Erbschaftssteuern.
Gastkommentar von Franz Schellhorn für den “Kurier” (03.02.2024).
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