Geldpolitik

„Endlich mehr Sozialismus wagen!“, heißt das neue Motto der ÖVP

Die ÖVP lässt derzeit nichts unversucht, um der Bevölkerung zu signalisieren, dass es links von den Konservativen immer enger wird.

In der ÖVP scheint es vor dem heute stattfindenden Parteitag in Graz nur ein großes Ziel zu geben: Der kommunistischen Stadtregierung zu signalisieren, dass sie mit ihren politischen Positionen nicht ganz allein ist. Die Strompreise sind zu hoch? Kein Problem: Bundeskanzler Karl Nehammer will die „Übergewinne“ der staatlichen Energieversorger „abschöpfen“. Wie hoch der Gewinn sein darf, legt künftig der Staat fest. Die Anleger haben die Botschaft verstanden, die Verbund-Aktie verlor innerhalb weniger Tage 18 Prozent. Mit einer einzigen Aussage vernichtete der Kanzler über fünf Milliarden Euro an Unternehmenswert. Ob das den Applaus der Linken wert war, darf bezweifelt werden.  

Mit einer einzigen Aussage vernichtete der Kanzler über fünf Milliarden Euro an Unternehmenswert. Ob das den Applaus der Linken wert war, darf bezweifelt werden.

Wie konservative Politiker anderer Länder auf die hohen Energiepreise reagieren, zeigte der Besuch des Schweizer Finanzministers Ueli Maurer in Wien. Die Gewinne der Energieversorger abzuschöpfen hält er für ein schlechtes Signal an die Investoren. Die Branche stünde vor enormen Investitionen, um die Energieversorgung zu sichern und nachhaltiger zu gestalten. Deshalb freue er sich, wenn die Versorger viel verdienen und gut kapitalisiert seien. 

Sollte die Kanzlerpartei also untätig bleiben? Mitnichten. Aber statt in die Gewinnverteilung börsennotierter Unternehmen einzugreifen, könnte die Regierung der Frage nachgehen, warum es auf dem heimischen Strommarkt kaum Wettbewerb gibt. Liegt es daran, dass zwischen den allesamt im öffentlichen Eigentum stehenden Versorgern ein ziemlich amikales Verhältnis herrscht? Was sich in verlässlich hohen Dividenden für deren Eigentümer, also Bund und Länder, niederschlägt?

Der ÖVP-Chef könnte auch das unternehmerische Geschick der Verbund-Führung hinterfragen. Es gibt kein Naturgesetz, demzufolge der Verbund seinen günstig produzierten Wasserkraft-Strom zum Einheitspreis absetzen muss. Niemand hindert das Unternehmen daran, mit einem kräftigen „Krisenrabatt“ auf Kundenfang zu gehen – und den Landesversorgern die Kundschaft abzujagen. Umsatz ist schließlich Menge mal Preis. Und Gewinn ist Umsatz minus Kosten. Das könnte für den Verbund genauso lukrativ sein wie das Surfen auf der Hochpreiswelle. 

Die Mieten sind zu hoch? Kein Problem: ÖVP-geführte Bundesländer wollen Immobilienspekulanten mit einer saftigen Leerstandsabgabe das Handwerk legen.

Das Linksblinken der ÖVP beschränkt sich leider nicht auf den Energiesektor. Die Mieten sind zu hoch? Kein Problem: ÖVP-geführte Bundesländer wollen Immobilienspekulanten mit einer saftigen Leerstandsabgabe das Handwerk legen. Die Linke ist außer sich vor Freude; ein weiteres ihrer Herzensanliegen wird vom politischen Gegner aufgegriffen. Unterstützung kommt aber auch vom WIFO. Dessen Experte führte zwar im Ö1-„Mittagsjournal“ wortreich aus, warum die Abgabe das Angebot an Mietwohnungen eher nicht erhöhen werde, begrüßt die Maßnahme aber dennoch: Es sei höchste Zeit, dass ungenutzte Wohnungen Geld in die Kassen der Kommunen spülen, um die dörfliche Infrastruktur zu finanzieren. Das ist wenigstens ehrlich. Es geht nicht um mehr Wohnraum, sondern um mehr Geld für die Gemeinden. 

Eine selbstbewusste Wirtschaftspartei könnte sich natürlich fragen, warum Eigentümer ihre Wohnungen lieber leer stehen lassen, also auf Einnahmen verzichten. Vielleicht, weil es im regulierten Markt nicht besonders lukrativ ist, Wohnraum zu vermieten? Wer eine sanierungsbedürftige Altbauwohnung auf Vordermann bringen will, um sie zum staatlich erlaubten Tarif zu vermieten, ist eher ein Menschenfreund, denn ein ruchloser Spekulant. Bei den explodierenden Baukosten rechnet es sich nämlich nicht, 1500 bis 2000 Euro pro m2 in die Sanierung einer Immobilie zu stecken, um sie dann um sieben oder acht Euro je Quadratmeter und Monat vor Steuern zu vermieten. 

Statt das Vermieten attraktiver zu gestalten und gezielt sozial Schwache finanziell zu unterstützen, greift die ÖVP lieber in die Eigentumsrechte von Bürgern ein. Nicht zuletzt sind das die Rechte jener Menschen, die von ihren hoch versteuerten Arbeitseinkommen über Jahrzehnte einen Immobilienkredit abstottern, um sich eine Vorsorge- oder Ferienwohnung zuzulegen. Leistung muss sich schließlich lohnen, wie die ÖVP in Vorwahlzeiten gerne behauptet. Offenbar ist es höchste Zeit, diesen Slogan zu ändern. Ein Vorschlag: Ob sich eure Leistung lohnt, bestimmen immer noch wir.

Kolumne von Franz Schellhorn für die “Presse” (14.05.2022).

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