Innenpolitik

Bruno Kreisky hätte seine Freude an der ÖVP

Das 5-Punkte-Programm der SPÖ zur Inflationsbekämpfung hat alles, was das Sozialistenherz höher schlagen lässt. Viel Platz hat die ÖVP der SPÖ aber nicht übrig gelassen.

Fast alles, was die Sozialdemokraten vorschlagen, hat die ÖVP bereits propagiert.

Leicht ist es für die SPÖ derzeit nicht, wirtschaftspolitisch zu punkten. Das liegt insbesondere an der ÖVP, die ungeniert bei den Roten wildert. Fast alles, was die Sozialdemokraten vorschlagen, hat die Kanzlerpartei bereits propagiert. Sie lässt Sympathien für die Vier-Tage-Woche erkennen, hält die selektive Abschöpfung von Gewinnen für überlegenswert, und sie will, dass der Staat den Großteil der privaten Stromrechnungen übernimmt. Viel Platz bleibt da nicht mehr. Zumal die ÖVP das Land mit geliehenem Geld überschüttet, als wäre Bruno Kreisky ihr wirtschaftspolitischer Leitstern. Allein heuer werden 4,7 Milliarden Euro an Antiteuerungshilfena usgeschüttet. Obwohl der Großteil der Gelder noch nicht geflossen ist, sind weitere Staatshilfen längst in der Pipeline. 

Da wirkt die SPÖ mit ihrem 5-Punkte-Programm zur Bekämpfung der Teuerung wie ein verspäteter Partygast. Dabei ist von der Spritpreisbremse über staatlich regulierte Stromund Gaspreise, einem halbierten Mehrwertsteuersatz auf Lebensmittel und Treibstoffe, eine noch strengere Deckelung der Mieten bis hin zur Abschöpfung sogenannter “Übergewinne” alles dabei, was das sozialistische Herz höherschlagen lässt. 

Slowenien hat den Preisdeckel wieder aufgegeben. Dabei tritt dort gerade das ein, was in allen Lehrbüchern nachzulesen ist: Der Sprit wird knapp.

Ginge es nach der SPÖ, würde Treibstoff maximal 1,5 Euro je Liter kosten. Slowenien hat den Preisdeckel wieder aufgegeben, Ungarn hält (noch) eisern daran fest. Dabei tritt dort gerade das ein, was in allen Lehrbüchern nachzulesen ist: Der Sprit wird knapp. Die Inlandsnachfrage bricht aufgrund der niedrigen Preise alle Rekorde, Raffinerien verkaufen ihre knappen Güter aber lieber dorthin, wo am meisten bezahlt wird. Also in Länder, die keinen Preisdeckel kennen. Aus Knappheit wird Mangel. Dasselbe würde auch im Falle eines Strom- und Gasdeckels passieren. Der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck hat das verstanden. “Kaum jemand würde mehr Strom nach Österreich liefern”, meinte der Grüne unlängst am Rande seines Österreich-Besuchs in einem Interview mit dem “Standard”. 

Davon lässt sich die SPÖ nicht beirren, Erfahrungen aus anderen Ländern hinterlassen keinerlei Wirkung. In Frankreich wurden die Endkundenpreise staatlich vorgegeben. Das brachte die EDF, den größten Energieversorgers des Landes, in Schieflage, weil er Strom unter den Gestehungskosten verkaufen musste. Aufgrund der wegbrechenden Einnahmen konnte der Versorger den Schuldendienst nicht mehr garantieren, die EDF musste für zehn Milliarden Euro vollverstaatlicht werden. Jetzt tragen die Steuerzahler die Schuldenlast. Spanien setzte die Erzeugerpreise staatlich fest, die Versorger werden für die Verluste entschädigt. Das Geld kommt aber nicht aus dem Budget, es wird auf die Stromkunden umgelegt. Sie zahlen sich die Preisbremse de facto selbst. 

Sinkende Mehrwertsteuern wären also eine direkte Subvention für die ohnehin blendend verdienenden Lebensmittel- und Mineralölkonzerne. 

Aber was ist mit der Idee, die Mehrwertsteuern auf Lebensmittel und Treibstoffe zu reduzieren? Das klingt doch vernünftig, zumal im Hochsteuerland Österreich alles für und nichts gegen niedrigere Steuern spricht. Stimmt. In Zeiten herrschender Knappheit freuen sich darüber aber nicht die Verbraucher, sondern die (wenigen) Anbieter. Das Geld würde innerhalb kürzester Zeit in deren Kassen landen. Sie wissen nämlich, welche Preise die Verbraucher zu bezahlen bereit sind: jene, die vor der Steuersenkung anstandslos akzeptiert wurden. Die Preise wären in Windeseile wieder dort, wo sie vorher waren. Und keine Wettbewerbsbehörde der Welt könnte das wirklich kontrollieren. Sinkende Mehrwertsteuern wären also eine direkte Subvention für die ohnehin blendend verdienenden Lebensmittel- und Mineralölkonzerne. 

Deren Gewinne sind der SPÖ aber jetzt schon zu hoch. Weshalb sie diese Profite abschöpfen will. Aber wer soll festlegen, welche Gewinne moralisch vertretbar sind und welche nicht? Die SPÖ, gemeinsam mit der AK und dem ÖGB? Natürlich kann die Politik die Steuern für Unternehmen bestimmen – aber es müssen für alle Unternehmen gleich hohe Steuern sein. Die Politik kann auch bei den allesamt staatlichen Energiekonzernen höhere Dividenden einfordern und dieses Geld an Bedürftige verteilen. Österreich braucht aber keine politische Moralpolizei, die entscheidet, wie hoch Gewinne sein dürfen. Der Vertrauensverlust für den Standort wäre enorm. Jedes profitable Unternehmen würde sich fragen: Wer ist als Nächster dran? 

Die schlechte Nachricht kommt zum Schluss: Die enorme Teuerung kann von keiner Regierung der Welt bekämpft werden, sondern nur von den Notenbanken über eine kräftige Anhebung der Zinsen. Dann wird mehr gespart, weniger investiert und konsumiert, die Nachfrage wird gedämpft. Die Vorschläge von SPÖ und ÖVP halten die Nachfrage hoch. Solange das Angebot knapp ist, heizt das die Inflation weiter an. Viel vernünftiger wäre es, mit gezielten Zuwendungen die Ärmsten zu unterstützen. Und die Steuern für alle anderen zu senken, damit sie mit den Belastungen besser zurechtkommen. Ein derartiger Vorschlag von der SPÖ wäre mal was Neues. Vielleicht ändert sie ja die Strategie und beginnt irgendwann damit, die ÖVP rechts zu überholen.

Kolumne von Franz Schellhorn im “Profil” (12.08.2022).

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