Innenpolitik

Liebes Christkind, wie wäre es mit etwas Realitätssinn für Österreich?

Österreich hat kein berauschendes Jahr hinter sich und ein nicht sonderlich vielversprechendes Jahr vor sich: Die Wirtschaft schrumpft, die Lohnstückkosten steigen durch die hohen Lohnabschlüsse schneller als in allen anderen westeuropäischen Industrieländern und zu allem Überfluss wird auch noch gewählt, was dem ohnehin schwer in Mitleidenschaft gezogenen Staatshaushalt nicht besonders gut tun wird. Das alles scheint aber niemanden wirklich zu beunruhigen. Alles geht seinen gewohnten Gang, Österreich hat sich längst seine eigene Realität gezimmert. 

Wir leben in einem Land, dem die hohe Teuerung nicht viel anhaben kann. Einerseits gleichen die Arbeitgeber den Beschäftigten die steigenden Preise über höhere Löhne aus, andererseits steckt der Staat allen Bürgern noch zusätzlich Geld zu, damit sie mit der hohen Teuerung zurechtkommen. So werden nicht nur die Strompreise vom Staat „gebremst“, sondern auch die Mieten. Mit einem feinen Unterschied: Während die staatlichen Stromversorger die Differenz zu den Marktpreisen von den Steuerzahlern ersetzt bekommen, bleiben die privaten Vermieter, auch die gemeinnützigen, auf ihrem Verlust sitzen. Deren Einnahmen verlieren jährlich entschädigungslos an Wert. In ein paar Jahren wird sich die Politik fragen, warum immer weniger Wohnungen saniert und vermietet werden. 

Wir brauchen kein Christkind, wir haben ja den Staat.

Der Staat kümmert sich aber nicht nur um die Mieter, sondern auch um Immobilienbesitzer. Genauer gesagt um jene, die sich ihren Traum vom Eigenheim mit variabel verzinsten Krediten erfüllten. Und das zu einer Zeit, als die Zinsen im Keller waren – also nicht weiter fallen konnten. Weshalb sich jeder zweite Kreditnehmer für einen Fixzinskredit entschied, zumal dieser zu historisch niedrigen 1,5 Prozent zu haben war. Eine goldrichtige Entscheidung, wie sich angesichts der mittlerweile deutlich gestiegenen Zinsen zeigen sollte. Die Grünen wollen nun aber jene Immobilienbesitzer nicht im Stich lassen, die auf anhaltend niedrige Zinsen spekulierten: Ihnen müsse der Staat das Recht einräumen, ihren variabel verzinsten Kredit rückwirkend in einen niedrig verzinsten Fixkredit umzuwandeln. Die ÖVP ist gesprächsbereit. Der nächste logische Schritt wäre, dass alle, die im Spielcasino blöderweise auf Schwarz gesetzt haben, die Chance bekommen sollten, sich rückwirkend für Rot entscheiden zu können.

Wir leben aber auch in einem Land, das sich gerne als knallharter Sparmeister inszeniert. Mit Erfolg: In Europa gilt Österreich als Hort der budgetären Stabilität, der als Teil der „frugalen“ Staaten anderen Ländern ein Vorbild in Sachen Haushaltsführung ist. So durften sich etwa die Griechen von Österreich erklären lassen, wo sie den Sparstift anzusetzen haben. Von einem Land, das besagten Sparstift nur aus Erzählungen kennt. Österreich hat in den vergangenen 50 Jahren einen einzigen Budgetüberschuss im Bundeshaushalt geschafft; ein Missgeschick, das sich so schnell nicht wiederholen wird: Bis 2027 sind verlässlich Defizite eingeplant. Nächstes Jahr wird das Minus bei 20 Prozent der Einnahmen liegen, was die Bundesregierung aber nicht davon abhält, die Gehälter im öffentlichen Dienst um rund zehn Prozent zu erhöhen. Budgetdefizit hin oder her, der Staat müsse schließlich als Arbeitgeber attraktiv bleiben, wie aus Regierungskreisen zu hören ist. Das dürfte gelungen sein. 

Österreich hat in den vergangenen 50 Jahren einen einzigen Budgetüberschuss im Bundeshaushalt geschafft.

Die hohen Lohnabschlüsse im Staatsdienst führten aber auch dazu, dass die im freien Wettbewerb stehenden Branchen nachziehen mussten. Womit sich die Lohn-Preis-Spirale mit hoher Geschwindigkeit weiterdreht. Durch die Lohnabschlüsse sind die Arbeitskosten in nur drei Jahren um 21 Prozent gestiegen. Die Exportwirtschaft preist sich gerade aus den Märkten, im Inland werden die steigenden Löhne nach Möglichkeit überwälzt. Und 2024 werden sich wieder alle wundern, warum die Preise in Österreich schneller steigen als anderswo. Die Arbeiterkammer wird wie gewohnt gegen „gierige Unternehmer“ kampagnisieren, während die Regierung mit noch höheren Staatsausgaben gegen die galoppierende Inflation vorgehen wird. Ein altbewährtes Hausmittel aus dem Medikamentenschrank der „Venezolanischen Schule der Nationalökonomie“. Aber wer weiß, vielleicht legt das Christkind ja noch etwas Realitätssinn unter den Weihnachtsbaum. 

Kolumne von Franz Schellhorn in der „Presse“ (23.12.2023).

"Grafik der Woche" abonnieren

Jetzt anmelden und jeden Montag die beliebte Grafik der Woche mit erhellenden Daten, Fakten und aktuellen Analysen aus Wirtschaft und Politik erhalten.

Immer up-to-date

GRAFIK DER WOCHE & NEWSLETTER

Wissen was passiert: Unsere "Grafik der Woche" bekommen Sie pünktlich jeden Montag, außerdem informieren wir Sie über aktuelle Events, Vorträge, Themen in unserem Umfeld.

Zum Absenden des Formulars muss Google reCAPTCHA geladen werden.
Google reCAPTCHA Datenschutzerklärung

Alle Google reCAPTCHA laden

CiAgICAgICAgICAgICAgICA8YnV0dG9uIHR5cGU9InN1Ym1pdCIgbmFtZT0ic3VibWl0IiBjbGFzcz0iYnV0dG9uIGV4cGFuZGVkIGpzLW5ld3NsZXR0ZXItYnV0dG9uIgogICAgICAgICAgICAgICAgICAgIHN0eWxlPSJiYWNrZ3JvdW5kLWNvbG9yOiBjb2xvci1taXgoaW4gc3JnYiwgIzAwNjc4MCA2MCUsICMwMDApOyIKICAgICAgICAgICAgICAgID5BYm9ubmllcmVuCiAgICAgICAgICAgICAgICA8L2J1dHRvbj4KICAgICAgICAgICAgICAgIA==

Mit dem Absenden des Formulars nehmen Sie die Datenschutzerklärung zur Kenntnis. Datenschutzhinweise und Cookiebestimmungen

NEWSLETTER
Vielen Dank für Ihre Anmeldung! Sie erhalten nun eine Bestätigungs-E-Mail (bitte prüfen Sie auch Ihren Spam-Ordner) mit einem Link zur Bestätigung der Anmeldung.
Sollte sich Ihre E-Mail-Adresse bereits in unserem System befinden, erhalten Sie stattdessen eine E-Mail mit einem Link um Ihre Einstellungen anzupassen.

Immer up-to-date

ANMELDUNG ZU VERANSTALTUNGEN

Zum Absenden des Formulars muss Google reCAPTCHA geladen werden.
Google reCAPTCHA Datenschutzerklärung

Alle Google reCAPTCHA laden

CiAgICAgICAgICAgICAgICA8YnV0dG9uIHR5cGU9InN1Ym1pdCIgbmFtZT0ic3VibWl0IiBjbGFzcz0iYnV0dG9uIGV4cGFuZGVkIGpzLW5ld3NsZXR0ZXItYnV0dG9uIgogICAgICAgICAgICAgICAgICAgIHN0eWxlPSJiYWNrZ3JvdW5kLWNvbG9yOiBjb2xvci1taXgoaW4gc3JnYiwgIzAwNjc4MCA2MCUsICMwMDApOyIKICAgICAgICAgICAgICAgID5BYm9ubmllcmVuCiAgICAgICAgICAgICAgICA8L2J1dHRvbj4KICAgICAgICAgICAgICAgIA==

Mit dem Absenden des Formulars nimmst Du die Datenschutzerklärung zur Kenntnis. Datenschutzhinweise und Cookiebestimmungen

ANMELDUNG ZU VERANSTALTUNGEN
Vielen Dank für Deine Anmeldung! Du erhältst nun eine Bestätigungs-E-Mail (bitte prüfen auch Deinen Spam-Ordner) mit einem Link zur Bestätigung der Anmeldung.
Sollte sich Deine E-Mail-Adresse bereits in unserem System befinden, erhältst Du stattdessen eine E-Mail mit einem Link um Deine Einstellungen anzupassen.

Immer up-to-date

Jetzt zum Newsletter anmelden
und ein kostenloses Exemplar der Grafiksammlung erhalten!

Zum Absenden des Formulars muss Google reCAPTCHA geladen werden.
Google reCAPTCHA Datenschutzerklärung

Alle Google reCAPTCHA laden

CiAgICAgICAgICAgICAgICA8YnV0dG9uIHR5cGU9InN1Ym1pdCIgbmFtZT0ic3VibWl0IiBjbGFzcz0iYnV0dG9uIGV4cGFuZGVkIGpzLW5ld3NsZXR0ZXItYnV0dG9uIgogICAgICAgICAgICAgICAgICAgIHN0eWxlPSJiYWNrZ3JvdW5kLWNvbG9yOiBjb2xvci1taXgoaW4gc3JnYiwgIzAwNjc4MCA2MCUsICMwMDApOyIKICAgICAgICAgICAgICAgID5BYm9ubmllcmVuCiAgICAgICAgICAgICAgICA8L2J1dHRvbj4KICAgICAgICAgICAgICAgIA==

Mit dem Absenden des Formulars nehmen Sie die Datenschutzerklärung zur Kenntnis. Datenschutzhinweise und Cookiebestimmungen

NEWSLETTER
Vielen Dank für Ihre Anmeldung! Sie erhalten nun eine Bestätigungs-E-Mail (bitte prüfen Sie auch Ihren Spam-Ordner) mit einem Link zur Bestätigung der Anmeldung.
Sollte sich Ihre E-Mail-Adresse bereits in unserem System befinden, erhalten Sie stattdessen eine E-Mail mit einem Link um Ihre Einstellungen anzupassen.

Agenda Austria – der erste unabhängige Thinktank Österreichs.

Gegründet um das Land in wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Belangen zu öffnen und neue Antworten auf die großen Herausforderungen zu liefern.

Lernen Sie uns kennen