Finanzminister Magnus Brunner hat seine erste Budgetrede gehalten. Auch der kommende Haushalt setzt auf Schulden und lässt strukturelle Maßnahmen weitgehend vermissen. Immerhin wird die kalte Progression abgeschafft.
Gießkanne möchte man in diesen Tagen wahrlich nicht sein. Wie kein anderes Gartenutensil muss sie wieder und wieder als sprachliches Bild für die Haushaltspolitik der Regierung herhalten. Wäre der österreichische Bundeshaushalt tatsächlich ein Garten, müsste sich Chefgärtner Magnus Brunner bei so viel Gießkanne eigentlich auf eine satte Ernte und neidische Blicke der Nachbarn freuen dürfen.
Doch leider gleicht auch das diesjährige Budget eher jenen leicht vernachlässigten Gemeinschaftsgärten, um die sich keiner so recht kümmert. Wildwuchs überall und mehr helfende Hände bei der Ernte als bei der Aussaat. Unter den wenigen genießbaren Früchten findet sich immerhin die Abschaffung der kalten Progression. Sie ist zwar schon etwas überreif und ein bisschen wurmstichig, da die Besteuerung der Inflationsabgeltung der Löhne automatisch nur zu zwei Dritteln abgeschafft wurde, aber immerhin gelang es endlich, sie einzufahren. Erntedank gibt es auch für den Einstieg in die CO2-Besteuerung und deren automatische Kompensation für die Haushalte durch den Klimabonus.
Abgesehen davon bieten die Beete einen eher traurigen Anblick. Doch damit vorerst genug der Garten-Metaphern. Es sind nicht nur die sündhaft teuren Entlastungspakete, die Sorgen bereiten. Wie so viele vor ihm schleppt auch dieser Haushalt schwer an den strukturellen Lasten der Vergangenheit. Die notwendigen Steuerzuschüsse in das Pensionssystem steigen weiter an. Inzwischen versenken wir fast die gesamten Lohnsteuereinnahmen im Pensionsloch. Erst diese Woche stellte eine aktuelle Mercer-Studie dem österreichischen Pensionssystem ein verheerendes Zeugnis aus: Letzter Platz unter 44 Ländern in puncto Nachhaltigkeit der Finanzierung. Doch über Reformen wird in Österreich nicht einmal nachgedacht. Ganz im Gegenteil: Auch in diesem Jahr freuen sich die Pensionisten wieder über außertourliche Erhöhungen, von denen Arbeitnehmer wohl nur träumen können. Vor allem die Altlasten der Beamtenpensionen nagen an den finanziellen Spielräumen. Der Bund zahlt den ruhenden Staatsdienern jedes Jahr mehr, als er für Bildung ausgibt.
Damit sich das alles ausgeht, werden wieder ausgiebig Schulden gemacht. Zum Glück kommt uns die Inflation zu Hilfe, um die Schuldenquote wenigstens halbwegs im Rahmen zu halten. Außerdem ist der Schuldendienst für Österreich noch relativ günstig. In den kommenden Jahren wird die Zinslast aber auch hierzulande deutlich ansteigen. Jahr für Jahr wird die Politik dann erklären müssen, warum sie den Gläubigern über acht Milliarden Euro in den Rachen wirft, die man auch in das Bundesheer oder in die Breitbandversorgung weiter Landstriche hätte investieren können.
Etwas fatalistisch betrachtet, kann man der österreichischen Bundesregierung kaum einen Vorwurf machen. Sie setzt nur das um, was ihr die EU neuerdings erlaubt. Das Beihilfenrecht ist inzwischen bis zur Unkenntlichkeit aufgeweicht. Die Mitgliedstaaten dürfen nun eigentlich alles. Nicht nur den gutverdienenden Singlehaushalten, auch den meisten Unternehmen dürfen sie jetzt die Stromrechnung bezuschussen. Wer dafür kein Geld hat, kann es sich leihen. Maastricht ist auf absehbare Zeit nur noch eine Stadt in den Niederlanden. Glück für alle, die mühelos und zu geringem Zins noch neue Gläubiger finden können. Und Pech für alle, denen die Schulden schon bis unters Kinn reichen. Italien hat sich bereits bitterlich über das 200 Milliarden schwere Entlastungspaket der Deutschen beschwert. Selbst schuld, könnte man nun sagen. Aber zu den Aufgaben des europäischen Beihilfenrechts und der gemeinsamen Fiskalregeln hätte es eigentlich schon gehört, genau solche Subventionswettläufe zu verhindern. Wir werden sehen, welchem Land in Europa zuerst die Puste ausgeht, wenn die derzeitige Ausgabenbonanza andauert. Und das wird sie wohl. Immerhin ist noch kein einziges der strukturellen Probleme gelöst, die für die Teuerung verantwortlich sind.
Es bleibt also noch viel Arbeit für die türkis-grünen Gärtner und ihre Nachfolger. Das Pensionssystem muss endlich von den Schlingen des demografischen Wandels befreit werden. Eine Anpassung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters an die steigende Lebenserwartung – vielleicht sogar automatisch, so wie in Schweden – wird unumgänglich sein. Auch von der dringend nötigen Reform des Arbeitslosengeldes hat man in letzter Zeit nicht mehr viel gehört. Eine verbindliche Begrenzung der Staatsausgaben – auch hier sind die Schweden übrigens Vorbild – würde helfen, die Finanzen langfristig zu sanieren und Spielräume für Investitionen zu schaffen. Letztere sind nämlich dringend nötig, zum Beispiel vor dem Hintergrund der Energiewende oder der Digitalisierung.
Sicher, wir sind in einer Krise und können nicht erwarten, dass der Haushalt vor Überschüssen nur so sprudelt. Aber erinnert sich noch jemand an eine Zeit ohne Krise? Die dringend nötigen Strukturreformen dulden keinen Aufschub mehr. Auf ein normales Jahr sollten wir dabei nicht warten.
Gastkommentar von Jan Kluge für den “Standard” (14.10.2022).
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