Droht uns eine Zombie-Apokalypse?
- 11.09.2020
- Lesezeit ca. 3 min
Betriebe, die eigentlich schon wirtschaftlich tot sind, werden künstlich am Leben erhalten.
Der bekannte österreichische Ökonom Joseph Schumpeter beschrieb wirtschaftlichen Fortschritt als Prozess einer permanenten „schöpferischen Zerstörung“, wo Altes verschwindet und Neues entsteht. Unternehmen nicht mit staatlichen Geldern zu unterstützen, wenn dadurch neue, innovative Geschäftsmodelle entstehen, kann also sinnvoll sein.
Der französische Arbeitsmarktökonom Pierre Cahuc hat am Beispiel der Kurzarbeit beschrieben, wie diese schöpferische Zerstörung durch öffentliche Eingriffe behindert werden kann: Entlassen eingesessene Firmen weniger Leute, sind neue Unternehmen gefordert, höhere Gehälter zu bezahlen, um Mitarbeiter anzuwerben, sofern sie die benötigten Arbeitskräfte überhaupt finden.
Es entstehen also weniger zukunftsfähige Jobs – und wenn irgendwann die Subventionen auslaufen, fallen auch die alten Arbeitsplätze weg, weil die betroffenen Unternehmen längst nicht mehr überlebensfähig sind.
Man spricht dann von sogenannten Zombie-Unternehmen. Betriebe, die eigentlich schon wirtschaftlich tot sind, werden künstlich am Leben erhalten. Die Erträge sind geringer als ihre laufenden Kosten. Sie können sich nur mit der Aufnahme neuer, sehr günstiger Schulden (oder staatlicher Hilfen) über Wasser halten. Sie sind im Grunde Beinahe-Pleite-Kandidaten.
Geldmittel, die Zombie-Unternehmen erhalten, stehen anderen nicht zur Verfügung. Das Kapital wird über die Kreditvergabe fehlgelenkt und verhindert so die für das Wachstum wichtige Produktivitätssteigerung. Die Arbeitslosenquote steigt, die Zahl der offenen Stellen sinkt. Daher kann es aber auch sein, dass neue Unternehmen in Krisenzeiten kaum Probleme haben, gute Leute zu finden. Andererseits ermöglichen es die staatlichen Gelder auch den etablierten Firmen, ihr Geschäftsmodell umzubauen. Aus volkswirtschaftlicher Sicht kann das durchaus vorteilhaft sein und so kann das Modell der Kurzarbeit den „Transformationsprozess“ der Wirtschaft unterstützen, vor allem wenn es durch Weiterbildungsangebote für die Mitarbeiter ergänzt wird.
Entscheidend ist daher der Ursprung der Krise: Eine strukturelle Krise lässt sich mit einem Instrument wie der Kurzarbeit nur bedingt abfedern, ein Nachfrageausfall wie in der Finanzkrise dagegen eher.
Das Problem ist, dass man derzeit nicht genau sagen kann, wie groß der strukturelle Anteil an der gegenwärtigen Krise ist. Werden die alten Geschäftsmodelle zurückkehren, sobald die Nachfrage stabilisiert wurde, oder verschwinden ganze Teile der Wirtschaft permanent?
Man kann schon vermuten, dass viele Änderungen auf Dauer bleiben: Video-Konferenzen, Homeoffice oder Online-Handel blühen, und es ist wenig wahrscheinlich, dass wir komplett zu den alten Modellen zurückkehren. In anderen Branchen, wie beispielsweise dem Tourismus, boomen zwar gerade innovative Ideen, wie virtuelle Museumsbesuche. Aber auf das Skifahren werden viele Menschen wohl doch nicht so schnell verzichten.
Kolumne von Monika Köppl-Turyna in der „Wiener Zeitung“ (28.08.2020)
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