Zum ersten Mal in seiner Geschichte hat sich das deutsche Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gegen den Europäischen Gerichtshof (EuGH) gestellt. Das Höchstgericht vertritt die Auffassung, dass der Ankauf von Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank in Teilen gegen das deutsche Grundgesetz verstößt. Die EZB hat drei Monate Zeit zu beweisen, dass die Ankäufe doch rechtmäßig sind und in ihren Zuständigkeitsbereich fallen. Ansonsten muss die Deutsche Bundesbank, die im Namen der EZB deutsche Staatsanleihen kauft, diese Käufe einstellen.
Das Urteil aus Karlsruhe dürfte also weitreichende Folgen für die EZB-Politik in Frankfurt und für die gesamte Eurozone haben. Erst recht mitten in der Coronakrise. Denn das kürzlich beschlossene EZB-Maßnahmenpaket ähnelt jenem des Anleihenkaufs, das die deutschen Richter verurteilen. Es kann also passieren, dass das Bundesverfassungsgericht auch ein Urteil gegen das Corona-Programm fällen wird – und so erneut dem EuGH widerspricht.
Aus Karlsruher Sicht sind die Ankäufe von Staatsanleihen durch die EZB zwar EU-rechtskonform. Allerdings habe die EZB zu wenig auf die Verhältnismäßigkeit geachtet, die Folgen für die deutschen Bürger hätten stärker berücksichtigt und argumentiert werden müssen. Wird das Höchstgericht im nächsten Schritt dieses Corona-Programm zerlegen? Ist das aktuelle Urteil auch ein Zeichen gegen die Eurobonds, die sich Frankreich und Italien wünschen? Das Urteil schafft mehr neue Unsicherheiten, als es alte beseitigt.
Dass Karlsruhe sich erstmals gegen den EuGH stellt, eröffnet ganz neue Möglichkeiten. Das Urteil stärkt das deutsche Selbstbewusstsein in der Eurozone und es schränkt die EZB bei ihren Krisenmaßnahmen ein. Eines ist klar: Es zeugt nicht von übertriebener europäischer Solidarität, wenn das Verfassungsgericht eines Nationalstaates gegen ein so großes Programm der EZB urteilt und die langfristigen Auswirkungen ähnlicher Urteile unabsehbar sind. Aber gleichzeitig braucht Macht Kontrolle – und die EZB muss es sich gefallen lassen, kritisch beurteilt zu werden.
Gastkommentar von Heike Lehner in der „Kleinen Zeitung“ (08.05.2020)
Die Finanzpolitik in Europa steht derzeit unter steigendem Druck. Nicht nur die Jahre der Corona-Pandemie und der Teuerungskrise haben die Schulden steigen lassen. Auch in wirtschaftlich guten Jahren wurde fleißig mehr Geld ausgegeben als eingenommen. Nun steigen die Zinsen – aber die Staatsausgaben wachsen munter weiter.
Um zu analysieren, ob der aktuelle EZB-Zinssatz dazu beiträgt, braucht es ein adäquates Maß dafür, was denn der theoretisch „richtige“ Zinssatz für Österreich wäre. Die EZB selbst trifft ihre Zinsentscheidungen nämlich durch Abstimmung der teilnehmenden Gouverneure; sie folgt keiner deterministischen Regel.
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