Eine Steuerreform für die Ewigkeit: Die kalte Progression muss weg
- 06.06.2022
- Lesezeit ca. 3 min
Verteilung und Armutsgefährdung
Wie erwähnt trifft die kalte Progression auch Bezieher niedriger Einkommen relativ stark. Eine Abschaffung dieser Sondersteuer käme also nicht nur den Spitzenverdienern zugute und würde zu einem geringen Anstieg der Ungleichheit der Einkommen in Österreich führen. Im internationalen Vergleich bliebe die Einkommensungleichheit in Österreich damit weiterhin sehr gering.
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Es ist gut und richtig, dass die Abschaffung der kalten Progression endlich wieder auf höchster politischer Ebene diskutiert wird. Den Ankündigungen müssen aber endlich Taten folgen. An einer Abschaffung dieser Inflationssteuer führt gerade jetzt kein Weg vorbei. Die Abschaffung der kalten Progression ist auch keine Steuersenkung, wie manche behaupten. Es geht nur darum, geheime Steuererhöhungen zu beenden.
Es ist falsch, dass damit ein Sozialabbau einherginge oder der politische Handlungsspielraum zu sehr eingeschränkt würde. Hochentwickelte Wohlfahrtsstaaten wie die Schweiz und Schweden zeigen, dass die Abschaffung der kalten Progression keine negativen Folgen für die Sozialpolitik hat. Im Gegenteil, sie eröffnet die Möglichkeit, offen über Reformen im Steuersystem zu diskutieren. Jeder Regierung steht es weiterhin frei, über Steuersenkungen oder auch -erhöhungen ihre Schwerpunkte zu setzen. Die kalte Progression sorgt lediglich dafür, dass sich der Finanzminister die Finanzierung dafür ungefragt bereits im Vorfeld der Reform beschafft. Ohne dieses üppige Taschengeld müssten echte Reformen die Finanzierung sicherstellen.
Für eine Steuerreform müsste sich die Regierung demokratisch legitimierte Mehrheiten besorgen, so wie man das in einer entwickelten Demokratie erwarten kann. Um die hohe Belastung des Faktors Arbeit nicht noch weiter steigen zu lassen, plädieren wir von der Agenda Austria für eine jährliche und automatische Anpassung des Steuersystems. Wenigstens die kalte Progression muss zur Gänze abgeschafft werden, wie dies in der Schweiz der Fall ist. Die Abschaffung sollte für alle Steuerstufen gelten. Eine automatische Inflationsanpassung von Steuertarifen sowie Absetz- und Freibeträgen sollte am besten in der Verfassung verankert werden.
Eine Anpassung an die Entwicklung der Nominallöhne nach schwedischem Vorbild wäre noch ein Schritt weiter. Eine solche Maßnahme würde nicht nur die kalte Progression ausgleichen, sondern auch jene Progression, die auf reale Lohnzuwächse zurückzuführen ist. Im Ergebnis würde die Belastungsquote der Steuerzahler konstant bleiben und der Staat trotzdem von höheren Einnahmen profitieren.
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