Innenpolitik

Eine Steuerreform für die Ewigkeit: Die kalte Progression muss weg

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Welches Modell bringt wie viel?

In den kommenden drei Jahren werden die Entlastungsschritte der jüngsten türkis-grünen Steuerreform greifen. Die Reform sollte die kalte Progression seit der Tarifreform von 2016 kompensieren. Auf die aktuelle und künftige Entwicklung der kalten Progression haben die Entlastungen keine Auswirkung.

Wenn die Inflationsrate so hoch ist wie jetzt, bringt die kalte Progression dem Finanzminister besonders viel Geld.

Wenn die Inflationsrate so hoch ist wie jetzt, bringt die kalte Progression dem Finanzminister besonders viel Geld.[1] Im Vorjahr lag die Jahresinflation in Österreich bei 2,8 Prozent und damit bereits über der Preiswertstabilität, die von der EZB mittelfristig bei zwei Prozent gesehen wird. In ihrer Prognose vom März 2022 geht die Österreichische Nationalbank (OeNB) von einer Preissteigerung (harmonisierter Verbraucherpreisindex – HVPI) von 5,3 Prozent für heuer, 2,9 Prozent im kommenden Jahr sowie 2,3 Prozent für 2024 aus.

Ohne Reform würde die kalte Progression in den Jahren 2022 bis inklusive 2025 zu zusätzlichen Staatseinnahmen von über zehn Milliarden Euro führen. Verschärft sich der Ukraine-Krieg und folgen noch höhere Inflationsraten[2]würde die versteckte Belastung auf mehr als 14 Milliarden Euro steigen.

Würde die Bundesregierung das Steuersystem jedes Jahr pauschal mit dem Inflationsziel der EZB von zwei Prozent anpassen (Modell Spanien), würde sich zwar das Ausmaß der kalten Progression spürbar reduzieren. Weil die Inflationsraten derzeit aber deutlich über diesem Zielwert liegen, müssten die Steuerzahler bis 2025 immer noch 4,4 Milliarden Euro mehr abgeben, als ihren realen Lohnzuwächsen entspräche.[3]

Eine jährliche Anpassung der Tarifgrenzen an die Inflation (Modell Schweiz) würde die kalte Progression in Österreich vollständig ausgleichen.

Würden die Tarifstufen angepasst, sobald die Preissteigerungen fünf Prozent erreichen (Modell Mexiko), blieben von der kalten Progression bis 2025 noch 1,7 Milliarden Euro übrig.[4] Der größte Makel einer solchen Regelung liegt aber in der zeitlichen Verzögerung: Da eine Anpassung nicht jährlich erfolgt, wird nur ein Teil der kalten Progression verhindert. Jedes Jahr ohne entsprechende Korrektur bedeutet eine steuerliche Mehrbelastung. Besonders in Zeiten niedriger Inflationsraten dauert es mitunter sehr lange, bis eine Anpassung stattfinden kann. Eine jährliche Anpassung der Tarifgrenzen an die Inflation (Modell Schweiz) würde die kalte Progression in Österreich vollständig ausgleichen.[5]

Bei einer jährlichen Anpassung an die Nominallohnentwicklung (Modell Schweden) würden die Steuereinnahmen zwar steigen, die kalte Progression würde den Arbeitnehmern aber vollständig zurückgegeben. Darüber hinaus bliebe auch die Abgabenbelastung konstant. Daher könnten höhere Reallöhne nicht zu einem überproportionalen Anstieg der Steuern führen. Die Entlastung wäre bis 2025 um 1,2 Milliarden Euro höher als die Wirkung der kalten Progression in Österreich.[6]

Eine Nicht-Anpassung der Tarifstufen vier bis sechs, wie von einigen Verfechtern des Sozialstaates vorgeschlagen, würde fiskalisch keinen großen Unterschied machen, weil der Großteil der Entlastung über die unteren Tarifstufen erfolgt. Übrig bliebe eine Mehrbelastung der Steuerzahler in Höhe von 625 Millionen Euro, summiert über die kommenden vier Jahre. Diese Ungleichbehandlung der Steuerzahler ließe sich also allenfalls ideologisch motiviert argumentieren.

Abbildung 4: So profitiert der Staat von der Inflation

Sollten sich die wirtschaftlichen Bedingungen weiter verschärfen, wonach es derzeit aussieht, werden auch die Teuerung und somit die kalte Progression höher ausfallen. Ohne Anpassung des Steuersystems würden die Arbeitnehmer in diesem Fall bis 2025 insgesamt über 14 Milliarden Euro mehr zahlen. Nur die Modelle in der Schweiz und in Schweden garantieren eine vollständige Kompensation. Alle anderen Varianten würden weiterhin eine erhebliche Belastung der Bürger bedeuten.

Abbildung 5: Kalte Progression steigt bei Verschärfung des Ukraine-Konflikts


Fußnoten

  1. Auch die Dauer bis zur Kompensation spielt eine entscheidende Rolle für die Belastung der Steuerzahler. Je mehr Zeit zwischen den Anpassungen der Tarife liegt, desto teurer wird es für die Bürger.
  2. Inflationsraten auf Basis der OeNB-Prognose von März 2022. Bei einer verschärften wirtschaftlichen Lage prognostiziert die OeNB eine Inflation von 9 Prozent heuer, 4,2 Prozent im Jahr 2023 und 2,4 Prozent im Jahr 2024.
  3. Ohne Anpassung der Absetzbeträge bliebe die Belastung sogar bei 5,6 Milliarden Euro.
  4. Ohne Anpassung der Absetzbeträge läge die Belastung bei 3,4 Milliarden Euro.
  5. Ohne Anpassung der Absetzbeträge würde die kalte Progression in dem Modell zu etwa 80 Prozent kompensiert.
  6. Ohne Anpassung der Absetzbeträge beliefe sich die Belastung der kalten Progression auf 1,1 Milliarden Euro.
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