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Die Corona-Krise hat den Sozialstaat stark auf die Probe gestellt. Insgesamt hat er diese Herausforderung aber gut gemeistert.

Die Corona-Krise hat den Sozialstaat stark auf die Probe gestellt. Insgesamt hat er diese Herausforderung aber gut gemeistert. Trotz des historischen Wirtschaftseinbruchs im Pandemie-Jahr 2020 konnten die Einkommen der Haushalte durch die von der Regierung getroffenen Interventionen weitgehend auf Vorkrisenniveau gehalten werden. Dank zusätzlicher Maßnahmen im Zuge der Corona-Hilfspakete konnten insbesondere niedrige Einkommen gestützt werden. Die Armutsgefährdungsrate ist nur minimal angestiegen und die Ungleichheit zwischen den Einkommen ist sogar gesunken.

Arbeitsmarkt stärken: Die nachhaltigste Lösung, den krisenbedingten Einkommensverlusten entgegenzuwirken, ist im Arbeitsmarkt selbst zu finden. Eine Beschäftigung ist die beste Absicherung gegen Armut. Dementsprechend ist die Regierung gefordert, am Arbeitsmarkt Schritte zu setzen, um die langfristigen Folgen von Corona zu minimieren und die bereits zuvor bestehenden strukturellen Probleme zu lösen.

Eine Beschäftigung ist die beste Absicherung gegen Armut.

Weiterqualifizierung vorantreiben: Die Pandemie wird mit hoher Wahrscheinlichkeit dazu führen, dass sich im Aufschwung der Bedarf an Arbeitskräften zwischen den Sektoren verschieben wird. Daher wurde vom AMS die sogenannte Corona-Arbeitsstiftung gegründet. Hier sollen Umschulungen u. a. in Berufe der Bereiche Digitalisierung und Pflege erfolgen. Das AMS sollte den strukturellen Wandel begleiten und arbeitslosen Personen zielgerichtet neue Perspektiven geben.

Dabei sollte in einem ersten Schritt eine Einschätzung erfolgen, welche Branchen und Jobs verstärkt gebraucht werden, wie dies auch bei der bereits beschlossenen Arbeitsstiftung der Fall ist. Im nächsten Schritt gilt es herauszufinden, welche Tätigkeiten und Qualifikationen hierfür benötigt werden. Im dritten Schritt werden die Fähigkeiten der Arbeitssuchenden mit jenen der Unternehmen abgeglichen, um eine zielgerichtete Um- und Weiterqualifizierung zu ermöglichen. Denn nicht jeder Arbeitslose kann und muss zum viel zitierten Programmierer umgeschult werden. Diese Annäherung von Angebot und Nachfrage sollte die Wiedereinstellungswahrscheinlichkeit im Aufschwung deutlich erhöhen. Darüber hinaus verschiebt sich die Nachfrage auch innerhalb eines Sektors hin zu Höherqualifizierten. Daher sollte verstärkt die Umschulung bzw. Weiterbildung innerhalb der Betriebe gefördert werden.

Lohnnebenkosten für neue Jobs senken: Da der Arbeitsmarkt noch länger in der Krise stecken wird, sollte der Staat die Schaffung neuer Stellen unterstützen. Dazu können einerseits im Falle von Neueinstellungen die Sozialversicherungsbeiträge für den Arbeitgeber bis Jahresende 2022 erlassen werden. Alternativ könnten Arbeitgeber für neu geschaffene Beschäftigungen mit einer Förderung von 250 Euro pro Monat (auf Vollzeitbasis) bis Ende 2022 unterstützt werden.

Fast die Hälfte des Arbeitseinkommens landet beim Staat. Auch die Senkung der ersten Tarifstufe im Jahr 2020 hat daran nicht viel geändert.

Arbeitsanreize durch Senkung der Abgabenbelastung erhöhen: Nur in zwei Ländern (Belgien und Deutschland) erhielten Durchschnittsverdiener im Jahr 2020 weniger Nettolohn von ihrer erwirtschafteten Leistung als in Österreich. In anderen Worten: Fast die Hälfte des Arbeitseinkommens landet beim Staat. Auch die Senkung der ersten Tarifstufe im Jahr 2020 hat daran nicht viel geändert. Um wirklich Optimismus zu verbreiten und die Binnennachfrage zu stimulieren, bräuchte es eine konsequentere Senkung als die bereits vor der Krise im Regierungsprogramm vereinbarte. Damit die Arbeitsbelastung auf den EU-Durchschnitt gesenkt werden kann, sollten Steuern und Abgaben um rund zehn Milliarden Euro reduziert werden und damit deutlich stärker, als im aktuellen Regierungsprogramm geplant ist.

Wichtig dabei ist, dass diese Reform auch nachhaltig abgesichert wird. Das bedeutet, dass der Finanzminister auch die schleichende Steuererhöhung namens kalte Progression endlich abschaffen muss. Die Schweiz macht vor, dass dies effizient administriert werden kann, indem Tarifstufen und Absetzbeträge jährlich an die steigenden Preise angepasst werden.

Da der Arbeitsmarkt noch länger in der Krise stecken wird, sollte der Staat die Schaffung neuer Stellen unterstützen.

Langzeitarbeitslosigkeit absenken: Eine Gruppe, die es am Arbeitsmarkt besonders schwer hat, sind Personen, die bereits länger als ein Jahr ohne Beschäftigung sind. Die Vermittlungswahrscheinlichkeit nimmt mit der Dauer der Arbeitslosigkeit ab. Diese Gruppe verzeichnete bereits nach der Finanzkrise deutlichen Zuwachs. Während der Pandemie kamen 50.000 Menschen dazu, Ende März waren insgesamt 191.000 Personen von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen.[1] Die Politik sollte spezielle Unterstützung im Bereich der Langzeitarbeitslosigkeit anbieten. Dabei gilt es hauptsächlich zwei Aspekte zu berücksichtigen:

  • Zugang in die Langzeitarbeitslosigkeit reduzieren: Die beste Strategie ist es, Personen erst gar nicht erst in Langzeitarbeitslosigkeit abrutschen zu lassen, also die Anreize für eine möglichst kurze Verweildauer in der Arbeitslosigkeit bereits zu Beginn entsprechend zu setzen. Dies kann auf durch eine stärkere Förderung der Arbeitssuchenden passieren, aber auch durch erhöhte Anreize auf Arbeitnehmerseite, nicht zu viel Zeit mit der Arbeitssuche zu verbringen. Beispiele aus Europa zeigen, dass ein zu Beginn höheres Arbeitslosengeld, das über die Zeit absinkt, eine wichtige Anreizwirkung darstellen kann. Im internationalen Vergleich ist zu sehen, dass Österreich zu Beginn der Arbeitslosigkeit durchaus höhere Ersatzraten zahlen könnte. Mit zunehmender Dauer sollten diese dann verringert werden. Darüber hinaus gilt es, Risikogruppen der Langzeitarbeitslosigkeit zu adressieren. Dies sind häufig Menschen mit fehlender Qualifikation oder unzureichenden Sprachkenntnissen. Mit besseren Ausbildungsmöglichkeiten können diese Probleme im Vorfeld bereits verhindert werden.
  • Eingliederung in den Arbeitsmarkt fördern: Wie angesprochen mangelt es Langzeitarbeitslosen für eine erfolgreiche Vermittlung oftmals an der entsprechenden Qualifikation. Daher sollte es eine Intensivierung der zielorientierten Qualifizierung geben. Was für die Arbeitslosigkeit allgemein gilt, ist hier besonders wichtig. Dabei muss ein Abwägen zwischen bestehenden Fähigkeiten und gesuchten Qualifikationen erfolgen. Um einer möglichen Stigmatisierung entgegenzuwirken, sollte es zudem Förderprogramme geben, die den Einstieg in den Arbeitsmarkt erleichtern. So könnte für eine begrenzte Dauer ein Teil der Lohnkosten vom Staat getragen werden.

Fußnoten

  1. Langzeitarbeitslosigkeit lässt sich unterschiedlich definieren: Im März 2021 waren 97.000 Menschen mehr als ein Jahr lang ohne Unterbrechung bei AMS gemeldet. Berücksichtigt man in diesem Zeitraum auch jene Personen, die kurzfristige Unterbrechungen der Arbeitslosigkeit (maximal 62 Tage) hatten, dann erhöht sich die Zahl auf knapp 147.000 Personen. Werden auch die Personen, die auf Arbeitssuche, aber kurzfristig aufgrund von Schulungen oder Ähnlichem nicht verfügbar sind, mitberücksichtigt, beläuft sich die Gesamtzahl der Langzeitbeschäftigungslosen auf mehr als 191.000 Personen.
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