Wirtschaftswachstum ist in Österreich zu einem Fremdwort geworden. Nicht nur in der Statistik und in den Prognosen der Institute ist es inzwischen weitgehend der Stagnation gewichen. Auch in den Wahlprogrammen der Parteien kommt es kaum noch vor. Man sollte ja erwarten, dass ein Land, dessen reales Bruttoinlandsprodukt (BIP) sich seit 2019 pro Kopf schlechter entwickelt hat als in jedem anderen Land der EU (vgl. Abbildung 1), sich mit Wachstumsfragen beschäftigen sollte.
Doch statt Reformvorschläge zu unterbreiten, um den Wachstumsmotor wieder anzuwerfen, scheinen die Parteien alles andere wichtiger zu finden. Wir holen die Lupe hervor und suchen die wirtschaftspolitischen Vorschläge der Parteien:
Die ÖVP versteht sich bekanntlich als Wirtschaftspartei. Nun sitzt sie aber schon seit 37 Jahren auf der Regierungsbank und hat vieles von dem, was den Standort derzeit belastet, mitzuverantworten. Immerhin ist ihr Wahlprogramm aber deutlich konkreter als das des politischen Mitbewerbs.
Die Lohnnebenkosten senken wollen zwar viele, aber die ÖVP macht es etwas konkreter und versieht die Entlastung mit einer Gegenfinanzierung; die zwar interessanterweise wiederum auf Wirtschaftswachstum basiert, aber immerhin. Auch weitere geplante Großprojekte der ÖVP würden aufhorchen lassen, wenn sich in diesem Land jemand für Wirtschaft interessieren würde. Das geplante „Standort-Fördergesetz“ basiert vor allem auf einer Körperschaftsteuersenkung und Steuergutschriften bei Ansiedlungen in Österreich. Was vielen Unternehmern gefallen dürfte, ist aber am Ende – ähnlich wie das Vorbild Bidenomics – ein protektionistisches Subventionsprogramm, das europarechtlich fragwürdig und mit bis zu zwei Milliarden Euro pro Jahr geradezu mickrig ist. Zudem ist die Senkung der KöSt die falsche Priorität, wenn man die exzessive Belastung des Faktors Arbeit und den grassierenden Fachkräftemangel betrachtet. Doch mit der angepeilten Senkung der Abgabenquote „in Richtung“ statt wie in früheren Wahlkämpfen „unter“ 40 Prozent backt die ÖVP nun kleinere Brötchen.
Neben vielen weiteren Bekenntnissen zu umfassenden steuerlichen und bürokratischen Entlastungen ist auch ein Dachfonds geplant, aus dem sich Start-Ups mit Wachstumskapital versorgen sollen. Dieser Punkt ist besonders wichtig und ist auch in unserem Plan A zu finden. Doch wie soll der Fonds gespeist werden? In einem Land, in dem die Menschen ihr Geld in die gesetzliche Pensionsversicherung stecken müssen, bleibt für den Kapitalmarkt nicht viel übrig.
Uff, die SPÖ! Sie setzt ja traditionell eher auf Verteilungs- als auf Wachstumsthemen. Wachstum nützt schließlich immer nur den Falschen. Seit Kreisky ist viel Wasser die Donau hinuntergeflossen. Doch der wilde Text, den die SPÖ drei Wochen vor der Wahl nun doch noch zusammengebracht hat, lässt einem den Mund offenstehen.
Im Grunde lässt man Energieexperte Marc Hall das Thema Wachstum im SPÖ-Wahlprogramm abhandeln. Das Wachstum, meint er, müsse von der Klimawende kommen. Er lästert zwar über die Askese der Grünen, doch wo genau nun sein Wachstum herkommen soll, liest man nicht. Wahrscheinlich aus dem geplanten Transformationsfonds. Die dafür benötigten 20 Milliarden Euro sollen aus der Zweckwidmung der ÖBAG-Dividenden kommen. Aha, das reicht aber nicht annähernd und außerdem müssten die Dividenden dann ja von anderen Verwendungen abgezogen werden, wo das Geld dann fehlt. Von etwaigen Steuerentlastungen ist im Programm kaum die Rede. Im Gegenteil: Die geplante Millionärssteuer, die Anhebung der KöSt auf 25 Prozent, die Erhöhung der Bankenabgabe und die vielen kleinen und großen Eingriffe in Preise und Zinsen werden sogar Wachstum kosten. Die SPÖ begnügt sich damit, einen schrumpfenden Kuchen zu verteilen.
Die FPÖ möchte sich offenbar als neue wirtschaftsliberale Kraft präsentieren. Doch hinter Plattitüden wie „Leistung muss sich wieder lohnen“ lugt schnell wieder die alte FPÖ hervor.
Auch die Freiheitlichen wollen die Lohnnebenkosten senken und weitere steuerliche Entlastungen einführen. Außerdem wollen sie die Pflichtmitgliedschaft bei den Kammern abschaffen. Besonders wichtig scheint der FPÖ die Abschaffung der CO2-Steuer. Überhaupt legen sie auf Klimapolitik naturgemäß wenig wert. Steigen die Treibstoffpreise zu stark, sollen ein Preisdeckel und ein Aussetzen der Mineralölsteuer helfen. Die Pendlerpauschale soll erhöht werden. All das ist nett für das Klientel der FPÖ; die Wachstumsimpulse dürften aber äußerst bescheiden sein. Das gilt selbst für die geplante Unterstützung für Kleinunternehmen mit neuen Pauschalierungsmöglichkeiten und einer Reduktion der KöSt auf sagenhafte zehn Prozent für „Kleinst-GmbHs“. Und was machen all die Kleinunternehmer, die nicht körperschaft- sondern einkommensteuerpflichtig sind?
Abgerundet werden die wirtschaftspolitischen Vorstellungen der FPÖ durch eine ordentliche Brise Nationalismus. Betriebe „in österreichischem Besitz, die in Österreich rot-weiß-rote Produkte erzeugen oder verarbeiten“ sollen gefördert werden. Die FPÖ nennt das „Wirtschaftspatriotismus“. Dabei gibt es schon einen Begriff dafür: Protektionismus. Der Kapitalmarktunion wird eine deutliche Abfuhr erteilt. Freihandel kommt nicht einmal vor. Beim wichtigen Standortthema Digitalisierung zeigt sich die FPÖ skeptisch.
Auch die Grünen haben mit dem Thema Wirtschaftswachstum wenig Freude. Zu sehr denken sie dabei an die rauchenden Schlote. Das BIP als Wohlstandsmaß interessiert sie ausdrücklich nicht. Sie denken lieber schon an „beyond growth“.
Aber konsistent ist das Wahlprogramm der Grünen allemal. Alle wirtschaftspolitischen Forderungen haben einen Klimabezug. Das ist nett, aber Wachstum bringt es keins. Die Gewinn-Investitionspflicht für Energieerzeuger nimmt sich angesichts der durchweg staatlichen Energieproduzenten etwas merkwürdig aus und wird die Investitionslust privater Akteure nicht unbedingt erhöhen. Protektionismus wird auch bei den Grünen großgeschrieben. Er kommt zwar nicht mit dem blauen Holzhammer daher; doch die Ansiedlungspolitik für Teile wichtiger Wertschöpfungsketten, die Transformationsförderung aus staatlichen Mitteln und der ausdrückliche Wunsch nach Gold-Plating beim EU-Lieferkettengesetz gehen klar in diese Richtung.
Nicht einmal die liberalen NEOS heben das Thema Wirtschaftswachstum besonders hervor. Ihr Programm enthält zwar eine ganze Reihe von begrüßenswerten Punkten; doch an den Details mangelt es oft.
Die Lohnnebenkosten zu senken und die Pflichtmitgliedschaft bei den Kammern abzuschaffen gehört zum Pflichtprogramm einer liberalen Partei. Die Gewerbeordnung neu zu schreiben und die Ladenöffnungszeiten zu liberalisieren ist nett. Nur wie? Die steuerliche Gleichbehandlung von Eigen- und Fremdkapital ist genauso eine gute Idee wie die digitale Unternehmensgründung innerhalb von 24 Stunden. Doch auch hier fehlt das wie. Immerhin sind die NEOS die einzige Partei, die wenigstens mit anderen demokratischen Staaten wieder Freihandelsabkommen abschließen wollen.
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