Der Sozialstaat ist eine Errungenschaft, um die uns viele Menschen auf der Welt beneiden – aber auch eine finanzielle Belastung, die sich immer schwerer stemmen lässt. Die nächste Regierung wird um Sparmaßnahmen nicht herumkommen, wenn das System zukunftsfit bleiben soll. Für die Bürger muss das nicht unbedingt Verschlechterungen mit sich bringen.
Um unser Sozialversicherungssystem werden wir vielerorts beneidet – der Staat garantiert unter anderem eine Mindestsicherung, eine Mindestpension (die höher ist als die Durchschnittspension in anderen Ländern Europas) und eine Arbeitslosenunterstützung, die dauerhaft bezogen werden kann. Dazu kommt noch eine Fülle anderer Wohltaten wie etwa die Wohnbeihilfe. Das großzügige System verursacht aber hohe Kosten. Der Sozialstaat verschlingt fast ein Drittel der heimischen Wirtschaftsleistung. Im Jahr 2023 lagen die Sozialausgaben bei rund 145 Milliarden Euro.
Finanziert wird das im Wesentlichen von der arbeitenden Bevölkerung und immer weiter steigenden Schulden. Doch mit dem demografischen Wandel wird die Finanzierung immer schwieriger: Bis 2050 wird die Zahl der über 65-Jährigen in Österreich im Vergleich zum Jahr 2024 um mehr als 900.000 steigen. Die Zahl der Personen im erwerbsfähigen Alter (20 bis 65 Jahre) wird im selben Zeitraum um rund 270.000 sinken. Der starke Zufluss an Migranten birgt großes Potenzial, um den Arbeitsmarkt zu stärken, wird aber nicht sinnvoll genutzt. Die Altersfinanzierung verschlingt schon jetzt rund 45 Prozent der Sozialausgaben. Und mit der kommenden Pensionierungswelle der Babyboomer wird die Zahl der Rentner weiter wachsen – und damit auch die Höhe der Kosten (vgl. Abbildung 1).
Eines ist klar: Sollen auch die heute Jungen künftig noch vom gut ausgebauten Sozialstaat profitieren, dann darf der Anteil der Nettozahler nicht weiter absinken. Das ist einerseits durch Reformen im Sozialsystem sicherzustellen. Aber auch die Bevölkerung muss verstehen, dass der Staat nicht jedes Bedürfnis erfüllen und jede kleine Notlage abfedern kann. Einen noch länger anhaltenden Reformstillstand können wir uns schlichtweg nicht leisten. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sieht griechische Verhältnisse auf Österreich zukommen, sollten wir bei den Ausgaben nicht rechtzeitig gegensteuern.
Unser Pensionssystem wurde in einer Zeit konzipiert, in der es viele junge und wenige ältere Menschen gab. Damals bot es sich an, auf ein Umlagesystem zu setzen: Also die Auszahlungen der wenigen Pensionisten über die Beiträge der vielen Erwerbstätigen zu finanzieren. Mittlerweile hat sich das Bild deutlich gewandelt. Wir leben erfreulicherweise immer länger, verbringen die zusätzliche Lebenszeit aber ausschließlich in Pension. Statt länger zu arbeiten, gehen die Österreicher aktuell noch immer so früh wie in den 1970er-Jahren in den Ruhestand, Frauen sogar früher. Während Frauen damals noch durchschnittlich 18,5 Jahre in Pension waren, sind sie es heute bereits 26 Jahre lang. Bis zum Jahr 2060 wird sich die durchschnittliche Pensionsdauer einer Frau – trotz steigendem gesetzlichen AntrittsalterDas gesetzliche Antrittsalter von Frauen wird in Österreich bis 2033 stufenweise auf 65 Jahre angehoben und damit an jenes der Männer angeglichen. Das tatsächliche Antrittsalter liegt aktuell für Männer bei circa 62, für Frauen bei 61 Jahren. – auf fast 30 Jahre belaufen. Bei Männern sind es heute im Schnitt etwas über 20 Jahre; bis 2060 wird sich dieser Wert auf 25 Jahre erhöhen (vgl. Abbildung 2)[1].
Hinzu kommt, dass gleichzeitig die Geburtenrate deutlich gesunken ist. Das führt dazu, dass immer weniger Erwerbstätige das immer teurer werdende Pensionssystem finanzieren müssen. Heute kommen auf einen Pensionisten noch 1,7 Erwerbstätige, im Jahr 2035 werden es weniger als 1,5 und im Jahr 2050 weniger als 1,3 sein. Die daraus entstehende und schnell wachsende Pensionslücke wird über den Zuschuss aus dem Bundesbudget, also mit unserem Steuergeld, geschlossen. Aber auch hier stoßen wir an Grenzen: Der Zuschuss zu den Pensionen ist schon jetzt der größte Ausgabenposten des Staates (vgl. Abbildung 3). Es geht um Mittel, die für Investitionen in die Zukunft oder für Steuersenkungen fehlen.
Fußnoten
Wirtschaftswachstum ist kein Selbstzweck und kein Fetisch neoliberaler Ökonomen oder raffgieriger Unternehmer. Ein höherer Lebensstandard ist ohne Wachstum nicht erreichbar. Auch sozial- und klimapolitische Errungenschaften rücken ohne Wirtschaftswachstum in weite Ferne. Wir präsentieren die Hebel, an denen die künftige Regierung ansetzen muss
Die österreichische Wirtschaft leidet unter Personalmangel. Zugleich nimmt die Arbeitslosigkeit wieder zu und die Teilzeitjobs werden immer mehr. Die nächste Regierung hat es in der Hand, den toxischen Cocktail, der sich auf dem Arbeitsmarkt zusammen
Österreich gibt sehr viel Geld für Bildung aus – und bekommt dafür nur mittelmäßige Resultate. In Schulnoten ausgedrückt verdient der Bereich bestenfalls ein „Befriedigend“. Dabei wäre es gar nicht so schwer, Einserschüler zu werden, auf dem Bildungsmarkt gibt es viele gute Ideen. Die nächste Regierung muss das Rad also nicht neu erf
Eigentlich wollte die Regierung ja die Staatsschulden senken und die Bürger entlasten. Beides ist leider spektakulär misslungen. In der kommenden Legislaturperiode muss die Politik das Ruder herumreißen und einen Sparkurs einschlagen. Die gute Nachricht: Es gibt ziemlich viele Maßnahmen, die man setzen kann.
Wohnen ist in Österreich nicht teurer als in anderen europäischen Ländern. Die Wohnkostenbelastung liegt unter dem EU-Schnitt. Und doch gibt es Verbesserungsbedarf: Künftige Regierungen sollten den Aufbau von Wohneigentum in der Mitte der Gesellschaft erleichtern, den geförderten Mietmarkt treffsicherer machen und dafür sorgen, dass ausreiche
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