
Der digitale Euro
Freiheitskämpfer oder Kontrollfreak?
Was ist der Unterschied zwischen digitalem Zentralbankgeld und Bitcoin?
Es gibt zwei wesentliche Unterschiede zwischen Bitcoin und digitalem Zentralbankgeld. Erstens: Bitcoin kommt ohne zentrale Stelle aus, der man vertrauen muss. Bei digitalen Zentralbankwährungen übernimmt diese Rolle naturgemäß die Zentralbank, die heute schon großes Vertrauen in der Bevölkerung genießt. Das erleichtert die technische Umsetzung enorm, da Dezentralisierung, wie sie bei Bitcoin eingesetzt wird, komplex und ressourcenintensiv ist. Zweitens: Bitcoins „Geldpolitik“ ist jener der Notenbanken diametral entgegengesetzt. Vereinfacht gesagt: Bitcoin ist dazu konzipiert, langfristig im Wert zu steigen. Der Euro, egal in welcher Form, soll langfristig im Wert fallen. Bei einer angestrebten Inflationsrate von zwei Prozent pro Jahr verliert der Euro binnen 35 Jahren die Hälfte seiner Kaufkraft.

Abbildung 3: Weltweit wird es an digitalem Geld gearbeitet
Die Kontrollwährung (China)
Keine große Volkswirtschaft der Welt ist in Sachen digitale Währung so weit wie China. In der Volksrepublik ist bargeldlose Bezahlung längst Standard – eine Folge des durchschlagenden Erfolgs von Alipay und WeChat Pay. Ein Ziel der Notenbank bei der Einführung des digitalen Yuan ist deshalb, die Macht der privaten Anbieter einzudämmen. Die anderen Ziele sind aus europäischer Sicht aber wichtiger: Macht und Kontrolle. Digitale Währungen, die vom Endnutzer direkt gehalten werden, eröffnen eine neue Form des globalen Wettbewerbs der Systeme. China verspricht sich eine stärkere Verbreitung des Yuan im internationalen Handel. Demokratische und juristische Hürden, wie die EZB sie überwinden muss, kennt die Chinesische Volksbank nicht. In China wird der E-Yuan von einer kommunistischen Diktatur eingeführt, die sich massive Fortschritte bei der Überwachung der eigenen Bevölkerung verspricht.
In Zukunft soll jede einzelne Transaktion aufgezeichnet werden. Der E-Yuan soll zudem mit Chinas „sozialem Kreditsystem“ verbunden werden, in dem schon heute Millionen von Chinesen nach ihrer Gesinnung und politischen Verlässlichkeit bewertet werden. Anders als in Europa und den USA ist aus der Zivilgesellschaft kaum Widerstand zu erwarten, was die Verbreitung des E-Yuan in China befeuern dürfte. Bisher laufen zwar nur Pilotprojekte, aber China wird das digitale Zentralbankgeld wohl vor Europa und den USA einführen. Möglicherweise schon kommendes Jahr.[1] Für den Westen eine enorme Herausforderung.
- Autor: Nikolaus Jilch, Heike Lehner
- Themen: Bargeld, Der digitale Euro, digitale Zentralbankwährung, E-Euro, Kryptowährung
- Datum: 01. Juni 2021
Fußnoten
- Vgl. Kharpal (2021). ↩