
Kapitel 4: Die soziale Herkunft der Studierenden im internationalen Vergleich
Österreich, Land der Bildungsaufsteiger
- Vorwort
- Ergebnisse der Studie auf einen Blick
- Einleitung
- Kapitel 1: Bildungsmobilität zwischen den Generationen
- Kapitel 2: Intergenerationeller Bildungsvergleich nach erreichten Bildungsabschlüssen
- Kapitel 3: Die soziale Herkunft der Studienanfänger als Indikator für Bildungsmobilität
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- Empfehlungen der Agenda Austria
- Anhang
- Literatur
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Die Europäische Union hat mit dem länderübergreifenden Projekt EUROSTUDENT ein Netzwerk geschaffen, das – ergänzend zum bestehenden Berichtssystem von Eurostat und Eurydice – ein Monitoring der sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse von Studierenden in Europa erlaubt und politisch relevante Analysen ermöglicht. Der internationale Vergleich im Rahmen der fünften Ausgabe des EUROSTUDENT-Projekts beruht auf der Befragung von insgesamt mehr als 200.000 Studierenden aus insgesamt 29 europäischen Ländern.
Die zentralen Ergebnisse von EUROSTUDENT V sind in der Publikation „Social and Economic Conditions of Student Life in Europe“ zusammen- gefasst.[1]
Grundlage für diese Studie sind nationale Erhebungen auf der Basis eines übereinstimmenden Fragebogens, der in Kooperation der Teilnehmerländer erarbeitet wurde. Die Datenbasis für Österreich bildete die Befragung im Rahmen der Studierenden-Sozialerhebung 2011. An dieser Erhebung, die im Sommersemester 2011 online durchgeführt wurde, haben sich über 44.000 Studierende an Universitäten, Fachhochschulen und Pädagogischen Hochschulen beteiligt.
Im Unterschied zum österreichischen Bericht über die soziale Lage der Studierenden[2] wurden für die Auswertung der Bildungsabschlüsse der Eltern nicht die Daten der Hochschulstatistik über die Studienanfänger, sondern die Daten aller Studierenden aus der Online-Erhebung herangezogen. Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass für den internationalen Vergleich nicht nur die Daten der inländischen Studierenden (Studierende mit österreichischer Staatsbürgerschaft), sondern der in- und ausländischen Studierenden verwendet wurden.
Im Rahmen der EUROSTUDENT-Studie wird danach differenziert, ob die Eltern der Studierenden (d.h. entweder der Vater oder die Mutter) ihren höchsten Bildungsabschluss im tertiären Bereich (Akademikerfamilien) oder im nicht-tertiären Bereich (Primär- und Sekundarstufe) haben. Weiters wird der Anteil der Studierenden mit Eltern aus niedriger Bildungsschicht (maximal Pflichtschulabschluss) erhoben.[3]
4.1 Studierende nach Bildungsabschluss der Eltern
Bildungsabschluss der Eltern von Studierenden im internationalen Vergleich

Abbildung 19.
Anteil an Studierenden, mit Eltern (Vater oder Mutter) mit oder ohne akademischen Abschluss.
Quelle: EUROSTUDENT V (2015), Table A3.1, S. 56 Auswahl
- Im internationalen Vergleich haben in Österreich relativ viele Studierende Eltern ohne akademischen Bildungsabschluss; vergleichsweise wenige Studierende stammen aus Akademikerfamilien.
Gemäß EUROSTUDENT-Studie stammen 67 Prozent der Studierenden aus Elternhäusern, in denen kein Elternteil einen akademischen Abschluss hat. Andererseits kommen lediglich 33 Prozent der Studierenden aus Akademikerfamilien, 29 Prozent haben akademisch gebildete Väter, 18 Prozent haben Mütter mit akademischem Abschluss.[4] Damit liegt Österreich im Spitzenfeld bezüglich der Aufwärtsmobilität unter Studierenden und nach Malta, Italien und Rumänien an vierter Stelle im europäischen Vergleich. - Den höchsten Anteil an „Akademikerkindern“ im Vergleich der ausgewählten Länder haben Dänemark (74 Pro- zent) und Deutschland (70 Prozent). Länder wie Frankreich, Schweden oder Finnland liegen bei einem Anteil von 55 bis 58 Prozent.
- Im Vergleich zu den Daten der Studierenden-Sozialerhebung fällt auf, dass der Anteil der Studienanfänger an Universitäten und Fachhochschulen aus Akademikerfamilien dort mit knapp 27 Prozent niedriger errechnet wurde. Die unterschiedlichen Werte ergeben sich dadurch, dass für den internationalen Vergleich auch die ausländischen Studierenden herangezogen wurden, deren Anteil ca. 25 Prozent der gesamten Studierendenpopulation beträgt. Ausländische Studierende haben einen signifikant höheren sozialen bzw. bildungsmäßigen Hintergrund, der die Durchschnittswerte der Studierenden mit Akademikereltern erhöht.
4.2 Anteil an Studierenden mit niedrigem Bildungshintergrund
Anteil der Studierenden, deren Eltern maximal über einen Abschluss in der Sekundarstufe I (8. Schulstufe) verfügen

Abbildung 20.
Anteil an Studierenden, deren Eltern (Vater oder Mutter) einen Bildungsabschluss maximal in der Sekundarstufe I aufweisen.
Quelle: EUROSTUDENT V (2015), Table A3.1, S. 56 Auswahl
- Beim Anteil der Studierenden aus Familien mit niedrigeren Bildungsabschlüssen (Eltern verfügen maximal über einen Pflichtschulabschluss) liegt Österreich mit fünf Prozent im unteren Drittel der europäischen Länder. Dies steht im Kontrast zu den ansonsten überdurchschnittlichen Werten beim Anteil von Studierenden aus Nicht-Akademikerfamilien. Darin zeigt sich die vergleichsweise geringe Bildungsmobilität in Bevölkerungsschichten mit sehr niedrigem Bildungshintergrund.
Zusammenfassung
Im internationalen Vergleich liegt Österreich bezüglich der Aufwärts- mobilität unter Studierenden im Spitzenfeld. Lediglich drei Länder (Malta, Italien und Rumänien) weisen einen höheren Anteil an Studierenden aus einem Elternhaus ohne akademischen Abschluss auf. Umgekehrt gesehen kommen lediglich 33 Prozent der Studierenden aus Akademikerfamilien, während in Ländern wie Frankreich, Schweden oder Finnland der Anteil von Akademikerkindern bei 55 und 58 Prozent liegt. Lediglich beim Anteil an Studierenden aus Familien, in denen die Eltern höchstens einen Pflicht- schulabschluss aufweisen, liegt Österreich mit fünf Prozent im unteren Drittel der europäischen Länder.
- Autor: Wolfgang Feller
- Themen: Bildungsmobilität
- Datum: 30. März 2016