Diskussion: Mit Vermögensteuern zu mehr Gerechtigkeit?
- 27.10.2014
- Lesezeit ca. 3 min
AK-Direktor Werner Muhm meint, dass der Ungleichverteilung von Vermögen nur mit einer Substanzsteuer beizukommen wäre. Wir von der Agenda Austria sind der Ansicht, dass jede neue Steuer nur eine Reformvermeidungssteuer ist.
Der eine Diskutant witterte eine Vorherrschaft der Wirtschaft, die bereits die demokratischen Strukturen gefährde. Der andere sah eine “Oligarchie der Funktionäre und Kämmerer” am Werk, die Reformen blockiere: Die Diskussion “Arbeit ohne Kapital?”, veranstaltet vom Stiftungsverband am Donnerstagabend, bot die seltene Gelegenheit, AK-Direktor Werner Muhm und Agenda Austria-Chef Franz Schellhorn beim Schlagabtausch zu hören.
Obige Argumente dürften wohl nicht allzu schwer zuordenbar sein. Wenig überraschend forderte Werner Muhm, Mitglied der von der Regierung eingesetzten Steuerreformkommission, die Wiedereinführung der Vermögensteuer. Nur so könne die Ungleichverteilung von Vermögen korrigiert werden. Zudem meinte er, dass “es schwer sein wird, einen fachlich guten Vorschlag für eine Erbschafts- und Schenkungssteuer abzulehnen”. Franz Schellhorn erinnerte daran, dass die klassische Substanzsteuer so gut wie überall abgeschafft wurde (zuletzt in Schweden, Finnland, Italien, Irland, Dänemark und den Niederlanden). Und dass jene Länder, die sie noch einheben, nicht gerade mit einer besonders gleichmäßigen Verteilung von Vermögen auffallen – wie etwa die Schweiz.
Aus Sicht der Agenda Austria wird die Verteilungsdebatte an der falschen Stelle geführt. Viele Menschen werden in diesem Land vom öffentlichen Schulsystem im Stich gelassen, ein Fünftel der 15-Jährigen kann nicht sinnerfassend lesen, ein ebenso hoher Anteil der Pflichtschüler gehört in Mathematik zur Risikogruppe. Ihr Aufstieg endet, bevor er begonnen hat. Hinzu kommt, dass der Ruf nach höheren Steuern auch dazu dient, den wahren Bremser des allgemeinen Wohlstands zu verheimlichen: Das ist der Staat. Er greift bereits auf niedrige Arbeitseinkommen so stark zu, dass niemand mehr über Arbeit zu einem bescheidenen Wohlstand kommen kann, womit den Bürgern der Glaube an den Aufstieg genommen wird. Dabei ist für die Menschen mit einem geringeren Gehalt weniger die Lohnsteuer das Problem, es sind vielmehr die hohen Sozialabgaben.
Zudem wäre jede neue Steuer eine “Reformvermeidungssteuer”, die es der Regierung leichter macht, dringend nötige Veränderungen aufzuschieben. Schließlich ist in der jüngeren Vergangenheit bei allen Plänen, das Steuersystem umzugestalten, immer nur die Gegenfinanzierung von angekündigten Steuersenkungen übrig geblieben. Deshalb hat Österreich heute auch eine Steuer- und Abgabenquote von knapp 45 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung, ohne dass der Staat mit den Rekordeinnahmen das Auslangen fände.
Der AK-Direktor räumte ein, dass auf der Ausgabenseite Spielraum vorhanden sei, etwa beim Thema Föderalismus, der Familienförderung oder den Landwirtschaftssubventionen. Einig waren sich Werner Muhm und Franz Schellhorn jedenfalls darin, dass die Steuer- und Abgabenquote nicht weiter steigen darf bzw. schon zu hoch ist: Der Sozialdemokrat Muhm meint, dass eine Quote von 40 bis 45 Prozent (des BIP, Anm.) reichen muss, um einen gut ausgestatteten Wohlfahrtsstaat zu finanzieren. Das sehen wir auch so.
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