Die jüngsten Krisen haben im österreichischen Staatshaushalt tiefe Spuren hinterlassen. In nur drei Jahren stiegen die Schulden der Republik von 316 auf 361 Milliarden Euro. In der Schweiz gibt es seit mehr als 20 Jahren eine Schuldenbremse. 85 Prozent der Bevölkerung sprachen sich damals dafür aus, die Politiker zur Budgetdisziplin zu zwingen. Im Podcast der Agenda Austria erzählt der Ökonom Christoph Schaltegger, wie es dazu kam, wie die Schuldenbremse funktioniert und welche Effekte sie hat.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Buzzsprout. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf den Button unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Weitere Informationen 'Hören Sie “Eine Frage noch…” auf Apple Podcasts, Spotify und Buzzsprout
Alles begann mit einem weinenden Politiker: „Die 1990er-Jahre waren für die Schweiz schwierig. Wir hatten relativ hohe Arbeitslosigkeit, die demographische Last drückte erstmals auf das Budget, und das Parlament hat es über Jahre nicht geschafft, die Ausgaben zu beschränken“, berichtet Christoph Schaltegger. „Es kam zu dramatischen Situationen. Der damalige Finanzminister Otto Stich brach sogar in Tränen aus, weil es ihm nicht mehr möglich war, die Parlamentsmitglieder zur finanziellen Vernunft zu bringen.“ Stichs Nachfolger im Amt, Kaspar Villiger, habe sich dann sozusagen mit dem Volk gegen das politische Establishment verbündet und die Schuldenbremse auf den Weg gebracht. Deren wesentlichen Effekt beschreibt Ökonom Schaltegger so: „Man lebt nicht mehr im finanziellen Nirvana und in dem Gefühl, dass der Staat für alles und jeden sorgen muss. Eine Schuldenbremse bringt die Wünsche und die Möglichkeiten zusammen. Ich glaube, das ist gute Politik.“
Die Schweizer Schuldenbremse sei relativ simpel gestrickt, sagt Schaltegger. „Es wird geschätzt, wie hoch die Einnahmen des kommenden Jahre sein werden. Läuft die Konjunktur gut, muss ein bisschen mehr eingenommen als ausgegeben werden. In einer Rezession ist es umgekehrt. Aber der Deckel muss eingehalten werden.“ Corona sorgte natürlich auch in der Schweiz zu stark erhöhtem Finanzbedarf. Wie vertrug sich das mit dem Ausgabenlimit?
„Das Design der Schuldenbremse gibt die Möglichkeit, in gewissen Situationen das Limit zu erhöhen. Solche Ausgaben werden außerordentlich verbucht und müssen außerordentlich abgetragen werden.“ Auch das unterliege einem strengen Reglement. Allerdings will der Ökonom die Schweizer Finanzpolitik nicht vorschnell loben. „Wie man so sagt: The proof of the pudding is in the eating. Ob wir in 30 Jahren die Corona-Schulden vollständig abgetragen haben, wird sich noch weisen.“
Die Schuldenbremse ist in der Schweiz nicht unumstritten. Einige Ökonomen sehen das Instrument seit je her kritisch. Die lange Zeit sehr niedrigen Zinsen hätten auch in seiner Heimat die Debatte befeuert, ob man beim Schuldenmachen nicht etwas großzügiger sein könnte, berichtet Christoph Schaltegger. Just Ende des Jahres 2019 stellte der Bundesrat eine Expertengruppe zusammen, die ausloten sollte, ob angesichts der komfortablen Zinsen und des Wirtschaftswachstums nicht mehr Spielraum für Ausgaben eröffnet werden solle. „Die Diskussion hat sich im Februar und März 2020 mit Corona ziemlich schnell erledigt“, sagt der Ökonom. Letztlich habe es die von der Schuldenbremse in den Jahren zuvor geförderte Budgetdisziplin möglich gemacht, in der Pandemie die „finanzpolitische Bazooka“ auszupacken.
Nicht erst seit Corona ist spürbar, dass die Erwartungen der Bürger an den Staat enorm gestiegen sind. Kaum wird es schwierig, soll die Politik helfen. Wie kommen Regierungen da wieder heraus? Letztlich sei der Staat ja dafür da, in Krisen helfend einzugreifen, räumt Christoph Schaltegger ein. Nach seinem persönlichen Empfinden sei die Grenze zwischen Ausnahmesituationen und konjunkturell normalen Zeiten aber immer mehr verschwommen. „Heute ist praktisch Dauerkrise. Deshalb haben einzelne Gruppen immer die Möglichkeit, ihre speziellen Interessen zum Allgemeingut zu machen. Wenn das Schule macht, tun es alle. Das ist eine gefährliche, zersetzende Kraft in einer Demokratie.“ Arbeitgeber seien da übrigens um keinen Deut anders als Unselbständige. „Das habe ich als Ökonom früh gelernt: Die Unternehmen sind kein Hort des ordnungspolitischen Gewissens. Wenn ein Unternehmer merkt, dass er vom Staat profitieren kann, wird er das gerne tun“, sagt Schaltegger.
Nach mehreren Zinserhöhungen durch die Europäische Zentralbank stellt sich die Frage, ob alle Euroländer ihre enormen Schulden langfristig noch bedienen können. Schaltegger sieht ein gewisses Risiko, dass es zu einer neuen europäischen Schuldenkrise kommen könnte. „Die Bruttoschulden einzelner Länder übertreffen bereits den Stand während des Zweiten Weltkriegs. Und bekanntlich gab es nach dem Krieg einige Staatsinsolvenzen.“
Zur Person:
Christoph Schaltegger, 51: Der gebürtige Basler ist Professor für politische Ökonomie an der Universität Luzern und Direktor des Instituts für Schweizer Wirtschaftspolitik (IWP). Er hat mehrere Bücher geschrieben, publiziert regelmäßig in der „Neuen Zürcher Zeitung“ und gehört zu den einflussreichsten Ökonomen des Landes. Am 19. Juni hielt er in der Agenda Austria einen Vortrag über die Schuldenbremse in der Schweiz.
Hören Sie “Eine Frage noch…” auf Apple Podcasts, Spotify und Buzzsprout
Die ÖVP möchte bei den Förderungen den Rotstift ansetzen. Laut Eurostat flossen 2023 rund 33 Milliarden Euro oder 6,9 Prozent des BIP in Förderungen, während der EU-Durchschnitt bei 6,3 Prozent liegt. Vor der Pandemie lag die Förderquote in Österreich bei rund fünf Prozent, wie eine Auswertung der Agenda Austria zeigt. Allein im Jahr 2023 h
Effizienter organisierte Staaten wie die Schweiz oder auch Schweden heben deutlich mehr Steuern lokal ein. Das sorgt für mehr Kostenwahrheit auf der regionalen Ebene und damit auch für geringere Ausgaben insgesamt.
Länder wie die Schweiz und Schweden zeigen, wie ein Staat auch ohne laufende Defizite bestens funktionieren kann. Seit Einführung der Schuldenbremse konnten etwa die Schweizer ihre Schuldenquote im Bund um knapp zehn Prozentpunkte sowie im Gesamtstaat um fast 20 Prozentpunkte in Relation zum BIP senken.
Dieses muss aber nicht durch neue Steuereinnahmen aufgetrieben werden, sondern könnte durch eine Umstrukturierung der Bildungsausgaben frei werden. Hierzulande wird für die frühen Phasen der Bildungskarriere – im Verhältnis zu fortgeschrittenen Ausbildungsstufen – wenig Geld ausgegeben. Länder wie Dänemark, Schweden oder Estland investier
Bei der Arbeitsmarktbeteiligung älterer Menschen gibt es in Österreich noch viel Luft nach oben. Zwar führte der Personalbedarf bereits in den vergangenen Jahren zu einer steigenden Beschäftigungsquote bei Älteren.
Auf Österreich kommen massive demografische Veränderungen zu. Bis zum Jahr 2050 wird die Zahl der Menschen über 65 Jahre um rund 50 Prozent steigen, während die Zahl der 20- bis 65-Jährigen deutlich abnimmt.
Gegründet um das Land in wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Belangen zu öffnen und neue Antworten auf die großen Herausforderungen zu liefern.
Lernen Sie uns kennenSie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Facebook. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Mehr InformationenSie müssen den Inhalt von reCAPTCHA laden, um das Formular abzuschicken. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten mit Drittanbietern ausgetauscht werden.
Mehr InformationenSie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Instagram. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Mehr InformationenSie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von X. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Mehr Informationen