Schuldenbremsen sind besser als ihr Ruf
- 19.10.2019
- Lesezeit ca. 2 min
Das Vorhaben, die Schuldenbremse in der Verfassung zu verankern, scheiterte vergangene Woche im Bundesrat an den Stimmen von SPÖ und Grünen. Aus Sicht vieler Ökonomen ist das eine höchst erfreuliche Nachricht.
Sie halten Schuldenbremsen nämlich für ein Relikt aus längst vergangenen Zeiten, zumal dieselben Experten das Erzielen von Überschüssen geradezu für reaktionär halten. Die Staaten sollten die Nullzinsphase vielmehr dazu nutzen, sich viel stärker zu verschulden, um offensiv in die Zukunft investieren zu können. Mit der Schuldenbremse im Verfassungsrang wäre das nicht mehr möglich gewesen, weil der Republik Österreich dann die Mittel gefehlt hätten, die nötigen Investitionen in die öffentliche Infrastruktur zu investieren oder das für den Klimaschutz benötigte Geld bereitzustellen.
Dabei handelt es sich um eine politische Legende, wonach sich Staaten mit der Einführung von Schuldenbremsen der Möglichkeit berauben würden, in die Zukunft investieren zu können. Schweden und die Schweiz haben seit vielen Jahren funktionierende Schuldenbremsen. Aber von zerbröselnder Infrastruktur, einstürzenden Sozialstaaten und fehlenden Mitteln für den Klimaschutz ist dort weit und breit nichts zu sehen. Ganz im Gegenteil. Beide Länder glänzen mit ausgeglichenen Staatshaushalten, bestens ausgebauten Sozialsystemen, moderner Infrastruktur, hohen Umweltstandards und niedrigen Schuldenständen.
Das ist aber nicht ausschließlich das Ergebnis von Schuldenbremsen. Vielmehr sind die eingezogenen Schuldenbremsen das Ergebnis eines verantwortungsbewussten Umgangs mit fremdem Geld. In genannten Ländern ist es nämlich selbstverständlich, dass in wirtschaftlich guten Jahren Überschüsse abfallen, um die Defizite schlechter Jahre auszugleichen. So wie es in diesen Ländern ebenfalls selbstverständlich ist, die staatlichen Strukturen laufend zu modernisieren, um nicht zu viel Geld für den öffentlichen Konsum zu verwenden sondern mehr in die Zukunft des Landes investieren zu können.
Wohingegen es im heimischen Parlament noch immer selbstverständlich zu sein scheint, im Vorwahlkampf nicht budgetierte Milliarden im Volk zu verteilen. Und das ist die weniger erfreuliche Nachricht.
Gastkommentar von Franz Schellhorn in der “Kleine Zeitung” (19.10.2019).
Mehr interessante Themen
Wie Österreich seine Arbeitnehmer rasiert
In der Europäischen Union wird Arbeit nur in Belgien und Deutschland stärker belastet als in Österreich. Berücksichtigt man auch die in einigen Ländern übliche Versicherungspflicht (verpflichtende Versicherungen, die nicht vom Staat angeboten werden), liegt Österreich auf Platz vier. Hätte Österreich dieselbe Steuer- und Abgabenbelastung w
Wie stark Österreich altert
Während aktuell jeder fünfte Österreicher über 65 Jahre alt ist, wird in zehn Jahren bereits jeder vierte über 65 sein.
Zahlen Familien tatsächlich mehr Steuern als Mateschitz?
Große Aufregung im Neiddebatten-Land Österreich! Das Netzwerk Steuergerechtigkeit will ausgerechnet haben, dass der Milliardär Mark Mateschitz weniger Steuern zahlt als eine Mittelstandsfamilie. Das Netzwerk unterstellte Mateschitz ein fiktives Jahreseinkommen von 1,3 Milliarden Euro und leitete daraus seine Steuerleistung ab, die mit jener eine
Nur Steuersenkung bringt Gerechtigkeit
Nach der ÖVP starten auch Grüne und SPÖ in den Wahlkampf. Da darf der Ruf nach einer Vermögensteuer nicht fehlen.
Aus Staat wird privat
Hätte jemand vor zehn Jahren angefangen, jeden Monat 180 Euro aufs Sparbuch zu legen, dann hätte er zwar real einen Teil seines Vermögenszuwachses schon wieder an die Inflation verloren, trotzdem hat er fast 20.000 Euro zur Verfügung.
Einkommensverteilung der Haushalte in geförderten und ungeförderten Mietwohnungen
Zusätzlich zu den Verteilungen der tatsächlichen Haushaltseinkommen zeigen die gepunkteten Linien die virtuellen Einkommen, wenn jeweils die gesparte Miete hinzugefügt wird.