Was lernen unsere Lehrer?
- 09.02.2017
- Lesezeit ca. 3 min
Bis die „Lehrerausbildung neu“ in den Klassenzimmern wirksam ist, werden noch 15 bis 20 Jahre vergehen. Der entscheidende Ansatz zur Verbesserung der Qualität des Unterrichts liegt daher in der Fortbildung der Lehrer.
In den letzten Monaten und Jahren ist viel über Reformen zur Verbesserung der österreichischen Schulen diskutiert worden. Der beschleunigte gesellschaftliche Wandel, die zunehmende Heterogenität der Schüler durch Migration und die Veränderungen durch die Digitalisierung stellen unser Schulsystem vor die Frage, wie es diesen Herausforderungen am besten begegnen kann.
Im Vordergrund der politischen Diskussion stehen dabei zumeist Struktur- und Organisationsfragen (Schulautonomie), die Ausstattung der Schulen (wie Laptops für alle) oder die Erneuerung der Lehrerausbildung. Über die Fort- und Weiterbildung unserer Lehrer wird nur sehr selten gesprochen. Und wenn, dann im Zusammenhang mit der Frage, wie viele Kurse während der Unterrichtszeit und wie viele während der Ferien besucht werden. Wie der Rechnungshof in einem aktuellen Bericht zeigt, werden 41 Prozent der Kurse während der Kernunterrichtszeit angeboten.
Fortbildung der Lehrer erhöht die Leistung der Schüler
Entscheidend ist aber nicht nur wann die Lehrer weitergebildet werden, sondern in welchen Bereichen. Denn die aktive Gestaltung der Fort- und Weiterbildung der Lehrkräfte ist eine der bedeutendsten Möglichkeiten für die Verbesserung des Unterrichts. Ihre Wirksamkeit tritt in der Regel bereits nach kurzer Frist ein, während eine reformierte Ausbildung junger Lehrer erst mit einer Verzögerung von 15 bis 20 Jahren breitenwirksam in der Schule ankommt. Viele Länder mit herausragenden Ergebnissen in internationalen Leistungsvergleichen haben das erkannt und mit Reformen der Fortbildung darauf reagiert.
In einer aktuellen Untersuchung haben unsere Bildungsexperten Wolfgang Feller und Anna Stürgkh die Organisation der Lehrerfortbildung in Österreich untersucht und mit der Reformpraxis auf europäischer Ebene verglichen (zur Infografik). Eine Reihe dieser Länder haben in den letzten Jahren damit begonnen, den Schwerpunkt bildungspolitischer Reformen mehr und mehr von der Erstausbildung hin zur Fort- und Weiterbildung zu verlagern. Praxisbeispiele aus Liechtenstein, den Niederlanden und Singapur zeigen, welche innovativen Ansätze in anderen Ländern verfolgt werden.
Auf der Basis der internationalen Trends plädieren die Autoren dafür, die Fortbildung als wichtiges Feld der Weiterentwicklung des österreichischen Schulwesens in das Zentrum zukünftiger Reformvorhaben zu stellen.
Beteiligung der Lehrer an Weiterbildung intensivieren
Neben der (begonnenen) Reform der Pädagogischen Hochschulen und des Kursangebots sollte die Beteiligung der Lehrer an Weiterbildung durch folgende Maßnahmen intensiviert und gesteuert werden:
- Im Rahmen der Schulautonomie sollte den Schulen, den Lehrern und den regionalen Behörden je eigene Fortbildungsbudgets übertragen werden. Durch die Möglichkeit der Auswahl privater Anbieter sollte ein Qualitätswettbewerb gefördert werden.
- An den Schulen sollten Strukturen einer professionellen Personalentwicklung eingerichtet werden. Die Steuerung und Verantwortung dafür sollte dem Direktor übertragen werden, anstatt dies alleine dem Lehrer zu überlassen. Dies umfasst die Beratung, das Erstellen der Weiterbildungspläne und die Kontrolle.
- Die Schulleitung sollte auch die Zusammenarbeit der Lehrer untereinander, regelmäßige Hospitationen und die schulinterne Weiterbildung organisieren.
- Als Voraussetzung dafür sollte eine Reform des Lehrerdienstrechts erfolgen, indem Beförderungen und Gehaltsvorrückungen an überprüfbare Erfolge in der Fortbildung geknüpft werden.
- Schließlich sollte im Dienstrecht eine verpflichtende Fortbildung in wesentlich höherem Ausmaß festgelegt werden. Diese sollte an der oberen Bandbreite der europäischen Länder (60-80 Stunden pro Jahr) liegen. Und vor allem in den Ferien absolviert werden.
Der entscheidende Hebel zur Veränderung der Unterrichtspraxis liegt in der Weiterbildung, nicht in der Erstausbildung.
Lesen Sie hier im Detail, wie es um das lebenslange Lernen der Lehrer bestellt ist. Keine Zeit zum Lesen? Unsere Infografik zeigt die wichtigsten Ergebnisse auf einen Blick.
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