Dänemarks Regierung will länger im Land lebende Migranten für gemeinnützige Arbeit heranziehen. Die Empörung ist groß, der politische Erfolg garantiert.
In Dänemark sollen Zuwanderer künftig nur noch dann von der Solidargemeinschaft unterstützt werden, wenn sie bereit sind, auch dafür zu arbeiten. „Wir wollen eine neue Arbeitslogik einführen, bei der die Menschen die Pflicht haben, einen Beitrag zu leisten und sich nützlich zu machen“, wie die dänische Ministerpräsidenten Mette Frederiksen vergangene Woche skizzierte. Wer nach drei bis vier Jahren noch keinen regulären Job gefunden hat und nicht ausreichend dänisch spricht, muss sich anderwärtig nützlich machen. „Das kann ein Job am Strand sein, bei dem man Zigarettenstummel oder Plastik aufsammelt oder Hilfe bei der Lösung verschiedener Aufgaben in Unternehmen leistet“, wie der dänische Arbeitsminister Peter Hummelgaard ergänzt.
Die Arbeitszeit für den Dienst an der Allgemeinheit beträgt mindestens 37 Stunden die Woche. Anlass der Initiative seien die niedrigen Erwerbsquoten bei Frauen aus der Türkei, aus dem Nahen Osten und aus Afrika. „Zu viele Jahre lang haben wir vielen Menschen einen schlechten Dienst erwiesen, indem wir nichts von ihnen verlangt haben“, sagte Frederiksen. Das Wichtigste sei, die Menschen wieder aus ihren Wohnungen herauszubekommen. Denn nur so könne Integration auch funktionieren.
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass diese Vorschläge von einer sozialdemokratischen Regierung kommen. Übrigens von derselben sozialdemokratischen Regierung, die ein Gesetz durchgebracht hat, das die Zuwanderung von Menschen „nicht-westlicher“ Herkunft in dänischen Stadtvierteln auf 30 Prozent beschränken will, um so das Entstehen von Parallelgesellschaften zu verhindern. Nun muss man sich nur einen Moment lang vorstellen, was hierzulande los wäre, wenn derartige Vorschläge von einem Bundeskanzler Sebastian Kurz oder einem Arbeitsminister Martin Kocher ventiliert würden. Die Republik würde brennen, um in den Worten eines früheren AK-Präsidenten zu sprechen. Jedenfalls auf Twitter.
Auch Politiker aus diversen EU-Partnerländern und zahlreiche Kommentatoren zeigten sich ob des sozialdemokratischen Schwenks nach rechts empört. Klar, eine liberale Zuwanderungspolitik sieht anders aus. Dennoch scheint die Premierministerin mit ihrer Politik den Nerv der Bevölkerung zu treffen. Wären kommenden Sonntag Wahlen, könnte Frederiksen mit einem fulminanten Sieg rechnen. Die Kombination aus einer restriktiven Zuwanderungspolitik mit einem großzügigen, aber auch fordernden Sozialstaat scheint bestens anzukommen.
„Fördern und Fordern“ heißt das Motto, das nicht nur für Zuwanderer gilt, sondern für alle Dänen. Auch für jene, die ihren Job verlieren. Sie bekommen bis zu 90 Prozent des Letztgehalts an finanzieller Unterstützung. Sollten die Betroffenen Kinder haben, können es bis zu 100 Prozent werden. Im Gegenzug macht es der dänische Staat seinen Bürgern schwer, zu lange auf Kosten der Steuerzahler zu leben. Mit Fortdauer sinkt die Unterstützung, zudem müssen sich Arbeitslose innerhalb von zwei Wochen nach dem Jobverlust aktiv um eine neue Stelle bemühen. Lehnen sie einen vorgeschlagenen Job ab, wird das Arbeitslosengeld für drei Wochen gestrichen. Wird ein zweites Angebot abgelehnt, geht der Anspruch auf Arbeitslosengeld so lange verloren, bis die betroffene Person innerhalb von drei Monaten mindestens 300 Stunden gearbeitet hat. Hinzu kommt ein weitgehend ungeschützter Arbeitsmarkt, der Unternehmen das Einstellen und Kündigen von Mitarbeitern vergleichsweise leicht macht.
Das Ergebnis dieser „Schröderschen“ Politik? In keinem industrialisierten Land finden Arbeitslose schneller einen neuen Job als in Dänemark. Und fast nirgendwo ist die Zahl der Langzeitarbeitslosen niedriger. In Österreich zeigt sich exakt gegenteiliges Bild. Migranten, die alles hinter sich lassen, werden innerhalb weniger Monate nach ihrer Ankunft vom Sozialstaat zielsicher in die Inaktivität gelotst. Einerseits, weil ihnen der Staat das Arbeiten verbietet. Andererseits, weil Menschen mit niedriger Qualifikation das, was sie vom Staat überwiesen bekommen, am Arbeitsmarkt nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben nie verdienen können.
In Österreich steigt seit vielen Jahren nicht nur die Zahl der Arbeitslosen an, sondern auch die Zahl der offenen Stellen. Gleichzeitig ist die stark steigende Langzeitarbeitslosigkeit zu einem der größten sozialen Probleme in diesem Land geworden. Wer länger als zwölf Monate auf Arbeitssuche ist, hat kaum noch Chancen, einen neuen Job zu finden. Auch weil viele Unternehmen sich Bewerbungen von Langzeitarbeitslosen nicht einmal ansehen.
Statt den unerfreulichen Entwicklungen entschlossen gegenzusteuern, wird in allen österreichischen Parteien nur noch darüber diskutiert, wem der Sozialstaat als nächstes zu Hilfe zu eilen hat. Schwache finanziell zu unterstützen ist wichtig und richtig. Aber vielleicht wäre neben dem vielen Fördern auch ein wenig mehr Fordern die bessere Strategie.
Kolumne von Franz Schellhorn für “profil” (12.09.2021).
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Gegründet um das Land in wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Belangen zu öffnen und neue Antworten auf die großen Herausforderungen zu liefern.
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