Staatshaushalt

Was uns Finanzminister Brunner eigentlich sagen wollte

Mittlerweile versenkt die Republik Österreich fast die gesamten Lohnsteuereinnahmen eines Jahres im Pensionsloch. Unsere Zukunft sind die Rentner.

Es war eine historische Rede, die Finanzminister Magnus Brunner vergangenen Mittwoch im Nationalrat gehalten hat, wie die „Presse“ tags darauf berichtete. Das ist nicht gelogen. Magnus Brunner wird als jener Finanzminister in die Geschichte eingehen, der die unsägliche kalte Progression abgeschafft hat. Dafür gebührt ihm jede Menge Applaus. Brunner hat in seiner 82 Minuten langen Ansprache allerdings mehr verschwiegen als gesagt. Dabei hätte sich die Bevölkerung eine schonungslos offene Budgetrede verdient. Zum Beispiel folgende:

Brunner hat in seiner 82 Minuten langen Ansprache mehr verschwiegen als gesagt.

„Liebe Österreicherinnen und Österreicher! Ein schlechter Tag beginnt mit einem unsanierten Haushalt. Die Bundesregierung wird kommendes Jahr 17 Milliarden Euro an neuen Schulden aufnehmen. Nun wird niemand von uns erwarten, dass wir schon nächstes Jahr Überschüsse abliefern, das gibt die geopolitische Lage einfach nicht her. Aber ganz ehrlich: Auch ohne die milliardenschweren Hilfspakete zur Bekämpfung von Pandemie und Teuerung würden wir 2023 ein Defizit von acht Milliarden Euro schreiben. Obwohl die Steuereinnahmen aufgrund der Inflation nur so sprudeln, werden wir mit dem Geld, das wir Ihnen abknöpfen, auch die nächsten Jahre nicht auskommen. Bis 2026 steigen die Steuereinnahmen um 30 Prozent, dennoch werden wir ohne Unterbrechung neue Defizite erwirtschaften, wodurch sich der Schuldenberg um 68 Milliarden Euro auf fast 400 Milliarden Euro auftürmen wird. Sie sehen, wir haben es mit der Konsolidierung der Staatsfinanzen nicht wirklich eilig. Bleibt es dabei, wird der Bundeshaushalt seit 1955 gezählte 70-mal im Minus abgeschlossen haben, bei einem einzigen Überschuss. Und dieses eine Plus war eigentlich eher ein Versehen.

Dennoch haben mir meine Mitarbeiter geraten, meiner ersten Budgetrede den Titel „Aus Verantwortung für morgen“ zu geben. Das klingt vielversprechend, stimmt aber leider nicht. Die Budgets der kommenden Jahre sind der Verantwortung für das Gestern geschuldet. Unsere Zukunft sind nämlich die Pensionisten. Jährlich übersteigen die Auszahlungen an die Rentner die Einzahlungen der Aktiven um knapp 25 Milliarden Euro, Tendenz steigend. Wir versenken also fast die gesamten Lohnsteuereinnahmen im Pensionsloch. Allein bis 2026 müssen 140 Milliarden Euro aus dem Budget zugeschossen werden, um das Defizit des staatlichen Pensionssystems abzudecken. Eine Summe, die rund 40 Prozent der aktuellen Staatsverschuldung entspricht. Das ist besorgniserregend, zumal die demografische Wende erst an ihrem Anfang steht. Bis 2050 werden über eine Million Pensionisten dazukommen, während die Zahl der Erwerbstätigen um 300.000 schrumpfen wird. Steuert die Regierung nicht gegen, übergeben wir den nachkommenden Generationen einen Sozialstaat, der nicht mehr zu bezahlen sein wird.

Mittlerweile braucht es ein scharfgestelltes Elektronenmikroskop, um die Volkspartei und die SPÖ wirtschaftspolitisch auseinanderzuhalten.

Trotzdem werden Sie richtungsweisende Erneuerungen staatlicher Strukturen in den Budgets der kommenden Jahre vergeblich suchen. Sie fragen sich, warum? Das kann ich Ihnen sagen: Weil es zu mehr in dieser Koalition nicht reicht. Für die Grünen ist der Staat ohnehin der Quell allen wirtschaftlichen Lebens, und bei uns in der ÖVP sieht es nicht viel besser aus. Der ÖAAB (‚Her mit dem Zaster, her mit der Marie‘) und die Länder haben die Partei wieder fest im Griff. Mittlerweile braucht es ein scharfgestelltes Elektronenmikroskop, um die Volkspartei und die SPÖ wirtschaftspolitisch auseinanderzuhalten.

Die Lage ist aber nicht hoffnungslos. Mit den steigenden Zinsen wird sich der Druck auf die Staatsfinanzen erhöhen. Diesen Druck müssen wir als Chance auf Veränderung begreifen. Wir werden uns zwar weiter um die sozial Schwachen kümmern, aber gleichzeitig müssen wir damit aufhören, die ganze Bevölkerung zu Bedürftigen zu erklären und selbst wohlhabende Haushalte mit nicht vorhandenem Geld zu überschwemmen. Wir können die großen Herausforderungen weder mit der Notenpresse lösen, noch die Rechnung jenen Österreichern weiterreichen, die heute die Schulbank drücken. Der Staat führt uns nicht zu mehr Wohlstand, das müssen wir schon selber tun. Und ja, wir werden für ein besseres Leben auch wieder mehr und länger arbeiten müssen. Etwas später in Frühpension zu gehen, ist uns allen zumutbar. Denn irgendwann werden unsere Kinder fragen, was wir mit ihrer Zukunft gemacht haben. Soweit dürfen wir es auf keinen Fall kommen lassen.“

Kolumne von Franz Schellhorn für den “Die Presse” (16.10.2022).

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