Was uns der Brexit wirklich kostet
- 13.12.2018
- Lesezeit ca. 3 min
Durch den Austritt Großbritanniens verliert die EU weit mehr als nur einen Handelspartner.
Die Dimension eines britischen Austritts aus der Europäischen Union dürfte vielen nicht bewusst sein: Die britische Wirtschaftsleistung ist nicht nur die zweitgrößte der EU, sie ist auch größer als jene der 18 kleinsten EU-Mitglieder zusammen. Selbst wenn die Kosten eines geregelten Brexit geringer sind als bei einem harten Bruch und die Briten selbst am stärksten davon betroffen sein werden, gibt es am Ende nur Verlierer.
Für Österreichs Wirtschaft heißt das nicht nur, dass im Handel mit dem neuntgrößten Handelspartner womöglich neue Hürden aufgestellt werden, von Zöllen bis zu abweichenden Produktnormen. Ein “harter” Brexit aber hätte grundlegendere Folgen und würde wohl auch an den globalen Wertschöpfungsketten rütteln, in die der österreichische wie der britische Standort verwoben sind. 250 österreichische Unternehmen haben in Großbritannien rund sieben Milliarden Euro investiert, umgekehrt sind es immerhin fast sechs Milliarden Euro an Investitionen von britischen Unternehmen in Österreich.
Politische und ideologische Verschiebung des Machtgefüges
Doch die wahren Kosten lassen sich noch nicht messen. Der größte Verlust liegt in der politischen und ideologischen Verschiebung des Machtgefüges innerhalb der EU. Der Brexit zerstört das politische Gleichgewicht. Deutschland, Finnland, die Niederlande, Österreich und eben das Vereinigte Königreich vereinen zusammen einen Bevölkerungsanteil von gut 35 Prozent der EU. Dies bedeutet eine Sperrminorität gemäß den Verträgen von Lissabon bei wichtigen Entscheidungen auf EU-Ebene.
Dieser Block wird auf 26 Prozent zusammenschrumpfen. Es könnte einen Ruck zugunsten weniger reformfreudiger Länder auf Ebene der EU geben. Ländern wie Frankreich, Italien, Griechenland und Spanien kommt dann mit über 40 Prozent ein weitaus größerer Stimmenanteil zu. Eine Vergemeinschaftung von Sozialausgaben und Schuldenhaftung, wie beispielsweise im Rahmen der Transferunion oder von Eurobonds, könnte damit wieder auf die politische Tagesordnung kommen.
Wie gefährlich diese Entwicklung auch für Österreich ist, konnte man während der Regierungsverhandlungen in Italien erahnen. Damals gab es die Absicht, die europäischen Partner zu einer Übernahme italienischer Schulden zu zwingen. Es dürfte nicht der letzte Versuch aus Rom gewesen sein, das Wahlvolk zu betören und eigene Reformen auf Kosten anderer Mitgliedsländer zu aufzuschieben.
Am Ende könnten diese politischen Kosten dazu führen, dass der Brexit die EU und ihre Mitgliedstaaten deutlich teurer zu stehen kommt als Großbritannien. Das bedeutet, dass viel mehr auf dem Spiel steht, als “nur” die zweitgrößte Volkswirtschaft zu verlieren.
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