Warum die SPÖ zu Recht die Gewerbeordnung entrümpeln will
Das Bemühen um eine liberalisierte Gewerbeordnung ist sehr zu begrüßen. Deren Eckpunkte sollten eine einzige Gewerbeumlage, viel weniger reglementierte Gewerbe und mehr Konsumentenschutz durch Haftpflicht sein.
Es ist eine goldene Gelegenheit: Die SPÖ will das freie Spiel der Kräfte im Parlament nutzen, um eine deutlich weitergehende Liberalisierung der Gewerbeordnung durchzusetzen – ein Vorhaben, dass sehr zu begrüßen ist. Denn die Wirtschaftskammer konnte bisher ihre Interessen auf Kosten unternehmerisch denkender Menschen durchsetzen. Andere Parteien haben ja schon signalisiert, dass sie die SPÖ beim Plan unterstützen würden, die Gewerbeordnung zu entrümpeln. Noch tagt das Parlament, es ließe sich also machen.
Einheitlicher Gewerbeschein für freie Gewerbe
In mindestens drei Punkten sind Änderungen nötig, um Österreichs Gewerbe zu entfesseln und endlich mehr Dynamik zuzulassen:
- Streng reglementiert werden sollten nur noch jene Gewerbe, deren Ausübung Mensch, Tier oder Umwelt gefährdet. Das sind ein gutes Dutzend, zu denen z.B. die Baumeister, Hersteller von Medizinprodukten oder Sprengungsunternehmer gehören. Alle anderen Gewerbe sind dann frei. Damit würden aktuelle Absurditäten beseitigt wie jene, dass für einen Schneiderbetrieb ein Meister nötig, Fallschirmerzeugung aber ein freies Gewerbe ist. Status quo ist ja, dass die “Reform” die Zahl der streng geregelten Gewerbe von 80 auf 81 erhöht hat.
- Für die 440 freien Gewerbe ist ein einheitlicher Gewerbeschein mit nur einer zu bezahlenden Umlage zu schaffen. Das ist bisher an der Wirtschaftskammer gescheitert, die derzeit bei der Ausübung von zwei freien Gewerben doppelt kassiert. Die Frage, welcher Kollektivvertrag für Arbeitnehmer im jeweiligen Betrieb gelten soll, ist leicht lösbar: Entsprechend den Angaben der Unternehmer, die die konkreten Tätigkeiten in ihrem Betrieb nennen müssen, gibt es im Gewerbeschein Zusatz-Ziffern. Diese verweisen auf die entsprechenden Kollektivverträge. Es gibt also keinen Grund für eventuellen Widerstand von ÖGB und Arbeiterkammer. 2015 besaßen etwa 605.000 Gewerbeberechtigte über 795.000 Gewerbescheine (neuere Zahlen nicht verfügbar):
- Das Ablegen einer Meisterprüfung wird nur noch für die wenigen streng reglementierten Gewerbe verlangt. In allen anderen Gewerben kann sie freiwillig abgelegt werden. Jeder Gewerbetreibende hat obligatorisch eine Betriebshaftpflichtversicherung abzuschließen – was den Konsumentenschutz stärkt. Vor Schaden sind die Konsumenten auch jetzt nicht gefeit. Eine solche Pflicht-Versicherung würde die Kunden finanziell sogar besser absichern als dies derzeit der Fall ist.
In keinem anderen Industrieland wird den gründungswilligen Bürgern der Gang in die Selbständigkeit derart schwer gemacht wie in Österreich. Das sollte dringend geändert werden.
- Autor: Agenda Austria
- Themen: Gewerbeordnung
- Datum: 23. Mai 2017