Wegen Personalmangels geschlossen
- 15.09.2022
- Lesezeit ca. 2 min
Arbeitsmarkt unter Druck
Handlungsempfehlungen
Teilzeit liegt im Trend. Aber die Politik kann gegensteuern.
Österreich ist ein reiches Land. Immer mehr Menschen brauchen offenbar keinen Vollzeitjob, um ihre Bedürfnisse zu finanzieren. Mehr Freizeit ist ihnen wichtiger als mehr Geld. In Österreich lag die Teilzeitquote 2021 bei 29 Prozent, mit durchschnittlich rund 18 gearbeiteten Wochenstunden.[1]
Die Politik kann und soll einen solchen Trend nicht von Amts wegen stoppen. Allerdings muss sie dafür sorgen, dass wirklich nur jene Menschen in Teilzeit arbeiten, die das auch wollen. Wer einen Vollzeitjob möchte, darf nicht von widrigen Rahmenbedingungen ausgebremst werden. Für den Sozialstaat ist es nämlich von zentraler Bedeutung, dass leistungsfähige und -bereite Bürger ihr Potenzial voll ausschöpfen können. Für die Politik ergeben sich daraus vor allem zwei wichtige Aufgaben: Sie muss sicherstellen, dass landesweit hochwertige, ganztägige Kinderbetreuung angeboten wird. Zudem darf das Steuersystem keine Anreize schaffen, weniger zu arbeiten. Im Gegenteil, Mehrarbeit muss belohnt werden.
Kindergarten und Schule: Am besten wie in Dänemark!
Welchen Unterschied es machen kann, wenn ein Land in gute Kinderbetreuung investiert, zeigt das Beispiel Dänemark. Die Teilzeitquote dänischer Frauen liegt aktuell bei 33 Prozent. In Österreich sind rund 50 Prozent. Nur drei Prozent der Däninnen geben laut Eurostat an, dass sie wegen Betreuungspflichten nur Teilzeit arbeiten können. In Österreich liegt dieser Wert bei 40 Prozent. Auch die Kinder profitieren von der intensiven Betreuung, wie internationale Bildungstests zeigen, bei denen skandinavische Länder grundsätzlich besser abschneiden als Österreich. Die Diskussion endet aber nicht beim Kindergarten. Das österreichische Schulsystem fordert eine starke Einbindung der Eltern ein. Während in Finnland etwa die Kinder ohne Hausübungen aus der Schule kommen, müssen sich Eltern hierzulande am Nachmittag oder Abend auch noch darum kümmern, dass die Sprösslinge ihre Aufgaben machen. Das bindet zumindest einen Elternteil, und fast immer sind es die Mütter. Wer also eine höhere Frauenbeteiligung am Arbeitsmarkt will, wird auch über das Schulsystem reden und den Ausbau von Ganztagsschulen forcieren müssen.
Die Geringfügigkeit darf keine Falle sein
Wer Arbeitslosenunterstützung bekommt, darf ganz legal etwas dazuverdienen. Bis zu 485 Euro pro Monat bleiben steuerfrei und mindern auch nicht die staatliche Hilfszahlung. Diese geringfügige Beschäftigung ist als Sprungbrett zurück in den Arbeitsmarkt gedacht. Leider bewirkt sie oft das Gegenteil.
Seit 2008 ist die Zahl der Personen mit einer geringfügigen Beschäftigung in Österreich stark gestiegen. Nach einem kurzen Einbruch während der Pandemie zeigt die Kurve nun wieder steil nach oben.
Der Sozialstaat setzt mit diesem Angebot falsche Anreize. Vor allem im Bereich unterer und mittlerer Einkommen lohnt es sich oft nicht, wieder einen Job anzunehmen. Arbeitslosengeld und geringfügige Beschäftigung bringen mit deutlich weniger Aufwand fast gleich viel Geld. Verliert etwa ein Angestellter mit Durchschnittsgehalt seinen Job, kommt er mit Arbeitslosengeld und sechs Wochenstunden geringfügiger Beschäftigung auf einen Jahresverdienst von 22.600 Euro. In einem normalen Dienstverhältnis müsste er für gleich viel Nettoeinkommen 29 Wochenstunden arbeiten.
Dass dieses Phänomen kein rein theoretisches Problem darstellt, zeigt die Häufigkeitsverteilung der Einkommen. Es fällt auf, dass sich deutlich mehr Personen genau in dieser Einkommenshöhe befinden als darunter oder darüber. Die Geringfügigkeitsgrenze stellt also eine Schwelle dar, die häufig bewusst nicht überschritten wird.
Besonders viele geringfügige Beschäftigungsverhältnisse gibt es in Dienstleistungsbranchen wie dem Handel oder der Gastronomie.
Die geringfügige Beschäftigung soll den Kontakt zur Arbeitswelt aufrechterhalten, aber keine dauerhafte Alternative zu einer normalen Beschäftigung darstellen. Deshalb muss die Zuverdienstgrenze zeitlich begrenzt werden (auf maximal sechs bis zwölf Monate). Darüber hinaus könnte der Zuverdienst auf 200 Euro monatlich reduziert werden.
Zugleich sollte es finanzielle Eingliederungshilfen für Menschen geben, die schon länger als ein Jahr keinen Job haben. Der Vorschlag der Agenda Austria: Langzeitarbeitslose, die einen Job annehmen, erhalten zusätzlich zum Arbeitsentgelt ein halbes Jahr lang 75 Prozent ihrer Arbeitslosenunterstützung. Anschließend läuft diese Förderung stufenweise und nach 18 Monaten vollständig aus. Die Idee dahinter: Der Arbeitnehmer hat nach dieser Zeit wieder ins Berufsleben gefunden, seine Produktivität gesteigert und kann somit auch einen höheren Lohn erreichen. Die maximale Fördersumme sollte monatlich auf 1.000 Euro limitiert werden. Eine mehrmalige Förderung für dieselbe Person oder denselben Arbeitsplatz wäre nicht zulässig.
Mehr interessante Themen
Bildungskarenz: Ich bin dann mal weg!
Die Bildungskarenz war eine gute Idee, erfüllt aber nicht die von der Politik gesetzten Ziele – und wird immer teurer. An einer grundlegenden Reform führt kein Weg vorbei.
Die Schuldenbombe tickt: Wird Österreich das neue Italien?
Mehr als ein Jahrzehnt lang konnten sich Staaten kostenlos verschulden, die Zinsen lagen praktisch bei null. Damit sollten den Staaten Zeit erkauft werden, sich nach der Finanzkrise zu modernisieren. Statt diese Zeit aber für Reformen zu nutzen, wurde das vermeintliche Gratisgeld mit beiden Händen ausgegeben. Österreich muss seinen Ausgabenrausc
Was die Preise in Österreich so aufbläht
Die Inflation in Österreich hält sich hartnäckig. Fast acht Prozent waren es im Jahr 2023. Für das Jahr 2024 werden vier Prozent vorhergesagt. Während viele andere Länder schon aufatmen können, ist die Inflationskrise für uns also noch nicht vorbei. Warum tut sich gerade Österreich so schwer? Wir prüfen drei Thesen.
Balken, Torten, Kurven Zweitausenddreiundzwanzig
Die Zeit der Lockdowns und Ausgangssperren war vorbei, die Wirtschaft zeigte sich nach den verheerenden Corona-Jahren in bester Laune, nur die hohe Teuerung hat uns die gute Stimmung verdorben (vom Finanzminister einmal abgesehen – der freute sich).
E-Government: „Hobn’S kan Ausweis?“
Die öffentliche Verwaltung soll digitalisiert werden. Das verspricht die Politik seit Jahren. Diverse Angebote gibt es bereits, doch der große Durchbruch wollte bisher nicht gelingen. Das liegt nicht nur an der Regierung. Auch die Bürger müssten, im eigenen Interesse, etwas mehr Bereitschaft zur Veränderung aufbringen.
Budget 2024: Das Land des immerwährenden Defizits
Eigentlich müsste Magnus Brunner (ÖVP) der glücklichste Finanzminister der Zweiten Republik sein. War die erste Budgetrede noch von der Corona-Krise und den damit einhergehenden Hilfspaketen geprägt, dominiert mittlerweile die Teuerung. Was für die privaten Haushalte für wenig Begeisterung sorgt, füllt die Staatskassen im Rekordtempo. Ohne Z