Einleitung
- 07.02.2017
- Lesezeit ca. 2 min
Warum Fortbildung mindestens so wichtig ist wie die Erstausbildung
„It’s the teacher, stupid“. Mit diesem abgewandelten Bonmot aus dem Wahlkampf Bill Clintons lässt sich eine der zentralen Erkenntnisse der bildungspolitischen Diskussion auf europäischer, aber auch auf globaler Ebene zusammenfassen.
Spätestens mit den Studienergebnissen des neuseeländischen Bildungsforschers John Hattie setzte sich auf breiter Basis die Einsicht durch, dass die Qualität von Schule und Unterricht und der Lernerfolg der Schüler in erster Linie von der Qualität der Lehrpersonen abhängen[1]. Dabei geht es aber nicht um die Persönlichkeit des Lehrers im Sinne eines naturgegebenen Talents, es geht darum, was er im Unterricht tut, wie er lehrt und wie er mit den Schülern in Austausch tritt. Erfolgreiches Unterrichten ist letztlich keine Frage des Talents, sondern einer umfassenden Ausbildung, eines gelingenden Berufseinstiegs und konsequenter Weiterbildung.
Es gibt fünf Ansatzpunkte, um eine möglichst hohe Qualität der Lehrkräfte an den Schulen zu erreichen:
- Die generelle Attraktivität des Lehrerberufs und damit die Frage, wer sich um eine Ausbildung für diesen Beruf bemüht[2].
- Die Auswahl geeigneter Kandidaten für das Lehramtsstudium und damit die Frage, wer zu einer Ausbildung zugelassen wird.
- Die Grundausbildung der angehenden Lehrer, in denen die erforderlichen fachlichen, erziehungswissenschaftlichen und pädagogischen Kompetenzen vermittelt werden.
- Der Berufseinstieg, der als Abschnitt zwischen Grundausbildung und der vollen beruflichen Tätigkeit gesehen wird.
- Die Phase des berufsbegleitenden, im Idealfall lebenslangen Lernens und der Weiterbildung von Lehrern im aktiven Berufsleben.
Wir beschäftigen uns im Folgenden mit dem 5. Ansatzpunkt: der Fort- und Weiterbildung[3] von Lehrkräften. Dies aus mehreren Gründen:
Durch die mit Herbst 2016 österreichweit eingeführte „PädagogInnenbildung Neu“ ist ein durchaus innovatives Konzept einer weitgehend einheitlichen Lehrerausbildung nun formal in Kraft getreten. Die neue Ausbildungsstruktur bezieht sich auf die unter den Punkten 2 bis 4 genannten Ansatzpunkte. Die Frage einer Neugestaltung der Weiterbildung wurde dabei zwar in den frühen Konzepten angesprochen, fand jedoch bislang keinen Niederschlag bei der Gesetzeswerdung.
Der zweite Grund für eine eingehende Beschäftigung mit dem Thema Lehrerfortbildung liegt darin, dass die bewusste Gestaltung der Weiterbildung eine der bedeutendsten Möglichkeiten einer bildungspolitischen Intervention für die Verbesserung von Schul- und Unterrichtsqualität ist. Denn ihre Wirksamkeit im schulischen Alltag tritt im Regelfall bereits nach kurzer Frist ein, während das Wirksamwerden einer neuen Auswahl und Grundausbildung von Lehrern erst mit einer Verzögerung von 15 bis 20 Jahren im Schulbetrieb sichtbar wird.
Der dritte Grund für eine Auseinandersetzung mit diesem Thema ist in der internationalen bildungspolitischen Diskussion zu finden. Gerade in Ländern mit herausragenden schulischen Ergebnissen in internationalen Rankings[4] sind innovative Konzepte von Lehrerweiterbildung ein entscheidender Bestandteil der bildungspolitischen Gesamtstrategie.
Hinzu kommt, dass alle Länder mit steigenden Ansprüchen im Schulbereich konfrontiert sind. Die zunehmende Heterogenität der Schülerpopulation durch Migration, ein generell beschleunigter gesellschaftlicher Wandel und die Herausforderungen durch technologische Innovationen stellen alle Bildungssysteme vor die Frage, wie sie diesen Veränderungen am effektivsten begegnen können.
Die Fort- und Weiterbildung der Lehrer stellt sich diesbezüglich als noch weitgehend ungenutzte Ressource dar.
Fußnoten
- Vgl. Hattie (2009). ↩
- In Finnland hat der Lehrerberuf einen so hohen Stellenwert, dass sich die besten Sekundarschulabsolventen für die Aufnahmeprüfung zum Lehramtsstudium bewerben. Nur einer von zehn Kandidaten wird akzeptiert. ↩
- „Fortbildung“ bezeichnet eine Vertiefung oder Erweiterung der vorhandenen beruflichen Ausbildung; „Weiterbildung“ hat das Ziel einer Qualifizierung, um sich beruflich weiterzuentwickeln und aufzusteigen, z.B. zum Erwerb zusätzlicher Befähigungen. Wir verwenden aus Gründen der Einfachheit die Begriffe im Folgenden synonym. ↩
- ↩
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