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- 03.03.2017
- Lesezeit ca. 2 min
Auch wenn sich die Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern in Österreich weitgehend erklären lassen, bleiben sie ein Problem.
Die Debatte über Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern wird seit Jahren auch in Österreich immer wieder leidenschaftlich geführt. Der so genannte „Gender Pay Gap“ ist, das zeigt auch die vorliegende Studie der Agenda Austria, kein Mythos. Allerdings beziehen sich viele populäre Argumente auf falsche Zahlen: Gemeinhin wird mit dem rohen statistischen Einkommensunterschied darauf gepocht, dass Frauen einfach deshalb weniger verdienen, weil sie eben Frauen sind. Eine Friseurin bekommt deutlich weniger als ein Friseur, eine Controllerin deutlich weniger als ein Controller – und das alles nur wegen ihres Geschlechts.
Dieser Vorwurf der pauschalen geschlechtsspezifischen Lohndiskriminierung wiegt schwer und ist auch nur bedingt haltbar. Tatsächlich lässt sich ein erheblicher Teil der vorhandenen Einkommensunterschiede anhand verschiedener Charakteristika erklären und nachvollziehbar begründen.
Die Agenda Austria kommt in der vorliegenden Studie zu dem Ergebnis, dass der Gender Pay Gap unter genauer Betrachtung deutlich geringer ausfällt als gemeinhin behauptet wird – er liegt nicht in der Gegend von rund 22 Prozent, sondern zwischen 3,5 und 11,2 Prozent (je nach Einkommensklasse). Vor allem in den unteren Einkommensklassen ist schon aufgrund geltender Kollektivverträge eine Ungleichbehandlung von Männern und Frauen nur schwer umsetzbar. Je höher aber die Einkommensgruppe ist, desto gravierender sind auch die Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern.
Grundsätzlich gilt: Wer mehr verdienen will, braucht eine hohe Qualifikation und möglichst viel Berufserfahrung. Auch die Größe des arbeitgebenden Unternehmens wirkt sich auf die Lohnhöhe aus. Und es kommt darauf an, ob man seine Fähigkeiten im Alltag unter Beweis stellen und anwenden kann. Je besser der Job und seine Anforderungen zum eigenen Qualifikationsprofil passen, desto höher ist auch die Bezahlung. Interessant: Numerische Fähigkeiten zeigen bei Frauen erst in den oberen Einkommensklassen positive Effekte. Dies steht in starkem Gegensatz zu den Löhnen der Männer, wo vor allem numerische Fähigkeiten und IT-Fähigkeiten auf allen Lohnniveaus einen positiven Einfluss auf die Höhe der Bezahlung haben. Im Klartext bedeutet das: Frauen arbeiten selbst bei einer formal vergleichbaren Qualifikation eher in den schlechter bezahlten Bereichen, in denen es auf numerische Fähigkeiten und IT-Fähigkeiten weniger ankommt. Das gilt sowohl für Branchen als auch innerhalb desselben Wirtschaftszweigs oder Unternehmens.
Auch die familiäre Situation der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer spielt eine entscheidende Rolle. Ob Männer Kinder haben oder nicht, spielt für die Höhe ihres Einkommens keine wesentliche Rolle. Frauen mit Kindern verdienen hingegen weniger als ihre kinderlosen Kolleginnen. Dies trifft vor allem Frauen im mittleren Einkommensbereich; für sie bedeutet das Muttersein einen durchschnittlichen Lohnverlust von sechs Prozent. Es gibt also so etwas wie den „Motherhood-Pay-Gap“.
Das bedeutet:
- Frauen arbeiten oft in Berufen, in denen (besser bezahlte) numerische Fähigkeiten eine untergeordnete Rolle spielen.
- Frauen arbeiten oft in kleineren Betrieben – und kleinere Betriebe zahlen schlechter als größere.
- Frauen mit Kindern verlieren mehrere Jahre Berufserfahrung, das wirkt sich in Österreich negativ aus (Entlohnung nach Senioritätsprinzip).
- Frauen mit Kindern verdienen nicht nur schlechter als Männer, sondern auch schlechter als Frauen ohne Kinder.
- Das Muttersein heißt für berufstätige Frauen gegenüber kinderlosen Frauen eine Lohneinbuße von rund 6 Prozent.
- Frauen arbeiten öfter unterhalb ihres Qualifikationsniveaus als Männer.
- Frauen bekommen deutlich seltener Boni als Männer. Und wenn, dann fallen diese niedriger aus.
Das machte den Gender Pay Gap niedriger, aber nicht besser. Wer die Einkommenslücke zwischen Männern und Frauen schließen will, kommt nicht darum herum, Frauen für die besser bezahlten Berufe und Jobs zu begeistern – das sind vor allem technische und kaufmännische Berufe, fachliche Arbeit statt Verwaltung oder Soziales. Und: Damit Frauen sich nicht nur für eine aktive Teilnahme am Arbeitsmarkt interessieren, sondern ihr Interesse auch praktisch umsetzen können, braucht es kürzere Karenzzeiten und vor allem mehr und bessere Kinderbetreuungsangebote. Dies ist nicht allein ein Auftrag an die Politik, sondern auch an die Arbeitgeber in Österreich.
Ohne ein gesellschaftliches Umdenken insgesamt wird es nicht gehen: Solange die Familienarbeit vor allem Frauensache bleibt, werden viele Mütter auch weiterhin das Nachsehen haben, weil ihnen nach der Rückkehr in den Beruf einige Jahre Berufserfahrung fehlen. Damit sich das ändern kann, muss sich auch die Einstellung zur Familienkarenz der Väter verändern. Eltern, Väter wie Mütter, brauchen dafür die Gewissheit, dass sie auch nach einer Karenzzeit nicht von ihren Arbeitgebern aufs Abstellgleis geschoben werden. Wer Frauen stärken will, muss deshalb auch ihren Partnern Mut machen. Erst dann können die bestehenden Unterschiede in der Entlohnung von Frauen und Männern abgebaut werden.
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