Fehler im System: Warum sich Arbeit oft nicht lohnt
- 03.03.2022
- Lesezeit ca. 5 min
Vollzeit oder Teilzeit? Das ist oft auch eine Geldfrage
Die Finanzierung unserer sozialen Sicherungssysteme wie Arbeitslosen- oder Pensionsversicherung hängt in hohem Maße von den einbezahlten Beiträgen der Erwerbstätigen ab. Nutzen wir die Potenziale am Arbeitsmarkt beispielsweise aufgrund von Arbeitslosigkeit oder Teilzeitbeschäftigung nicht optimal aus, ist dies nicht nur schlecht für den Wohlstand der Menschen, sondern auch für das Wachstum der Wirtschaft und daher auch für die Finanzierung des Sozialsystems.
Gerade die Teilzeit wurde in den vergangenen zwanzig Jahren zu einer wachsenden Herausforderung. Sowohl bei Männern als auch bei Frauen erhöhte sich die Teilzeitquote deutlich.[1] Zwar wechselten in der Vergangenheit viele Frauen aus der Inaktivität in eine Teilzeitbeschäftigung. Dennoch bleiben bei rund zehn Prozent der Männer und bei fast jeder zweiten Frau Arbeitspotenziale ungenutzt.[2] Das senkt nicht nur die Einkommen von heute, sondern auch die Pensionsansprüche von morgen.
Eine hohe Abgabenbelastung sowie eine stark steigende Besteuerung der zusätzlichen Arbeitszeit (Grenzbesteuerung) können dazu führen, dass der finanzielle Mehrwert aus einem Wechsel von einer Teilzeitbeschäftigung in eine Vollzeitanstellung nur gering ausfällt. Gerade die wachsende Bedeutung der Work-Life-Balance und der Wunsch nach mehr Freizeit können auch unter Besserverdienern die Motivation drücken, Vollzeit zu arbeiten. Grundsätzlich bietet Österreich mit seiner Individualbesteuerung (jede Person wird für sich allein genommen besteuert) einen Vorteil bezüglich der Arbeitsanreize des Zweitverdieners.[3] Dennoch zeigt sich, dass auch Österreich aufgrund der insgesamt hohen Abgabenbelastung auf Arbeit im internationalen Vergleich vor allem im Bereich zwischen Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigung eine hohe Grenzbelastung aufweist. Das bedeutet, dass von einer zusätzlich gearbeiteten Stunde vergleichsweise wenig auf dem Konto des Arbeitnehmers landet. Von einer Extrastunde Arbeit, die ein Teilzeitbeschäftigter mit 30 Wochenstunden leistet, arbeitet dieser aufgrund von Steuern und Abgaben mehr als 33 Minuten oder 55,7 Prozent für den Staat. In Ländern wie Dänemark oder Schweden ist eine Vollzeitbeschäftigung in Relation zur Teilzeit deutlich attraktiver. Dort bleibt der Großteil der Mehrarbeit bei den Arbeitnehmern.
Fußnoten
Mehr interessante Themen
Sozialer Wohnbau: Das Vermögen der (gar nicht so) kleinen Leute
Auch wenn es niemand glauben mag: Wohnen in Österreich ist vergleichsweise günstig. Die Wohnkostenbelastung der Haushalte beträgt im Schnitt rund 19 Prozent des verfügbaren Einkommens. Damit liegen wir im EU-Vergleich im Mittelfeld. Mieterhaushalte zahlen natürlich mehr als Eigentümer, aber mehr als drei Viertel von ihnen profitieren hierzula
Bildungskarenz: Ich bin dann mal weg!
Die Bildungskarenz war eine gute Idee, erfüllt aber nicht die von der Politik gesetzten Ziele – und wird immer teurer. An einer grundlegenden Reform führt kein Weg vorbei.
Die Schuldenbombe tickt: Wird Österreich das neue Italien?
Mehr als ein Jahrzehnt lang konnten sich Staaten kostenlos verschulden, die Zinsen lagen praktisch bei null. Damit sollten den Staaten Zeit erkauft werden, sich nach der Finanzkrise zu modernisieren. Statt diese Zeit aber für Reformen zu nutzen, wurde das vermeintliche Gratisgeld mit beiden Händen ausgegeben. Österreich muss seinen Ausgabenrausc
Was die Preise in Österreich so aufbläht
Die Inflation in Österreich hält sich hartnäckig. Fast acht Prozent waren es im Jahr 2023. Für das Jahr 2024 werden vier Prozent vorhergesagt. Während viele andere Länder schon aufatmen können, ist die Inflationskrise für uns also noch nicht vorbei. Warum tut sich gerade Österreich so schwer? Wir prüfen drei Thesen.
Balken, Torten, Kurven Zweitausenddreiundzwanzig
Die Zeit der Lockdowns und Ausgangssperren war vorbei, die Wirtschaft zeigte sich nach den verheerenden Corona-Jahren in bester Laune, nur die hohe Teuerung hat uns die gute Stimmung verdorben (vom Finanzminister einmal abgesehen – der freute sich).
E-Government: „Hobn’S kan Ausweis?“
Die öffentliche Verwaltung soll digitalisiert werden. Das verspricht die Politik seit Jahren. Diverse Angebote gibt es bereits, doch der große Durchbruch wollte bisher nicht gelingen. Das liegt nicht nur an der Regierung. Auch die Bürger müssten, im eigenen Interesse, etwas mehr Bereitschaft zur Veränderung aufbringen.