Ein Klimabonus für die Österreicher
- 03.07.2021
- Lesezeit ca. 2 min
Klimapolitik in der Schweiz
Die Schweiz hat im Jahr 1999 ein CO2-Gesetz für die Umsetzung der Klimaziele beschlossen.[1] Die Bepreisung von CO2 bildet dabei den Grundpfeiler der Klimapolitik. Zum einen gibt es seit 2008 eine Lenkungsabgabe in der Höhe von rund 87 Euro pro Tonne CO2. Diese Abgabe muss sowohl von Unternehmen als auch von Haushalten bezahlt werden, je nachdem, wo das CO2 anfällt.[2] Zusätzlich wurde im Jahr 2013 ein Emissionshandelssystem eingeführt, das 13 Prozent der gesamten Schweizer Emissionen umfasst.[3] Im Jahr 2020 wurde das Handelssystem mit jenem der EU verknüpft. Das bedeutet, dass in der Schweiz und der EU die jeweiligen Emissionszertifikate wechselseitig anerkannt werden. Die Erweiterung des Emissionshandels bedeutet insbesondere für Schweizer Unternehmen mehr Flexibilität und Zugang zu einem liquiden und größeren Zertifikatemarkt.[4]
Die Einnahmen aus der CO2-Abgabe werden überwiegend rückverteilt. So gehen zwei Drittel an die Bevölkerung und die Wirtschaft zurück. Alle in der Schweiz wohnhaften Personen bekommen, ungeachtet ihres Verbrauchs, einen Pauschalbetrag über die Krankenversicherung rückerstattet. Jene Einnahmen, die von der Wirtschaft entrichtet wurden, kommen allen Arbeitgebern proportional zu den gezahlten Pensionsbeiträgen (Beiträge zur Alters- und Hinterlassenenversicherung) zugute. Das restliche Drittel der Einnahmen aus der CO2-Abgabe (max. 410 Millionen Euro) wird in ein Programm zur energetischen Sanierung von Gebäuden und erneuerbaren Heizenergien investiert. Weitere 23 Millionen Euro werden einem Technologiefonds zugeführt. Dieser Technologiefonds unterstützt innovative, grüne Unternehmen.[5]
Alternative Verwendung der Gelder
Die optimale Mittelverwendung im Zuge der Einführung eines CO2-Preises hängt von den Zielsetzungen ab.[6] Die konkrete Alternative zur Rückerstattung durch Pauschalbeiträge wäre eine Senkung der Einkommensteuer im Zuge einer Steuerreform. Das hätte den Vorteil, dass verzerrende Steuern und Abgaben reduziert werden könnten. Eine hohe Besteuerung von Arbeit setzt geringe Anreize, erwerbstätig zu werden. Auf der einen Seite muss der Arbeitgeber hohe Arbeitskosten zahlen, auf der anderen Seite erhält der Arbeitnehmer nur einen vergleichsweise geringen Teil dieses Geldes auf sein Konto. Eine Steuersenkung würde sich somit positiv auf den Arbeitsmarkt auswirken. Zusätzliche Beschäftigung würde das Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit im Land stärken. So ließen sich nicht nur Emissionen einsparen, sondern auch die Wirtschaft ankurbeln. Fraglich ist allerdings, ob eine solche Reform hierzulande ihre Wirkung entfalten kann. Eine Verknüpfung mit anderen Steuern macht das System komplex und unübersichtlich. Damit sinkt die Transparenz und es steigt die Gefahr, dass das Geld versickert.
Eine einmalige Steuersenkung, finanziert über die Einnahmen aus einem CO2-Preis, würde ohne weitere Anpassungen zu einer steigenden Abgabenbelastung führen. Um dem entgegenzuwirken, müsste zudem die kalte Progression abgeschafft werden, um wirklich zu einer nachhaltigen Steuerreform zu gelangen. Ein Unterfangen, welches zwar oft verkündet und versprochen, aber noch nie in Österreich umgesetzt wurde. Umfragen zeigen zudem, dass die Entlastung über reduzierte Steuern das geringste Verständnis in der Bevölkerung hervorruft.[7]
Statt einer Rückvergütung könnten die Gelder auch investiert werden, um den Klimawandel zu bekämpfen. Zusätzliche Forschungsgelder fördern eine schnellere Entwicklung von Technologien und damit eine schnellere Adaption alternativer Antriebssysteme oder einen effizienteren Verbrauch. Auch Investitionen in die Infrastruktur könnten damit finanziert werden und den Umstieg der Bürger und Unternehmen auf klimafreundlichere Technologien unterstützen. Dadurch würde aber insgesamt die Belastung der Bürger steigen und negative Auswirkungen auf Arbeitsmarkt und Wirtschaft wären zu befürchten.
Eine direkte Rückerstattung der Einnahmen an Bevölkerung und Wirtschaft würde hingegen die Akzeptanz des Kampfes gegen den Klimawandel stärken. Durch diese Verteilung der Pauschalbeträge könnten sowohl Vorteile für die Bevölkerung als auch eine geringere Belastung der Wirtschaft erreicht werden – bei gleichzeitiger Lenkungswirkung im Sinne des Klimaschutzes. Der Klimabonus ist eine Win-win-win-Lösung für Klima, Wirtschaft und Bevölkerung.
Fußnoten
Mehr interessante Themen
Sozialer Wohnbau: Das Vermögen der (gar nicht so) kleinen Leute
Auch wenn es niemand glauben mag: Wohnen in Österreich ist vergleichsweise günstig. Die Wohnkostenbelastung der Haushalte beträgt im Schnitt rund 19 Prozent des verfügbaren Einkommens. Damit liegen wir im EU-Vergleich im Mittelfeld. Mieterhaushalte zahlen natürlich mehr als Eigentümer, aber mehr als drei Viertel von ihnen profitieren hierzula
Bildungskarenz: Ich bin dann mal weg!
Die Bildungskarenz war eine gute Idee, erfüllt aber nicht die von der Politik gesetzten Ziele – und wird immer teurer. An einer grundlegenden Reform führt kein Weg vorbei.
Die Schuldenbombe tickt: Wird Österreich das neue Italien?
Mehr als ein Jahrzehnt lang konnten sich Staaten kostenlos verschulden, die Zinsen lagen praktisch bei null. Damit sollten den Staaten Zeit erkauft werden, sich nach der Finanzkrise zu modernisieren. Statt diese Zeit aber für Reformen zu nutzen, wurde das vermeintliche Gratisgeld mit beiden Händen ausgegeben. Österreich muss seinen Ausgabenrausc
Was die Preise in Österreich so aufbläht
Die Inflation in Österreich hält sich hartnäckig. Fast acht Prozent waren es im Jahr 2023. Für das Jahr 2024 werden vier Prozent vorhergesagt. Während viele andere Länder schon aufatmen können, ist die Inflationskrise für uns also noch nicht vorbei. Warum tut sich gerade Österreich so schwer? Wir prüfen drei Thesen.
Balken, Torten, Kurven Zweitausenddreiundzwanzig
Die Zeit der Lockdowns und Ausgangssperren war vorbei, die Wirtschaft zeigte sich nach den verheerenden Corona-Jahren in bester Laune, nur die hohe Teuerung hat uns die gute Stimmung verdorben (vom Finanzminister einmal abgesehen – der freute sich).
E-Government: „Hobn’S kan Ausweis?“
Die öffentliche Verwaltung soll digitalisiert werden. Das verspricht die Politik seit Jahren. Diverse Angebote gibt es bereits, doch der große Durchbruch wollte bisher nicht gelingen. Das liegt nicht nur an der Regierung. Auch die Bürger müssten, im eigenen Interesse, etwas mehr Bereitschaft zur Veränderung aufbringen.