Die Schuldenbombe tickt: Wird Österreich das neue Italien?
- 28.02.2024
- Lesezeit ca. 2 min
Wie teuer kann es werden?
Nun laufen die Schulden glücklicherweise nicht alle in diesem Jahr aus. Österreich hat einzelne Anleihen sogar mit einer Laufzeit von bis zu 100 Jahren ausgegeben. Somit wirkt die Zinswende nicht auf einen Schlag. Für eine präzise Schätzung der Mehrbelastung ist die Struktur der Schulden entscheidend. Laut Daten der EZB müssen sowohl Österreich als auch Italien in den kommenden fünf Jahren etwa die Hälfte ihrer Verbindlichkeiten refinanzieren.
Müssten unter der Annahme einer konstanten Schuldenquote (wie es auch das Finanzministerium prognostiziert)[1] bis zum Jahr 2027 die auslaufenden Kredite mit den aktuellen Zinssätzen refinanziert werden und bliebe auch die Struktur der Laufzeiten gleich, würde die Zinsbelastung des Staates bis 2027 auf rund vier bis fünf Prozent der Staatseinnahmen steigen – oder auf knapp neun bis elf Milliarden Euro pro Jahr. In diesem Fall müssten in etwa die gesamten Einnahmen aus der Körperschaftsteuer für den Schuldendienst verwendet werden.
Und Italien?
Nun ist Österreich noch eines der Länder mit vergleichsweise hoher Bonität unter Kreditgebern. Italien dagegen entging erst vor kurzem knapp einer Bewertung auf Ramschniveau. Die Folgen für so eine Volkswirtschaft wären deshalb viel schwerer: Hier würden die Zinszahlungen im Zuge der strengeren Geldpolitik der EZB bis Ende des Jahrzehnts (2028) auf 10 bis 11,5 Prozent der Staatseinnahmen ansteigen.[2] Damit wäre die Belastung vergleichbar wie zu Zeiten der Finanzkrise. Damit flösse jeder zehnte Euro aus dem Staatsbudget unproduktiv in den Schuldendienst.
Unser Nachbar im Süden stellt aufgrund seines hohen Schuldenstandes schon seit einigen Jahren ein Risiko für die finanzielle Stabilität des gesamten Euroraums dar. In anderen Worten: Anders als im Falle Griechenlands könnte eine massive Staatsschuldenkrise oder gar eine Insolvenz Italiens den Euroraum bzw. die gemeinsame Währung zu Fall bringen. Wenn die Zinssätze länger hoch bleiben, wird das Risiko eines Zahlungsausfalls für Italien massiv zunehmen.
Die Bombe tickt auch in Österreich
Nun kann man in Österreich natürlich davor warnen, dass die Zinsausgaben steigen. Und gleichzeitig fröhlich neue Schulden machen und in den Medien verkünden, Österreich sei schließlich gut aufgestellt im internationalen Vergleich. Und ja, Österreich steht noch besser da als Italien (oder Griechenland) – aber sind das tatsächlich die Länder, mit denen wir uns messen wollen? Denn auch bei uns muss die Politik endlich aktiv werden und den Reformstau auflösen. Andernfalls werden aufgrund der demografischen Entwicklung, aber auch wegen notwendiger Ausgaben für Klimaschutz und Energiewende die Kosten für den österreichischen Staatshaushalt mittelfristig enorm wachsen.
Das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) prognostizierte in einer Analyse für das Finanzministerium, dass die Schuldenquote bis 2060 aufgrund der genannten Kostentreiber auf über 120 Prozent des BIP steigen wird, falls die Politik nicht gegensteuert. Das würde die Refinanzierungskosten für Österreich erheblich erhöhen. Bereits im Basisszenario unter der Annahme eines normalen Zinsumfeldes würde der Schuldendienst in Relation zur Wirtschaftsleistung alles übertreffen, was wir in den vergangenen gut 30 Jahren in Österreich gesehen haben. In einem negativen Szenario mit höheren Zinsen müsste die öffentliche Hand jährlich jeden siebten eingenommenen Euro für den Schuldendienst ausgeben.[4] Damit steuert Österreich langfristig auf italienische Verhältnisse zu. Oder anders gesagt: Ohne strukturelle Reformen wird Österreich das neue Italien.
Fußnoten
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