
Der Arbeitsmarkt fährt Achterbahn
Mobilität im Inland erhöhen
Rund 15 Prozent der Arbeitslosen könnten offene Stellen in Mangelberufen angeboten werden, wenn die Betroffenen bereit wären, in ein anderes Bundesland zu pendeln oder zu übersiedeln (Stand Juli 2022). Durch höhere Mobilität ließe sich also die Zahl der Arbeitslosen beziehungsweise die der offenen Stellen um rund 43.000 reduzieren.
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Abbildung 12: Seit Corona ist der regionale Mismatch besonders deutlich
Unter den Bundesländern würde vor allem Oberösterreich von einer erhöhten Mobilität profitieren. Je nach Branche (siehe auch Abbildungen 8 und 9) hätten aber alle Bundesländer etwas davon. Die Zahl der offenen Stellen würde sinken. Auch Wien würde durch einen Rückgang der Arbeitslosigkeit enorm entlastet.
Um die Mobilität der Menschen zu erhöhen, gibt es zwei Möglichkeiten: mehr Druck auf Arbeitslose und mehr finanzielle Unterstützung beim Wechsel des Wohnortes. Stellschrauben für die Politik sind etwa die Zumutbarkeitsbeschränkungen. Gegenwärtig gilt ein Job nur dann als zumutbar, wenn die Entlohnung zumindest 80 Prozent (für die ersten 120 Tage des Arbeitslosengeldbezugs) bzw. 75 Prozent (bei Arbeitslosigkeit darüber hinaus) des vorherigen Jobs beträgt.
Gerade weil die Chancen auf eine Beschäftigung mit der Dauer der Arbeitslosigkeit sinkt, sollte diese Grenze wie in Deutschland stufenweise weiter abgesenkt werden. Nach einer Arbeitslosigkeit von 240 Tagen sollte die Zumutbarkeitsschwelle auf die Höhe des Arbeitslosengeldes gesenkt werden. Darüber hinaus sollten die zumutbaren Wegzeiten (Hin- und Rückfahrt) von derzeit zwei Stunden pro Tag auf drei Stunden ausgeweitet werden. Nicht zuletzt sollte für Langzeitarbeitslose ein Job grundsätzlich auch dann zumutbar sein, wenn hierfür ein Umzug notwendig ist. Natürlich wird es hier aber Ausnahmen geben müssen – etwa für Menschen mit Familie.
Außerdem kann diese Maßnahme durch positive Anreize, wie beispielsweise einen Mobilitätsbonus, ergänzt werden. Für Arbeitslose, die einen Umzug in die Mangelregion auf sich nehmen und einen Job in einem Mangelberuf annehmen, wäre eine Steuergutschrift analog zum Familienbonus (aliquot für jeden gearbeiteten Monat über der Geringfügigkeit) denkbar, die über drei Jahre gilt und sukzessive abschmilzt. Die Gutschrift dürfte innerhalb von fünf Jahren aber nur einmal zu beantragen sein.
Auch Unternehmen können einiges tun, um als Arbeitgeber attraktiv zu sein – etwa mit flexiblen Arbeitszeitmodellen, der Möglichkeit zum Homeoffice, Mitarbeiterbeteiligung etc. Dazu gehört natürlich auch, Hilfe bei der Übersiedelung und insbesondere bei der Wohnungssuche anzubieten, um die überregionale Mobilität zu erhöhen.
- Autor: Hanno Lorenz, Dénes Kucsera
- Themen: Arbeitsmarkt, Bundesländer, Der Arbeitsmarkt fährt Achterbahn, Mangelberufe, regionale Unterschiede
- Datum: 30. November 2022